Deutscher Evangelischer Frauenbund

Deutscher Evangelischer Frauenbund

Der Deutsche Evangelische Frauenbund (DEF), bis 1969: Deutsch-Evangelischer Frauenbund (DEFB), ist eine protestantische Frauenorganisation. Er wurde am 7. Juni 1899 in Kassel gegründet und war innerhalb der konfessionellen Frauenbewegung die einzige Gruppierung mit eigenständiger Organisationsstruktur und als erster bereits am 18. September 1901 im Vereinsregister eingetragen. Seinen Sitz hat er seither in Hannover. Dem Bundesverband gehören neun Landesverbände mit ca. 100 Ortsverbänden und Anschlussvereinen und ca. 10.000 Mitglieder an.

Der DEF gilt als die einzige protestantische Frauenorganisation, die sich bewusst auch als Teil der bürgerlichen Frauenbewegung verstand und gesellschaftspolitisch Einfluss genommen und zu einer Modernisierung des Frauenbildes in der evangelischen Kirche beigetragen hat.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Anfänge des Frauenbundes

Die Gründung des Deutschen Evangelischen Frauenbundes fällt in die Zeit der Industrialisierung mit ihren wirtschaftlichen und sozialen Umwälzungen. Während es der proletarischen Bewegung darum ging, für Männer entsprechend hohe Löhne zu erstreiten, die es ihnen als Haushaltsvorstände ermöglichte, Frau und Kinder zu ernähren - die Frau sollte nicht mehr arbeiten müssen, sondern sich nach bürgerlichem Vorbild ganz und gar Haushalt und Kindern widmen können - setzten sich die größtenteils aus bürgerlichem Milieu stammenden Mitglieder des Deutschen Evangelischen Frauenbundes für den gleichberechtigten Zugang zu Bildung und Beruf für Mädchen und Frauen ein. In der damaligen Zeit zielte die Ausbildung von Mädchen in erster Linie auf die Vorbereitung für ein Dasein als Ehefrau und Mutter ab. Die Wege zu einem selbstbestimmten Leben und die Teilhabe am öffentlichen Leben blieben Frauen verschlossen. Der Deutsche Evangelische Frauenbund dagegen engagierte sich bereits 1903 für das Wahlrecht der Frauen in der kirchlichen und kommunalen Gemeinde.

1908 trat er dem Bund Deutscher Frauenverein (BDF) bei. Während sich einige im BDF vertretene Vereine für das allgemeine Wahlrecht für Frauen einsetzten, beschritt der Deutsche Evangelische Frauenbund einen anderen Weg, vor allem Frauen aus der konservativen Richtung nehmen dazu eine ablehnende Haltung ein. Nachdem die Sozialdemokraten aus den vergangenen Reichswahlen zunehmend gestärkt hervorgegangen waren, fürchten sie, dass im Falle des Frauenwahlrechts die linken Parteien durch die Stimmen der Arbeiterinnen noch mehr gewinnen könnten. Andere Mitglieder des Frauenbundes forderten allerdings auch das allgemeine politische Stimmrecht für Frauen. Das galt vor allem für Lehrerinnen und Beschäftigte in der Armen- und Waisenpflege, die sich für einen direkten Einfluss von Frauen im parlamentarischen Entscheidungsprozess einsetzten. Da man keine Einigung erzielen konnte, übernahm der Deutsche Evangelische Frauenbund insgesamt eine neutrale Position, sprach sich im BDF gegen eine aktive Werbung für das Frauenwahlrecht aus. Die Arbeitskraft des Bundes würde nach innen und außen gelähmt, schreibt Paula Müller (1. Vorsitzende von 1901-1934) an die Schriftführerin des BDF, Alice Bensheimer, zum am 14. März 1918 beschlossenen Austritt des Frauenbundes aus dem BDF.

Weimarer Republik und Nationalsozialismus

Nachdem in der Weimarer Republik das Frauenwahlrecht eingeführt worden war, gingen führende Mitglieder Frauenbundes, die sich bereits auch schon vor der Weimarer Republik politisch engagiert hatten, ganz in die Politik. In der Weimarer Republik war Paula Müller-Otfried zwölf Jahre lang Mitglied des Reichstags.

Der Deutsche Evangelische Frauenbund befasst sich nicht auf politischer Ebene mit sozialen Sachfragen, sondern versucht in engagierten Sozialprojekten eine Verbesserung für Frauen in besonderen Notlagen zu erreichen. Frauen im DEF haben sich zahlreicher sozialer Brennpunkte angenommen, die häufig von der gesellschaftlichen Mehrheit ausgeblendet worden. Beispielsweise richteten engagierte Frauen an vielen Orten in Deutschland sogenannte "Rettungshäuser" ein. Unverheiratet und schwanger - das wurde noch bis Anfang der 1970er Jahre als Schande angesehen. Ledige Mädchen und Frauen "in anderen Umständen" wurden gesellschaftlich geächtet und wussten oft nicht, wohin sie Zuflucht nehmen konnten. In den Rettungshäusern konnten sie unter medizinischer Betreuung ihre Kinder bekommen und die Zeit danach planen. Die Stadt Hannover beispielsweise stellte dem Ortsverband Hannover ein Grundstück und etwas Geld für das Mütter- und Säuglingsheim zur Verfügung, das dann dank weiterer Spenden gebaut werden konnte.

Der Bundesverband gründete 1905 das Christlich-soziale Frauenseminar (CSF) in Hannover die erste Ausbildungsstätte für Fürsorgerinnen (Sozialarbeiterinnen) in Deutschland. 1924 kam der Ausbildungszweig für kirchliche Wohlfahrtspflegerinnen (Gemeindehelferinnen) hinzu. In den 1970er Jahren wurde das CSF mit anderen Werken der Evangelischen Fachhochschule eingegliedert.

Nach der Regierungsübernahme der Nationalsozialisten schloss sich der Bund der kirchlichen Frauenarbeit um, um einer Eingliederung in die NS-Frauenschaft bzw. der Auflösung zu entgehen. Nach 1938 durften die "Ortsgruppen" des Frauenbundes nicht mehr diesen Namen führen und im Zuge der Entkonfessionalisierung musste der DEFB nach 1939 ein praktisches Arbeitsgebiet nach dem anderen aufgeben.

Nach 1945

1945 konstituierte sich der Deutsche Evangelische Frauenbund wieder als eigenständiger Verein und nahm Schwerpunkte Bildungsarbeit und soziale Aufgaben wieder auf. 1949 benannten sich die Ortsgruppen im Gebiet der DDR wegen der dortigen repressiven Verhältnisse in Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Frauen der DDR um. 1953 wurde das Mädchenwohnheim Haus Eilenriede in Hannover eingeweiht. Es diente als Wohnheim für minderjährige Mädchen, die zur Absolvierung einer Ausbildung in die Stadt Hannover gekommen waren.

Mit der Namensänderung 1969 kamen neue Gremienfunktionen, Arbeitsfelder und Themenschwerpunkte hinzu, darunter die Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Hausfrauen (AEH), Medienbeobachtung und Mitgliedschaft in Rundfunkräten, die Arbeitsgemeinschaft christlicher Frauen des DEF und des KDFB (katholischer Frauenbund) zur Förderung des ökumenischen Prozesses, die Arbeitsschwerpunkte Umwelt- und Verbraucherpolitik sowie der Themenschwerpunkt Demographischer Wandel. Hinzu kommen die jeweiligen Arbeitsschwerpunkte der Landes- und Ortsverbände, die den regionalen Erfordernissen Rechnung tragen.

Literatur

  • Wir hörten den Ruf. Fünfzig-Jahr-Feier des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes 1949. 1949

Weblinks


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