Doppelkarrierepaar

Doppelkarrierepaar

Als Doppelkarrierepaar, häufiger englischsprachig dual-career couple genannt, wird in der Soziologie, in der Familienpolitik und im Personalwesen ein Paar mit oder ohne Kinder bezeichnet, bei dem eine Aufstiegs- oder Karriereorientierung beider Partner besteht. Bei einem kinderlosen Paar spricht man auch von Double income no kids.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Vor allem Universitäten müssen sich aktiv mit dieser Thematik auseinandersetzen, vor allem bei Berufungen von Wissenschaftlern aus dem Ausland. Neben allgemeiner Work-Life-Balance Unterstützung und finanzieller Förderung geht es dabei um Strategien zur aktiven Rekrutierung von Paaren, um Möglichkeiten zur Aufteilung von Stellen und um Arbeitsvermittlung für Partner. In angelsächsischen Ländern gelten Angebote der Universitäten für wissenschaftlich tätige Partner als ein wichtiger Gesichtspunkt der Sicherung von Exzellenz.[1] In Europa haben zunächst einzelne Universitäten (wie beispielsweise die ETH Zürich) begonnen, Hilfen bei der Arbeitssuche des Partners anzubieten.[2]

Häufig leben Personen mit Hochschulabschluss mit einem ebenso gut ausgebildeten Partner zusammen.[3] Studien zufolge bilden Doppelkarrierepaare die Mehrheit des hoch qualifizierten Managernachwuchses.[3] Für Doppelkarrierepaare sind die Rahmenbedingungen für die Organisation des räumlichen Zusammenlebens und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie von entscheidender Bedeutung.[3] Bei gut verdienenden Paaren bestehen vergleichsweise geringe Probleme bei der Finanzierung der Kinderbetreuung; hier treten vielmehr Aspekte der Vermittlung, Verfügbarkeit, Qualität, Zuverlässigkeit und Flexibilität der Betreuung in den Vordergrund. Haben beide Eltern verantwortungsvolle berufliche Positionen, ist es entscheidend, dass die Zeitpläne der Eltern und der betreuenden Personen untereinander stets so abgestimmt werden können, dass die Betreuung der Kinder auch bei Dienstreisen oder unerwarteten Ereignissen sichergestellt ist. Teils findet nach der Familiengründung eine Retraditionalisierung hin zum Einverdiener- oder Zuverdienermodell statt, teils entscheiden sich die Partner für ein Doppelversorgermodell, bei dem beide Partner ihre Berufstätigkeit ausüben und ebenfalls in Haushalt und Familie engagiert sind, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Hilfen im Haushalt und externer Kindertagesbetreuung.

Soziologische Befunde

Laut familiensoziologischer Forschung weisen Doppelkarrierepaare eine mehr oder minder starke Entgrenzung von Berufs- und Familienleben auf.[4] Die Koordination der beiden Karrieren und die nötigen Anpassungsleistungen werde vorwiegend von Frauen geleistet.[5] Bei im Management Beschäftigten, die in dem selben Betrieb tätig sind, komme es oftmals zu einer Konkurrenzsituation unter den Partnern, und zwar weit häufiger als bei anderen Paaren, insbesondere häufiger als bei Freiberuflern.[6]

In einer Mai 2008 veröffentlichten Studie der EAF im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung und des BMFSFJ unter Paaren in Deutschland mit Kindern, in denen beide Partner eine Fach- oder Führungsfunktion ausübten oder anstrebten, sagte die überwiegende Mehrheit der Befragten aus, dass Unternehmen sie durch Flexibilität von Arbeitszeit und Arbeitsort unterstützen sollten und explizite Unterstützungsangebote für Väter vorhalten sollten. Während drei Viertel der Befragten angaben, eine gleiche Rollenverteilung unter den Partnern zu wünschen, teilte ein Fünftel der untersuchten Paare die Organisation der Haus- und Familienarbeit gleichwertig untereinander; diese Gruppe schätzte sich im Durchschnitt zufriedener ein. Eine temporäre Berufstätigkeit im Ausland wurde mehrfach als Motivation oder Vorbild zur Gestaltung des eigenen Modells angegeben. [7]

Ergebnissen einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zufolge befürworten Deutsche mehrheitlich das Zweiverdienermodell und wünschen sich viele Eltern, die Erwerbs- und Familienarbeit partnerschaftlicher aufzuteilen. Gemäß den im Kontext dieser Ergebnisse unterbreiteten Vorschlägen sei es ein modernes Arbeitszeitkonzept erforderlich, in dem das männlich geprägte Modell der Normalarbeitszeit durch „ein Menü unterschiedlich langer Vollzeitstandards“ für bestimmte Lebensphasen ersetzt würde. Dabei würde beispielsweise das Arbeitszeitvolumen einer „Vollzeitstelle“ je nach Lebensalter oder abhängig davon, ob Menschen Kinder betreuen oder nicht, unterschiedlich definiert. Zudem sei anzudenken, eine partnerschaftlich egalitäre Arbeitszeitverteilung mit finanziellen Anreizen zu unterstützen. [8][9]

Wissenschaftliche Studien und Projekte

  • Doppelkarrierepaare. Normalisierungsleistungen und Geschlechterkonstruktionen unter den Bedingungen einer wechselseitigen Entgrenzung von Beruf und Familie (2002/03). Gefördert von der DFG; Leitung: Ronald Hitzler.[4]
  • Aktionsprogramm Doppelkarrierepaare des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft
  • Studie „Family & Work“ vom Institut für Personalwesen und Internationales Management (I.P.A.) der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg in Zusammenarbeit mit einem EU-Netzwerk europäischer Partner durchgeführt.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Michael Meuser: Doppelkarrierepaare. In: „important Questions“ (iQ). 2006, abgerufen am 23. Januar 2010.
  2. Nikola Haaks: Familie im Gepäck. In: Die Zeit. November 2003, abgerufen am 23. Januar 2010.
  3. a b c Michel E. Domsch und Désirée H. Ladwig: Doppelkarrierepaare — Eine Herausforderung für die betriebliche Familienpolitik , in: Alexander Dilger u. a. (Hgg.): Betriebliche Familienpolitik Potenziale und Instrumente aus multidisziplinärer Sicht, VS Verlag für Sozialwissenschaften, ISBN 978-3-531-15396-4 und ISBN 978-3-531-90644-7, 2007, S. 75–85. Darin: 1. Einleitung (S. 75). Abgerufen am 23. Januar 2010.
  4. a b Doppelkarrierepaare. Normalisierungsleistungen und Geschlechterkonstruktionen unter den Bedingungen einer wechselseitigen Entgrenzung von Beruf und Familie. Abgerufen am 23. Januar 2010.
  5. L. A. Gilbert: Men in Dual-Career Families: Current Realities and Future Prospects, Lawrence Erlbaum Associates, 1985. L. A. Gilbert: Two Careers -One Family. The Promise of Gender Equality, Sage Publikations, 1993. L. R. Silberstein: Dual-Career Marriage: A System in Transition, L. Erlbaum Associates, 1992. Diese drei zitiert nach: Susanne Dettmer: Berufliche und private Lebensgestaltung in Paarbeziehungen. Zum Spannungsfeld von individuellen und gemeinsamen Zielen (Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktorin der Philosophie (Dr. phil.). Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie / Freie Universität Berlin, 27. Januar 2006, abgerufen am 23. Januar 2010. S. 78
  6. C. Behnke, M. Meuser: „Wenn zwei das Gleiche wollen“. Konkurrenz und Kooperation bei Doppelkarrierepaaren. In: Vortrag AIM-Gender, 4. Tagung. Stuttgart Hohenheim. 2.-4. Februar 2006, abgerufen am 23. Januar 2010.
  7. Kathrin Walther/Helga Lukoschat: Kinder und Karrieren: Die neuen Paare. Eine Studie der EAF im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Kurzzusammenfassung der Studie. Mai 2008, abgerufen am 31. Mai 2008 (PDF). S. 4 f. Siehe auch Eine Studie der EAF über Doppelkarrierepaare mit Kindern.
  8. Eltern wünschen sich kürzere Arbeitszeiten – WSI-Studie untersucht tatsächliche und gewünschte Arbeitszeiten von Müttern und Vätern. In: FrauenmachenKarriere.de. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 7. Juli 2008, abgerufen am 30. Juli 2008.
  9. Wunsch vieler Eltern: Arbeitszeiten gleichmäßiger aufteilen. In: Böckler Impuls 04/2008. Hans Böckler Stiftung, abgerufen am 30. Juli 2008.

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