Einverdienermodell

Einverdienermodell

Das Ernährermodell ist ein Modell der familialen Arbeitsteilung, bei der der Lebensunterhalt für eine Kernfamilie ganz oder vorwiegend durch die Erwerbstätigkeit einer Person gesichert wird und im Gegenzug der Ehe- oder Lebenspartner die Haus- und Familienarbeit übernimmt. Es wird auch als Alleinverdienermodell, als Einverdienermodell oder im Fall einer Ehe als Einverdienerehe oder Versorgerehe bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Näheres

Der Begriff des Ernährermodells wurde durch Jane Lewis und Ilona Ostner als Element einer charakterisierenden Beschreibung von Konstellationen von Erwerbs- und Familienarbeit im Wohlfahrtsstaat verwendet. Ihrer Unterscheidung zufolge garantiere ein Staat mit „starkem Ernährermodell“ die soziale Absicherung von Frauen vorwiegend über ihre erwerbstätigen männlichen Partner und es seien wenige öffentliche Betreuungseinrichtungen vorhanden; ein Staat mit „schwachem Ernährermodell“ hingegen gewähre Frauen einen eigenständigen Anspruch auf soziale Absicherung, Mütter würden zu einem großen Teil in Vollzeit arbeiten, und es bestehe eine flächendeckende Betreuungsinfrastruktur für Kinder und Ältere.[1]

Historisch basiert das männliche Ernährermodell (oder Ernährer-Hausfrauen-Modell) auf einem bestimmten Geschlechterrollenverständnis, wonach dem Mann vollzeitlich die Erwerbsarbeit obliegt und die Frau die Rolle der Hausfrau und Mutter erfüllt. Das männliche Ernährermodell wird daher auch Hausfrauenmodell oder -ehe oder auch traditionelles bürgerliches Familienmodell genannt. Das zugrunde liegende Rollenverständnis war in der bürgerlichen Kultur des Biedermeier und im Bürgertum in der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert üblich.[2] Dieses Rollenverständnis setzte das 1896 verabschiedete und am 1. Januar 1900 in Kraft getretene Bürgerliche Gesetzbuch in ein Regelwerk um, und der Gesetzesentwurf wurde folgendermaßen erläutert: „Der Hauptberuf der Ehefrau bezieht sich auf das Innere des Hauses und wird in den wohlhabenden Klassen der Bevölkerung sich regelmäßig darauf beschränken.“[3] Später wurde dieses Modell insbesondere im westlichen Nachkriegsdeutschland als bürgerliche Kleinfamilie zur gesellschaftlichen Norm.[2][4] Das Normalarbeitsverhältnis ist in Bezug auf Arbeitszeit und -entgelt so gestaltet, dass das Arbeitsentgelt einer Person, zusammen mit öffentlichen Transferleistungen für die Kinder, für den Lebensunterhalt einer Familie reicht.

Sozialpolitische Effekte

Verschiedentlich wird festgestellt, dass das Ernährermodell vor allem auch in Deutschland durch das System der Sozialversicherung (z. B. der kostenfreien Familienmitversicherung und der Witwenrente), des Steuerrechts (insbesondere des Ehegattensplittings) und des Arbeitsrechts (etwa die Sozialauswahl) gestützt wird. So stellt beispielsweise das Rostocker Zentrum für demografischen Wandel (ZDWA) fest, dass in Deutschland „Elemente wie das Ehegattensplitting, die beitragsfreie Kranken- und Pflegeversicherung, die Anrechnung von Kindererziehungszeiten für die Rente und, zumindest in Westdeutschland, die geringe Betreuungsquote für unter Dreijährige, die Betreuungsrolle der Mutter weiter stützen“.[5][6] Dies träfe auch für eine eventuelle Einführung eines Erziehungsgehalts zu. Im Gegensatz hierzu soll das neue Unterhaltsrecht in Deutschland die nacheheliche Eigenverantwortung fördern und orientiert sich an einer unabhängigen Existenzsicherung beider Elternteile.

Auf Grund mehrerer Einflüsse, so etwa der sich modernisierenden Rollenauffassungen und des Umstandes, dass ein Gehalt oft nicht mehr für die Sicherung des Lebensunterhalts einer ganzen Familie ausreicht, wandelt sich das Modell in denjenigen westlichen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften, in denen bisher das Einverdienermodell überwog, zunehmend hin zu anderen Modellen, wie beispielsweise einem Zuverdienermodell, das auch als „modernisiertes Ernährermodell“ bezeichnet wird, bei dem ein Partner in Vollzeit und einer in Teilzeit erwerbstätig ist, oder zu partnerschaftlichen Modellen (Doppelversorgermodellen), bei denen beide Partner in vergleichbarem Ausmaß in Vollzeit oder in Teilzeit erwerbstätig sind, wie auch sich in der Versorgung und Erziehung der Kinder engagieren.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jane Lewis und Ilona Ostner, zitiert nach Sigrid Leitner: Wohlfahrtsstaat und Geschlechterverhältnis im Umbruch. Was kommt nach dem Ernährermodell?, VS Verlag, Wiesbaden 2004, ISBN 3810039349, 9783810039347. S. 209 ff.
  2. a b Stefanie Hallberg: So wandelte sich das Familienmodell. WDR, 12. April 2006. Abgerufen am 18. Januar 2009.
  3. Motive zu dem Entwurfe eines BGB für das Deutsche Reich, Band 4, 1896, S. 107. Zitiert nach: Kirsten Schweiwe: Soziale Sicherungsmodelle zwischen Individualisierung und Abhängigkeiten. Abgerufen am 25. März 2009. (PDF) S. 133.
  4. Heike Paterak: Institutionelle Früherziehung im Spannungsfeld normativer Familienmodelle und gesellschaftlicher Realität, Waxmann Verlag, 1999, ISBN 3893257950, 9783893257959. S. 155
  5. Michelle J. Budig: Kinderbetreuung mindert Armut bei Alleinerziehenden. In: DFAEH 1/2008. 2008. Abgerufen am 28. März 2009. (PDF)
  6. Joya Misra, Stephanie Moller, Michelle J. Budig: Armutsvermeidung durch Kinderbetreuung und Gleichstellung – insbesondere für Alleinerziehende. ZDWA. Abgerufen am 28. März 2009.

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