Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts

Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts
Basisdaten
Titel: Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts
Kurztitel: UÄndG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Privatrecht, Familienrecht
Datum des Gesetzes: 21. Dezember 2007
(BGBl. I S. 3189)
Inkrafttreten am: 1. Januar 2008
GESTA: C056
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts (UÄndG) trat zum 1. Januar 2008 in Kraft und regelte Änderungen zur Förderung des Kindeswohls, zur Stärkung der nachehelichen Eigenverantwortung und zur Vereinfachung des Unterhaltsrechts.[1] Dem Gesetz stimmten im Rechtsausschuss neben den damaligen Koalitionsfraktionen CDU und SPD auch FDP und Grüne zu. Die Linke stimmte dagegen. Bündnis 90/Die Grünen waren zuvor mit einem Änderungsantrag gescheitert, Unterhaltsansprüche aus den vor 2003 geschlossenen Ehen von der Neuregelung auszunehmen, nachdem das Bundesministerium der Justiz dies als verfassungsrechtlich bedenklich eingestuft hatte.[2] Nach einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung beurteilt die Bevölkerung die Reform überwiegend positiv.[3]

Inhaltsverzeichnis

Änderungen durch das Gesetz

Vorrang des Kindeswohls

Unterhaltsansprüche minderjähriger ehelicher und nichtehelicher Kinder erhalten Vorrang vor anderen, wenn das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nach Abzug des Selbstbehaltes nicht ausreicht, um alle Ansprüche zu erfüllen. Während Ansprüche geschiedener und aktueller Ehegatten zuvor gleichberechtigt neben denen der Kinder standen, sind Ansprüche von Erwachsenen nun stets nachrangig.

Auch bei der Rangfolge der unterhaltsberechtigten Erwachsenen steht nun das Kindeswohl im Vordergrund. Vorrang erhalten Elternteile, die gemeinsam oder allein ein Kind erziehen, unabhängig davon, ob sie verheiratet sind oder waren. Im gleichen Rang stehen Ehegatten nach langer Ehedauer, deren Vertrauen in die eheliche Solidarität auch nach einer Scheidung besonders geschützt wird. Geschiedene Ehegatten, die nur verhältnismäßig kurz verheiratet waren und keine Kinder betreuen, stehen erst an letzter Stelle der Rangfolge und erhalten nur dann Unterhalt, wenn alle Ansprüche der Kinder, der Kinder erziehenden Elternteile und der langjährig verheirateten Geschiedenen erfüllt wurden.

Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt gegen den anderen Elternteil wegen Erziehung eines gemeinsamen Kindes ist für eheliche und nichteheliche Kinder einheitlich auf drei Jahre befristet, sofern im Einzelfall keine besonderen Gründe dagegen sprechen. Danach ist auf Möglichkeiten der Kinderbetreuung und die Pflicht zur eigenen Erwerbstätigkeit zu verweisen.[4]

Betonung der nachehelichen Eigenverantwortung

Bereits nach alter Rechtslage konnten Unterhaltsansprüche mit Hinweis auf den Grundsatz der Eigenverantwortung zeitlich oder in ihrer Höhe begrenzt werden. Familiengerichte nutzten diese Möglichkeit aber nur sehr zurückhaltend, wodurch besonders Zweitfamilien belastet wurden.[3] Beim Unterhaltsanspruch lag vor allem der Maßstab der ehelichen Lebensverhältnisse zu Grunde, was den Wiedereinstieg in den erlernten Beruf oft unattraktiv machte.

Die Möglichkeiten zur Befristung und Begrenzung von Zahlungen sind durch die Reform gestärkt, wobei der in der Ehe erreichte Lebensstandard nur noch einen von mehreren Aspekten dafür darstellt, ob und in welchem Umfang nach der Scheidung eine Erwerbstätigkeit wieder aufgenommen werden muss. Daneben sind die Dauer der Ehe und die tatsächlich praktizierte Rollenverteilung zu berücksichtigen. Die beim Gesetzentwurf federführende Bundesjustizministerin Brigitte Zypries erklärte dazu: „Einmal Zahnarztgattin immer Zahnarztgattin, das gilt nicht mehr.“[5]

Bei Erziehung gemeinsamer Kinder spielen die tatsächlich gegebenen Kinderbetreuungsmöglichkeiten eine größere Rolle als bisher. Ein Verzicht auf Unterhaltsansprüche ist dagegen nur noch wirksam, wenn beide Parteien über die Folgen umfassend aufgeklärt wurden. Unterhaltsvereinbarungen vor der Scheidung sind deshalb notariell zu beurkunden.

Vereinfachung des Unterhaltsrechts

Neu eingeführt wurde ferner ein einheitlicher Mindestunterhalt für minderjährige Kinder in Anlehnung an den steuerlichen Kinderfreibetrag als Ersatz für die Regelbetrag-Verordnung und eine vereinfachte Kindergeldverrechnung. Das bedeutet eine Anpassung des Unterhaltsrechtes an das Steuer- und Sozialrecht, was zusammen mit der Rangfolgeregelung die Bemessung von Unterhaltsansprüchen durch die Gerichte wesentlich erleichtert.[2]

Umsetzung in der Rechtsprechung

Der Bundesgerichtshof entwickelte ausgehend von der neuen Rechtslage die sogenannte „Dreiteilungsmethode“. Demnach ergaben sich Unterhaltsansprüche Geschiedener nach Wiederheirat des Unterhaltspflichtigen, indem Einkünfte des Berechtigten, des Verpflichteten und des neuen Ehepartners zusammengefasst und durch drei geteilt wurden, wobei dem Berechtigten Unterhalt maximal in der Höhe zustand, die sich ergäbe, wenn der Verpflichte nicht erneut geheiratet hätte. Das bedeutete regelmäßig Entlastung der Zweitfamilien zu Lasten von Unterhaltsansprüchen aus früheren Ehen. Als Begründung galt, dass „die für die Höhe des Unterhaltsbedarfs maßgeblichen Lebensverhältnisse einer geschiedenen Ehe Veränderungen unabhängig davon erfahren können, ob diese in der Ehe angelegt waren.“

Das Bundesverfassungsgericht hob diese Rechtsprechung jedoch 2011 auf, da der Gesetzgeber auch bei der Reform 2008 an dem Grundsatz festgehalten habe, den Unterhaltsbedarf nach den Lebensverhältnissen zum Zeitpunkt der Scheidung zu bemessen. Die „Dreiteilungsmethode“ überschreite die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung und verletze Unterhaltsberechtigte in ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit als Ausprägung der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Artikel 2 Grundgesetz.[6]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Unterhaltsrecht 2008: Gegenüberstellung der Gesetzesänderungen bei: Treutler Rechtsanwälte, Regensburg
  2. a b Reform des Unterhaltsrechts 2008 bei: Treutler Rechtsanwälte, Regensburg
  3. a b Umfrage: Folgen des neuen Unterhaltsrechts noch unbekannt, Pressemeldung der Bertelsmann Stiftung vom 27. Mai 2009
  4. Werner Mathes: Reform des Unterhaltsrechts: "Wir schwimmen alle noch" in: Stern vom 4. März 2009
  5. Harmonie-Tralala mit adeligem Scheidungsopfer in: Die Welt vom 5. November 2007
  6. Neue Rechtsprechung zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts unter Anwendung der sogenannten Dreiteilungsmethode verfassungswidrig, Bundesverfassungsgericht - Pressestelle, Pressemitteilung Nr. 13/2011 vom 11. Februar 2011
Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

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