Friedrich von Lüdinghausen Wolff

Friedrich von Lüdinghausen Wolff

Der Baron Friedrich von Lüdinghausen Wolff (* 16. Oktober 1643 in Dünaburg; † 15. April 1708 in Breslau) war Jesuit, kaiserlicher Capellan, Berater des Kaisers Leopold, intellektueller Gründer der Universität Leopoldina in Breslau und ihr erster Kanzler.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Die Familie Friedrichs von Lüdinghausen Wolff entstammte dem westfälischen Ritteradel. Sie hatte ihren Ursprung in der nach ihr benannten Stadt Lüdinghausen. Der Zweig der Familie Wolff lebte dort auf der Burg Wolfsberg.

Der Baron, der sich Pater Wolff nannte, verbrachte seine Jugendjahre am Hofe Königs Johann Kasimir von Polen. Dieser war Jesuit gewesen und Kardinal, als jedoch sein Halbbruder König Wladislaw starb, wurde er 1648 polnischer König. Diverse Kriege schwächten das Land, und weil Johann Kasimir den Katholizismus förderte, wurde der soziale Frieden im multireligiösen Vielvölkerstaat und die religiöse Toleranz bedroht. Der junge Baron von Lüdinghausen indes genoss eine vorzügliche Erziehung und Bildung.

Mit 16 Jahren trat er in die Gesellschaft Jesu ein. Er studierte in Prag die Philosophie und wurde zum Doktor der Theologie promoviert. Durch seine Begabung reifte er in kurzer Zeit zu einem universellen Geist, gehörte bald zu den Lehrern des Ordens und wurde kaiserlicher Capellan.

Was ihn auszeichnete, waren neben ausgezeichnete Manieren eine traumwandlerische Menschenkenntnis, Verhandlungsgeschick mit Hohen und Niederen, Zielstrebigkeit, Ausdauer und Fleiß. Diese Fähigkeiten setzte er in Schlesien für die Rekatholisierung ein.

Hatte man in Oberschlesien die Reformation vollständig unterdrücken können, so war Niederschlesien war noch protestantisch und die Stadt Breslau hatte alle Angriffe auf seine politische und kirchliche Selbstständigkeit bisher erfolgreich abgewehrt.

Auch das auf der kaiserlichen Burg etablierte Jesuitenkolleg hatte sich trotz zahlreicher Schüler aus dem katholischen Umland nicht durchsetzen können. Nun, 1687 wurde Pater Friedrich von Lüdinghausen Wolff die Leitung des Kollegiums in Breslau anvertraut. Pater Wolff las in den Annalen der Stadt:

„Die Bürgerschaft hatte bereits von vielen Jahren die Gründung einer Universität angestrebt, und der aus der Dynastie der Jagiellonen stammende Wladislaw II. (1456–1516), König von Böhmen und Ungarn hatte dem 1505 zugestimmt, doch durch zahlreiche Kriege und heftigen Widerstand der Universität Krakau war man nicht zum Bau gekommen.“

Pater Wolff griff den Gedanken auf. Gelang es ihm, die Jesuitenkolleg Breslau zur Universität zu erheben, so hatte er zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die Wissenschaft würde blühen und der Katholizismus würde ganz von selbst kommen.

Er übereilte nichts. Er erwies dem Breslauer Rat seine Referenz und söhnte ihn mit dem verhassten Kollegium aus. Pater Wolff war bei Hofe hoch angesehen. So war es ihm möglich, Ratsmitgliedern Vorteile zu verschaffen, dem einen die Erhebung in den Adelstand, dem anderen einen wohlklingenden Titel, wie zum Beispiel dem Juristen Johannes Adrian Plencken, bezeichnenderweise Westfale, den Titel Oberamtsrat.

Gründung der Universität

Als P. W. 1694 zum zweiten Male Rektor wurde, stand er mit der Bürgerschaft im besten Einvernehmen und mit dem Rat auf freundschaftlichem Fuß. Da verbreitete sich das Gerücht, er wolle eine Universität gründen und werde von allerhöchster Stelle protegiert.

Eine katholische Universität im protestantischen Breslau!!! Der Schrecken war groß.

Der Rat trat zusammen und wurde „aus Amts- und Gewissenspflicht in allertiefster Demuth“ gegen diese Gründung bei Hofe vorstellig. Dort stellte sich heraus, dass es sich bei diesem Gerücht lediglich um ein Gerücht handelte.

Der Stein jedoch kam ins Rollen. Durch die Vorstellung des Rates bei Hof wurden Pater Wolf die Einwendungen des Gremiums bekannt, und als er in seiner Petition die Erhebung des Kollegiums zu einer Universität beantragte, konnte er den Rat widerlegen.

Er wies daraufhin, es seien bereits zwei Fakultäten, die Theologische und die Philosophische vorhanden und es fehle nur noch am Promotionsrecht. Er bat den Kaiser, dieses Recht und die übrigen Universitätsprivilegien zuzugestehen und die juristische und medizinische Fakultät später zu fundieren. Seine Argumentation war schmutzabweisend wie eine Lotusblume.

Es kann zu einem jahrelangen Tauziehen. Der Bischof und das Kapitel blieben passiv. Der Stadtrat von Breslau, den Ruin befürchtend, tat alles um Pater Wolffs Vorhaben zu blockieren.

Trotzdem unterzeichnete Kaiser Leopold die Stiftungsurkunde am 21. Oktober 1702. Die Universität wurde am 15. November, dem Namenstag des Kaisers eröffnet. Friedrich von Lüdinghausen Wolff wurde ihr erster Kanzler und Generalsstudiumspräfekt aller Jesuiten Schulen in Schlesien. Gemäß der Stiftungsurkunde wurden die, von der Universität Breslau erteilten akademischen Grade denen anderer Universitäten gleichgestellt. Zur Errichtung einer juristischen und medizinischen Fakultät kam es erst nach Ableben Kaiser Leopolds und Pater Wolffs. Die Universität Breslau wurde im Laufe der Zeit eine Hochschule von erstem Rang.

Rolle als Vermittler

Friedrich von Lüdinghausen Wolf war ein Mensch von ungewöhnlichem Charisma. Bescheidenheit und persönliche Bedürfnislosigkeit brachten seine Überlegenheit voll zur Geltung. Dadurch hatte er in der letzten Dekade der Regierung Leopolds bei Hof den größten Einfluss. Er wurde als Priester, Diplomat und Finanzmann unentbehrlich. Der Kaiser gab schwierige Verhandlungen mit anderen Herrschern in diese bewährten Hände. Auch ließ er sich von dem Baron in Finanzfragen beraten, denn Pater Wolf fand auch in scheinbar ausweglosen Situationen noch eine Geldquelle. So wurde er, ohne es zu wollen der eigentliche Finanzminister des Kaisers.

Im Juli 1696 kam es zur Uneinigkeit unter den Generalen Augusts des Starken wodurch der Erfolg des Feldzugs gegen die Türken gefährdet wurde. Pater Lüdinghausen Wolf spielt den Oberbefehl über die Armee und vermittelte mit Erfolg. Zwischen dem Pater und dem Kurfürsten entwickelte sich eine Freundschaft, und August trat ein knappes Jahr später zum katholischen Glauben über.

Eine ähnliche Vermittlerrolle übernahm Pater Wolff bei den Verhandlungen des Kurfürsten Friedrich von Brandenburg um die Königskrone in Preußen. Mit feinem Humor verwendet er in einem Brief an den Kurfürsten folgende Anrede: „Durchlauchtiger Kurfürst! Gnädiger Herr! Beinahe König!“

Quellen

  • Festschrift der katholisch-theologischen Facultät. Von Professor Dr. Joseph Reinkens. Breslau 1861.
  • Claudia Zontra, Schlesische Studenten an Italienischen Universitäten, Stuttgart, 2004
  • Brockhaus, Meyers Lexikon
  • Gottfried Lengnich, Geschichte der Preußischen Lande Königlich Polnischen Antheils, Unter der Regierung Johannis Casimiri. Danzig 1734
  • Georg Kaufmann, Festschrift zur Feier des hundertjährigen Bestehens der Universität Breslau, 1911
  • Liane Schmitz, Zur Geschichte von Lüdinghausen und Seppenrade, Rademann, 2000

Literatur


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