- Universität Breslau
-
Uniwersytet Wrocławski
Universitas Wratislaviensis
ehemals:
Schlesische Friedrich-Wilhelms-Universität
Universitas LeopoldinaGründung 20. Juli 1505
(nicht ausgeführter Gründungsbeschluss)
21. Oktober 1702 als
Universitas Leopoldina
3. August 1811 als
Schlesische Friedrich-Wilhelms-Universität
9. Juni 1946 als
Uniwersytet WrocławskiTrägerschaft staatlich Ort Wroclaw (früher Breslau), Polen Rektor Marek Bojarski Studenten 34.621 (30. Nov. 2010[1] Mitarbeiter 3.480[1] davon Professoren 426[1] Website www.uni.wroc.pl Die Universität Breslau (poln.: Uniwersytet Wrocławski; lat.: Universitas Wratislaviensis) ist eine 1702 gegründete Universität in Breslau.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Gründung als Leopoldina
Auf Wunsch des Magistrats der Stadt Breslau bestätigte der aus der polnisch-litauischen Dynastie der Jagiellonen stammende Wladislaw II. (1456–1516), König von Böhmen und Ungarn, am 20. Juli 1505 die Gründung einer Universität in Breslau, die jedoch aufgrund zahlreicher Kriege und scharfem Widerstand der Universität Krakau nicht errichtet werden konnte.
Die seit 1638 bestehenden Vorgängereinrichtungen wurden in eine Jesuitenschule übergeführt und 1702 schließlich auf Betreiben der Jesuiten und mit Unterstützung des schlesischen Oberamtsrat Johannes Adrian von Plencken von Kaiser Leopold I. als Universität mit je einer Fakultät für Philosophie und katholische Theologie gestiftet. Diese erhielt nach ihrem Stifter den Namen Leopoldina. Am 15. November 1702 wurde der Universitätsbetrieb eröffnet. Johannes Adrian von Plencken war auch gleichzeitig Kanzler der Universität.
Nach der Abtretung Schlesiens durch Österreich an Preußen verlor die Universität ihren gegenreformatorischen Charakter, blieb aber als konfessionelle Hochschule für die Ausbildung des katholischen Klerus in Preußen bestehen. In den Jahren 1728 bis 1732 wurde die Aula Leopoldina erbaut und ist bis heute nahezu vollständig erhalten geblieben. Diese wird regelmäßig offiziell für universitätsöffentliche Anlässe genutzt.
Schlesische Friedrich-Wilhelms-Universität
Am 3. August 1811 wurde die Universität unter Einbeziehung der alten Leopoldina und der Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) durch königliche Kabinettsorder im Zuge der Neuformierung des preußischen Staates nach den Niederlagen gegen Napoleon I. vereinigt und als Schlesische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau mit fünf Fakultäten (katholische Theologie, evangelische Theologie, Recht, Medizin und Philosophie) neu gegründet. Sie war damit die erste deutsche Universität mit einer katholischen und einer protestantischen Fakultät.
Mit der Universität verbunden waren drei theologische Seminare, ein philologisches und ein Seminar für deutsche Philologie, desgleichen für romanische und englische Philologie, ein historisches, ein mathematisch-physikalisches, ein juristisches und ein staatswissenschaftliches Seminar. Ab 1842 besaß die Universität auch einen Lehrstuhl für Slawistik. Die Universität besaß zwölf verschiedene naturwissenschaftliche Institute, sechs klinische Anstalten und drei Kunstsammlungen. Zur Universität gehört seit 1881 auch ein landwirtschaftliches Institut (früher in Proskau) mit zehn Lehrern und 44 Hörern, das ein tierchemisches, ein Veterinär- und ein technologisches Institut umfasste. 1884 betrug die Zahl der Studierenden 1.481, die der Dozenten 131.
Die Universitätsbibliothek umfasste 1885 ungefähr 400.000 Werke, darunter ungefähr 2.400 Bände Inkunabeln (bis 1500), ungefähr 250 Bände Aldinen und 2.840 Bände mit Manuskripten. Sie entstand aus den Sammlungen der aufgehobenen Stifter und Klöster und den früheren Frankfurter und Breslauer Universitätsbibliotheken; zu ihr gehören auch die an orientalischen gedruckten und handschriftlichen Werken reiche Bibliotheca Habichtiana und das akademische Leseinstitut.
Ferner sind zu nennen: die Sternwarte; der botanische Garten (fünf Hektar groß) mit botanischem Museum und der 1862 von einer Aktiengesellschaft angelegte zoologische Garten; das naturhistorische und das zoologische Museum; die chemischen und physikalischen Sammlungen; das chemische Laboratorium; das pflanzenphysiologische und das mineralogische Institut; das anatomische Institut; die klinischen Anstalten; die Bildergalerie (meist aus den Kirchen, Klöstern etc. ), reich an altdeutschen Werken; das Museum für schlesische Altertümer und das Staatsarchiv für Schlesien &c.
Auflösung und Neugründung als polnische Universität
Nach der Eroberung Breslaus durch die Rote Armee wurde die Schlesische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau aufgelöst. Mit der Übergabe der Stadt an Polen wurden bereits am 24. August 1945 die bis dahin deutsche Universität und die Technische Hochschule Breslau (1910–1945) in Hochschulen des polnischen Staates umgewandelt. Mit einer Vorlesung von Professor Ludwik Hirszfeld wurde der Lehrbetrieb am 15. November desselben Jahres wieder aufgenommen; am 9. Juni 1946 wurde die polnische Universität offiziell eröffnet. Seit 1952 trug die Hochschule den Namen des damaligen Staatspräsidenten und Ersten Sekretärs der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR) Bolesław Bierut (bis 1989).
Die Tradition der alten Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität wurde gemäß Senatsbeschluss seit 1951 von der Universität zu Köln gepflegt. Seit 2003 wurde mit der neuen polnischen Universität Breslau eine Partnerschaft vereinbart.
Bereits seit 1988 besteht eine Partnerschaft mit der Ruhr-Universität Bochum.
Die Universität feierte im Jahr 2001 ihr 300-jähriges Bestehen, womit ausdrücklich an die Tradition der österreichischen „Leopoldina“ angeknüpft wurde.
38.607 Studierende waren im akademischen Jahr 2000/2001 an der Universität immatrikuliert.
Im Jahr 2001 wurde mit dem Ziel der Völkerverständigung und des Wissenstransfers, die Deutsch-Polnische Gesellschaft der Universität Wroclaw (Breslau) e. V. gegründet. Diese Gesellschaft umfasst alle Hochschulen der Stadt Breslau: Universität, Päpstliche Theologische Fakultät, Medizinische Akademie, Technische Hochschule, Hochschulen für Wirtschaft, Landwirtschaft, Sport, Musik und Kunst. Gründungsmitglieder waren hochrangige Funktionsträger der heutigen Universität Wrocław und deutsche Professoren, die noch in Breslau geboren sind. Das waren gut 120, und mehr als 3/4 von ihnen sind heute Mitglieder. Die Tätigkeit der Gesellschaft erstreckt sich vor allem auf Kontakte, Austausch und Stipendien. Gründer und Präsident ist Norbert Heisig, Universität Hamburg.
2002 wurde das gemeinsam von der Universität Breslau und dem DAAD finanzierte „Willy-Brandt-Zentrum für Deutschland- und Europastudien“ gegründet.
Fakultäten
- Philologische Fakultät
- Fakultät für Geschichte und Pädagogik
- Fakultät für Recht, Wirtschaft und Ökonomie
- Fakultät für Physik und Astronomie
- Fakultät für Biotechnologie
- Fakultät für Biologie
- Fakultät für Geographie, Geologie und Umweltbildung
- Sozialwissenschaftliche Fakultät
- Fakultät für Chemie
- Fakultät für Mathematik und Informatik
Berühmte Studenten und Dozenten/Professoren
- Friedrich von Lüdinghausen Wolff (1643–1708), Jesuit, Erster Kanzler der Universität Breslau
- Julius Friedrich Heinrich Abegg (1796–1869), Jurist (Strafrechtler)
- Godehard Braun (1798–1861), Moraltheologe und Weihbischof in Trier
- Alois Alzheimer (1864–1915), Mediziner
- Adam Asnyk (1838–1897), Lyriker und Dramatiker
- Heinrich Biltz (1865–1943), Chemiker
- Edmund Bojanowski (1814–1871), Student der Philosophie und Ordensgründer
- Max Born (1882–1970), Mathematiker, Physiker, Nobelpreisträger
- Johann Gustav Gottlieb Büsching (1783–1829), Professor
- Robert Wilhelm Bunsen (1811–1899), Professor der Chemie, Erfinder des Bunsenbrenners
- Jacob Caro (1835–1904), Professor für Geschichte
- Theobald Dächsel (1855–1940), evangelischer Theologe, Pfarrer und Superintendent in Militsch (Niederschlesien)
- Felix Dahn (1834–1912), Professor für Rechtswissenschaften, Schriftsteller sowie Historiker
- Wilhelm Dilthey (1833–1911), Professor, Philosoph, Psychologe und Pädagoge
- Alfred Hillebrandt (1853–1927) Professor für Sanskrit und Philologie, Rektor der Uni ab 1901
- Felix von Dobschütz (1867–1936), Superintendent in Oppeln (Oberschlesien)
- Ernst von Dobschütz (1870–1934), Professor der ev. Theologie in Breslau (1910–1913), später in Halle (Saale)
- Franz Joseph Dölger (1879–1940), Professor für Kirchengeschichte
- Wilhelm Ebstein (1836–1912), Student der Medizin, später Arzt und Pathologe
- Paul Ehrlich (1854–1915), Mediziner, Chemiker
- Gotthold Eisenstein (1823–1852), Student und Ehrendoktor der Mathematik
- Heinz von Foerster, (1911-2002), österreichischer Kybernetiker
- August Froehlich (1891–1942), katholischer Priester, Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime und Märtyrer
- Heinz Fraenkel-Conrat (1910–1999), Student der Medizin, später Virologe und Molekularbiologe
- Moritz Ludwig Frankenheim (1801–1869), Professor für Physik, Geographie und Mathematik, Entdecker der 32 Kristallklassen
- Wilhelm Alexander Freund (1833–1917), Student, später Titularprofessor, Chirurg und Gynäkologe, Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
- Gustav Freytag (1816–1895), Professor sowie Schriftsteller
- Axel Freiherr von Freytagh-Loringhoven (1878–1942), Völkerrechtler
- Otto von Gierke (1841–1921), Jurist (Germanist)
- Jakob Guttmann (1845–1919), Rabbiner und Religionsphilosoph
- Fritz Haber (1868–1934), Chemiker
- Hans Helfritz (1877–1958), Professor der Rechtswissenschaft, letzter Rektor vor Absetzung durch die NSDAP
- Gerhard Hirschfelder (1907–1942), katholischer Priester, Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime, Märtyrer und Seliger
- Adolf Hepner (1846–1923), jüdischer Sozialist und Schriftsteller, Mitangeklagter im Leipziger Hochverratsprozess
- Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798–1874), Dichter und Professor
- Jan Kasprowicz (1860–1926), Dichter-Epoche so genannter „Jungpolen“
- Gustav Robert Kirchhoff (1824–1887), Professor der Physik
- Jochen Klepper (1903–1942), Schriftsteller und evangelischer Lieddichter
- Emil Krebs (1867–1930), Sinologe, Dolmetscher
- Wilhelm Kroll (1869–1939), Professor für Klassische Philologie
- Otto Küstner (1849–1931), Mediziner (Gynäkologe)
- Annelies Kupper (deutsche Opernsängerin) (1906–1987), Studentin der Musikwissenschaft
- Ferdinand Lassalle (1825–1864), Politiker, Schriftsteller, Arbeiterführer
- Josef Lenzel (1890–1942), katholischer Priester, Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime und Märtyrer
- Carl Mainka (1874–1944), Geophysiker, Professor, schuf das erste seismische Meßnetz Europas
- Bernhard Lichtenberg (1975–1943), katholischer Priester, Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime, Märtyrer, Gerechter unter den Völkern und Seliger
- Kazimierz Marcinkiewicz (* 1959), Student der Physik, Ministerpräsident Polens
- Walter Migula (1863–1938), Student der Botanik
- Theodor Mommsen (1817–1903), Professor, Historiker und Altertumswissenschaftler
- Johann Theodor Mosewius (1788–1858), Universitätsmusikdirektor, Wegbereiter von Johann Sebastian Bach
- Benedictus Niese (1849–1910), Professor, Philologe
- Johannes Pinsk (1891–1957), deutscher, katholischer Theologe und Honorarprofessor
- Richard Pischel (1849–1908), Professor der Indologie
- Moritz Karl Ernst von Prittwitz (1795–1885), preußischer Generalleutnant der Infanterie und Festungsbaudirektor in Ulm
- Friedrich von Raumer (1781–1873), Professor, Historiker sowie Politiker
- Richard Roepell (1808–1893), Professor für Geschichte
- Eugen Rosenstock-Huessy (1888–1973), Rechtshistoriker und Soziologe
- Otto Ruff (1871–1939), Professor für Chemie
- Friedlieb Ferdinand Runge (1794–1867), Professor für Chemie
- Theodor Siebs (1862–1941), Germanist
- Edith Stein (1891–1942), Schülerin Edmund Husserls, Karmelitin (mit Ordensnamen: Teresia Benedicta a Cruce), 1942 als Märtyrerin in Auschwitz gestorben, 1998 heiliggesprochen (Papst Johannes P. II.) sowie zur Patronin Europas ernannt
- Hugo Steinhaus (1887–1972), Professor für Mathematik
- Otto Stern (1888–1969), Physiker, Nobelpreisträger, promovierte an der Universität Breslau
- Georg von Thaer (1872–1946), Landeshauptmann von Schlesien und Niederschlesien, Ehrensenator der Friedrich Wilhelms-Universität
- Hermann Triepel (1871–1935), Professor für Anatomie, Embryologe
- Hermann Wasserschleben (1812–1893), Jura-Student und später als Rechtshistoriker apl. Prof.
- Albert Willimsky (1890–1940), katholischer Priester, Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime und Märtyrer
- Joseph Wittig (1879–1949), Professor für Kirchengeschichte
- Wilhelm Friedrich Wolff (1809–1864), Abgeordneter der deutschen Nationalversammlung 1849, Burschenschafter und Kommunist
- William Wrede (1859–1906), Theologe
Verweise
Literatur
- Joseph Reinkens: Die Universität zu Breslau vor der Vereinigung der Frankfurter Viadrina mit der Leopoldina. Breslau 1861.
- Georg Kaufmann (Hrsg.): Festschrift zur Feier des hundertjährigen Bestehens der Universität Breslau. 2 Bände. Breslau 1911.
- Josef Joachim Menzel (Hrsg.): Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau. Jan Thorbecke Verlag, Stuttgart (in jährlicher Erscheinungsweise).
- Friedrich Andreae sw. A. Griesebach: Die Universität zu Breslau. Berlin, 1928. In: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau. 1955.
- Erich Kleineidam: Die katholisch-theologische Fakultät der Universität Breslau 1811–1945. Köln 1961, ISBN 3879090289.
- T. Kulak, M. Pater u. W. Wrzesiński: Historia Uniwersytetu Wrocławskiego 1702–2002. Wydawnictwo Uniwersytetu Wrocławskiego, 2002 (Geschichte der Universität Breslau 1702–2002; Uniwersytet Wrocławski-Verlag).
- A. Chmielewski:Jubileusz trzechsetlecia Uniwersytetu Wrocławskiego 1702–2002. Wydawnictwo Uniwersytetu Wrocławskiego (300-jähriges Jubiläum der Universität Breslau 1702–2002).
- Norbert Conrads (Hrsg.):Quellenbuch zur Geschichte der Universität Breslau 1702–1811. Böhlau, Köln 2003. ISBN 3-412-09802-7.
Weblinks
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Fußnote
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