Galiläakirche (Berlin-Friedrichshain)

Galiläakirche (Berlin-Friedrichshain)
Galiläakirche
Ansicht von Westen
Adresse Berlin-Friedrichshain, Rigaer Straße 9/10
Konfession evangelisch
Gemeinde Galiläa
Aktuelle Nutzung Kultur
Gebäude
Baujahr(e) 1909–1910
Stil Neugotik, Historismus und Moderne

Die evangelische Galiläakirche und das direkt daneben liegende Gemeindehaus wurden 1909–1910 nach einem Entwurf der Architekten August Georg Dinklage und Ernst Paulus in der engen Straßenflucht der Rigaer Straße 9/10 im Berliner Ortsteil Friedrichshain in historisierendem gotischem Stil in geschlossener Bebauung errichtet. Der Baustil des mit roten Ziegeln verblendeten gemauerten Gebäudes erinnert einerseits an märkische Traditionen, andererseits klingt bereits die beginnende Moderne an. Nach teilweisen Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche, die unter Denkmalschutz steht, restauriert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Bau des Gotteshauses wurde durch die rapide ansteigende Bevölkerungszahl in diesem Arbeiterquartier notwendig. In nur wenigen Jahren wurde aus Ackerland und Wiesen ein dicht besiedeltes Gebiet, in dem es bereits die Samariterkirche gab. Die Zahl der Gemeindemitglieder in dieser Samariter-Kirchengemeinde war zwischen 1894 und 1910 von ca. 17.000 auf ca. 70.000 angewachsen. Daher wurde 1906 vom Berliner Synodalverband beschlossen, eine Tochtergemeinde zu gründen, die auch einen eigenen Kirchenbau erhalten sollte. Die finanziellen Mittel der Samariter-Kirchengemeinde reichten jedoch nur für den Ankauf eines kleinen etwa 900 m² großen sich nach Süden verjüngenden Grundstücks in der Rigaer Straße 9-10 für ca. 89.000 Mark. Mit finanzieller Unterstützung des seit dem 2. Mai 1890 bestehenden Kirchenbau-Vereins zur „Bekämpfung des religiös-sittlichen Notstands“ in Berlin, deren Schirmherrin Kaiserin Auguste-Viktoria war, konnte der Bau der Kirche für ca. 200.000 Mark und des Gemeindehauses für ca. 65.000 Mark durchgeführt werden. Der erste Spatenstich erfolgte am 5. April 1909 und am 20. Juni 1910 wurde die Kirche eingeweiht. Die Galiläakirche wurde nach einem Gebiet im Norden Israels benannt. Die Galiläa-Kirchengemeinde wurde am 1. Mai 1911 selbstständig.

Am 3. Februar 1945 wurde der Bau größtenteils zerstört, 1951 begann der Wiederaufbau. 1960 wurden die Kirchenfenster erneuert, 1963 und 1978 musste das Dach neu eingedeckt werden. Der Turm wurde 1975 saniert.

Nutzung

In der Galiläakirche werden heute keine Gottesdienste mehr abgehalten. Am 9. November 2009 wurde von der Hedwig-Wachenheim-Gesellschaft e.V. in der Kirche eine Dauerausstellung über den bis dahin unzureichend öffentlich bekannten Jugendwiderstand und die Jugendopposition in der DDR eröffnet.

Lage, Architektur und Ausstattung

Galiläakirche Altar und Orgel 1910

Das Gemeindehaus grenzt an den übergiebelten Seitenrisalit der von Baustadtrat Hermann Blankenstein in den Formen der märkischen Backsteingotik entworfenen und von seinem Nachfolger Ludwig Hoffmann 1898 fertiggestellten dreigeschossigen ehemaligen Liebig-Realschule in der Rigaer Straße 8. Der kasernenförmig wirkende Schulbau wurde durch vielfältige Dekorationen wie mehrfarbige Klinkerverbände und detaillierten Terracottaschmuck gemildert.

Die asymmetrische Fassade von Kirche und Gemeindehaus haben Dinklage und Paulus an das dekorativ gestaltete benachbarte Schulgebäude angepasst. Der Zugang zum Kirchraum erfolgt über zwei Eingänge, einem getreppten Spitzbogenportal mit darüber liegenden Schmuckelementen aus textilem Ziegelmaßwerk im seitlichen Turm und einem ebenso gestalteten Portal im Gemeindehaus. Dahinter befinden sich die Seitenschiffe. Die hohe Turmwand hat lukenartige Fenster und eine große paarige Schallöffnung. Über einem Fries aus Maßwerkpässen und darüber liegender Balustrade erhebt sich der schlanke verkupferte Spitzhelm, der ursprünglich mit Ziegeln gedeckt war. Der Turm ist mit 50 Metern Höhe deutlich von den umliegenden Wohngebäuden abgesetzt.

Auf der rechten Seite des Gemeindehauses, neben dem Schulgebäude, befindet sich das Treppenhaus, auf der linken Seite neben dem Turm erstreckt sich über die Obergeschosse ein dreiseitig vortretender Erker, der mit einem verkupferten Spitzdach versehen ist, das ursprünglich mit Ziegeln gedeckt war. Der Giebel des Kirchenschiffes hat drei Fenster, die jeweils in zwei Spitzbogenfenster unterteilt sind, über dem mittleren befindet sich eine Rosette. Im Erdgeschoss sind ebenfalls drei kleine Doppelfenster. Neben dem Turm, an der Grenze zum Nachbarhaus, befindet sich das Treppenhaus mit dem Zugang zur Glockenstube, das in einem Türmchen mit kupfernem Kegeldach ausläuft, unter dem die Turmuhr angeordnet ist.

Innenausstattung

Die Innenraumdisposition entsprach dem Wiesbadener Programm. Der Grundriss bildet ein Viereck. Die beiden Längsseiten haben Emporen. Der Zentralraum mit vierseitigem sterngewölbtem Chorpolygon hat eine gebrochene Kassettendecke mit Oberlicht. Der Kirchenraum wurde im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört. Die beschädigte Kassettendecke wurde in den fünfziger Jahren erneuert. Aus der Erbauungszeit sind die Emporen und der amboartige Kanzelaltar erhalten geblieben.

Literatur

  • Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin: Berlin und seine Bauten. Teil VI. Sakralbauten. Berlin 1997.
  • Günther Kühne, Elisabeth Stephani: Evangelische Kirchen in Berlin. Berlin 1978.
  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Band Berlin. München/Berlin 2006.

Weblinks

 Commons: Galiläakirche (Berlin-Friedrichshain) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
52.51777913.456363

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Berlin-Friedrichshain — Friedrichshain Ortsteil von Berlin …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Kulturdenkmale in Berlin-Friedrichshain — Lage von Friedrichshain in Berlin In der Liste der Kulturdenkmale von Friedrichshain sind die Kulturdenkmale des Berliner Ortsteils Friedrichshain im Bezirk Friedrichshain Kreuzberg aufgeführt. Inhaltsver …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Straßen und Plätze in Berlin-Friedrichshain — Die Liste der Straßen und Plätze in Berlin Friedrichshain beschreibt das Straßensystem im Berliner Ortsteil Friedrichshain mit den entsprechenden historischen Bezügen. Gleichzeitig ist diese Liste ein Teil des Gesamtprojektes Berliner Straßen und …   Deutsch Wikipedia

  • Bezirk Friedrichshain — Friedrichshain Ortsteil von Berlin …   Deutsch Wikipedia

  • Rigaer Straße (Berlin) — Rigaer Straße Die Rigaer Straße ist eine Straße im Berliner Stadtteil Friedrichshain und damit im Bezirk Friedrichshain Kreuzberg. Benannt ist die Straße nach der Stadt Riga, der heutigen Hauptstadt Lettlands. Sie reicht vom Bersarinplatz im… …   Deutsch Wikipedia

  • Samariterkirche (Berlin) — Die Samariterkirche in Berlin Friedrichshain wurde in der Zeit vom 7. Mai 1892 bis 20. Oktober 1894 vom Evangelischen Kirchenbauverein nach einem Entwurf des Architekten Gotthilf Ludwig Möckel gebaut. Sie steht in der 1895 nach ihr benannten… …   Deutsch Wikipedia

  • Ostkirchhof Ahrensfelde — Kapelle des Ostkirchhofs Ahrensfelde Ostkirchhof Ahrensfelde ist die Bezeichnung für den am 30. Juni 1908 eröffneten Friedhof der evangelischen Kirchengemeinden des Berliner Stadtsynodalverbandes auf dem Gebiet der brandenburgischen Gemeinde …   Deutsch Wikipedia

  • Rigaer Straße — Die Rigaer Straße ist eine Straße im Berliner Stadtteil Friedrichshain und damit im Bezirk Friedrichshain Kreuzberg. Benannt ist die Straße nach der Stadt Riga, der heutigen Hauptstadt Lettlands. Sie reicht vom Bersarinplatz im Westen …   Deutsch Wikipedia

  • August Dinklage — August Georg Dinklage (* 3. September 1849 in Oldenburg; † 20. April 1920 in Berlin) war ein deutscher Architekt. Dinklage unterhielt ein gemeinsames Architekturbüro mit Hans Grisebach in Berlin, zu den bekanntesten Bauten des Büros „Grisebach… …   Deutsch Wikipedia

  • Ernst Paulus — (* 29. August 1868 in Kleve; † 25. Juli 1935 in Berlin) war ein deutscher Architekt. Paulus war Mitarbeiter im Architekturbüro „Grisebach und Dinklage“ (Hans Grisebach und August Dinklage) in Berlin. Beim Ausscheiden von Grisebach 1901 machte… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”