Georg David Hardegg

Georg David Hardegg

Georg David Hardegg (* 4. Februar 1812 in Eglosheim; † 11. Juli 1879 in Haifa) war einer der Begründer der Deutschen Tempelgesellschaft.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Ausbildung, Prozess und Exil

Georg David Hardegg stammte aus Eglosheim, einem heutigen Stadtteil von Ludwigsburg. Er absolvierte zunächst eine kaufmännische Ausbildung, wurde Kaufmann und studierte später Medizin in Tübingen. Wegen „revolutionärer Tätigkeiten“ wurde er 1832 verhaftet und kam ins Gefängnis, wo er insgesamt acht Jahre lang inhaftiert blieb.[1]

Im Januar 1833 begann gegen ihn sowie gegen Friedrich Gottlob Franckh (1802–1845) und weitere Genossen der Prozess wegen Hochverrats.[2] Der Prozess dauerte insgesamt bis 1839. Im Jahr 1840 wurde Hardegg unter der Bedingung, dass er Württemberg verlässt und ins Exil geht, aus der Haft entlassen. Von 1840 bis 1846 arbeitete er als Buchhalter und als Leiter eines Handelshauses in Schaffhausen.

1846 kehrte Hardegg nach Ludwigsburg zurück und eröffnete dort ein Lederwarenfachgeschäft.

Die Tempelbewegung

Während seiner Zeit im Gefängnis hatte sich Hardegg einem christlichen Mystizismus zugewandt. Im Jahre 1848 begegnete er Christoph Hoffmann und dessen Tempelbewegung. In Hardegg fand Hoffmann einen Glaubensgenossen, mit dem er seine religiösen Vorstellungen verwirklichen konnte. Für Hardegg wurde in der Folgezeit klar, dass auf dem Gebiet eines deutschen Fürstentums für die neue religiöse Gemeinschaft kein geeigneter Platz für eine ungehinderte religiöse Entfaltung zu finden war. Hardegg forcierte deshalb die Pläne für eine Auswanderung der Gemeinschaft.

1854 begann Hardegg mit der Registrierung von Kandidaten für den Aufbruch nach Palästina. Am 24. August 1854 fand in Ludwigsburg eine größere von Hoffmann geleitete Versammlung statt, auf der der Öffentlichkeit die Gründung der „Gesellschaft für Sammlung des Volkes Gottes in Jerusalem“ bekannt gegeben wurde. Auf dieser Veranstaltung wurde eine Eingabe an den Deutschen Bundestag in Frankfurt verfasst, in dem dieser ersucht wurde, durch eine Intervention beim türkischen Sultan dem „Volk Gottes“ die Ansiedlung in Palästina zu ermöglichen.

1858 unternahmen Hardegg und Hoffmann eine erste Expedition nach Palästina, um nach Möglichkeiten einer Ansiedlung zu suchen. Nach ihrer Rückkehr leiteten Hoffmann und Hardegg die Tempelgesellschaft gemeinsam. Im Jahre 1859 erfolgte aufgrund der religiösen Aktivitäten der Tempelgesellschaft der Bruch mit der evangelischen Landeskirche Württembergs.

Im August 1868 machten Hardegg und Hoffmann sich mit ihren Familien ins Heilige Land auf. Im Spätherbst 1868 kamen sie an die palästinensische Mittelmeerküste unterhalb des Karmel-Berges, um hier eine „Empfangsstation“ und dauerhafte Tempelsiedlung anzulegen. Im nahe gelegenen Haifa gründeten sie im Frühjahr 1869 die erste Templerkolonie auf palästinensischem Boden. Hardegg wurde deren Vorsteher. In dieser Zeit entstanden auch Kontakte zwischen Hardegg und Vertretern der Religion der Bahai.[3]

Die Aufteilung der Leitungsbefugnisse zwischen Hoffmann, der den Siedlungen Jaffa, Sarona und Rephaim vorstand, und Hardegg bewährte sich nicht. In der Folgezeit kam es zum Zerwürfnis zwischen Hardegg und Hoffmann. Im Juni 1874 wurde Christoph Hoffmann zum alleinigen Vorsteher der Gemeinschaft gewählt. Daraufhin entzweiten sich die Templer und es kam zum Schisma. Nach persönlichen und substantiellen Auseinandersetzungen der Tempelvorsteher Christoph Hoffmann und Hardegg trat etwa ein Drittel der Templer mit Hardegg aus der Tempelgesellschaft aus.[4]

Die Ausgetretenen um Hardegg suchten den Anschluss an eine andere christliche Konfession. Zu diesem Zweck wandten sie sich an die lutherische Schwedische Kirche (1874) und die anglikanische Church Missionary Society (1879), aber beide lehnten es ab, sich der Ausgetretenen anzunehmen.[5] Im Jahre 1878 gründeten Hardegg und die meisten anderen Ausgetretenen den Tempelverein, aber nach Hardeggs Tod im folgenden Jahr schwand der Zusammenhalt seiner Anhänger. Georg David Hardegg starb am 11. Juli 1879 in Haifa.[6] Seine Tochter Klara Hardegg (1850–1885) heiratete 1874 den Architekten Theodor Sandel.

Im Jahre 1885 hatte Carl Schlicht, Pastor der evangelischen Gemeinde zu Jerusalem, begonnen, unter den Ausgetretenen um den verstorbenen Hardegg zu missionieren. So gelang es - zunächst nur in Haifa - eine evangelische Gemeinde aus ehemaligen Templern zu bilden.[7] Im Jahre 1889 konstituierten konvertierte Templer mit einigen anderen Protestanten die evangelische Gemeinde Jaffa. Beide Gemeinden traten der Evangelischen Landeskirche der älteren Provinzen Preußens als Mitglieder bei.[8]

Schriften (Auswahl)

Georg David Hardegg (Hrsg.): Entwurf einer Völker-Gesellschaft zur Erneuerung des Orients. Stuttgart 1867.

Literatur

  • Joachim Baur: Vom Asperg nach Palästina. Georg David Hardegg: Revolutionär und Mitbegründer der Deutschen Tempelgesellschaft. In: Hohenasperg oder ein früher Traum von Demokratie. Leinfelden-Echterdingen 1998, S. 44-66.
  • Joachim Baur: Ein Revolutionär mit zwei Anläufen. Georg David Hardegg aus Eglosheim (1812-1879). In: Ludwigsburger Geschichtsblätter. 54/2000, S. 69-94. (Online-Version)

Einzelnachweise

  1. Hochverrat Fall Frankh und Genossen, Staatsarchiv Ludwigsburg
  2. Landesarchiv Baden-Württemberg
  3. Große Eröffnungsfeier am Karmel
  4. Ejal Jakob Eisler (איל יעקב איזלר), Der deutsche Beitrag zum Aufstieg Jaffas 1850-1914: Zur Geschichte Palästinas im 19. Jahrhundert, Wiesbaden: Harrassowitz, 1997, (Abhandlungen des Deutschen Palästina-Vereins; Bd. 22), p. 113. ISBN 3-447-03928-0.
  5. Ejal Jakob Eisler (איל יעקב איזלר), Der deutsche Beitrag zum Aufstieg Jaffas 1850-1914: Zur Geschichte Palästinas im 19. Jahrhundert, Wiesbaden: Harrassowitz, 1997, (Abhandlungen des Deutschen Palästina-Vereins; Bd. 22), pp. 113seq. ISBN 3-447-03928-0.
  6. Walter Killy und Rudolf Vierhaus (Hg.): Deutsche Biografische Enzyklopädie. München 1996, Bd. 4, S. 380. Online unter www.bundesarchiv.de
  7. Ejal Jakob Eisler (איל יעקב איזלר), Der deutsche Beitrag zum Aufstieg Jaffas 1850-1914: Zur Geschichte Palästinas im 19. Jahrhundert, Wiesbaden: Harrassowitz, 1997, (Abhandlungen des Deutschen Palästina-Vereins; Bd. 22), pp. 113seq., auch Fußnote 479 auf den selben Seiten. ISBN 3-447-03928-0.
  8. Vom Land um den Asperg im Namen Gottes nach Palästina und Australien, Vortrag von Prof. Dr. Paul Sauer, 20. Oktober 1995

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