Königliches Zellengefängnis Hannover

Königliches Zellengefängnis Hannover
Um 1872: Das Königliche Zellengefängnis hinter dem Hauptbahnhof. Die Alte Celler Heerstraße führt im Bild nach rechts unten hinaus. Stich (Ausschnitt) aus der Illustrirten Zeitung von 1872 nach einer Zeichnung von Carl Grote.

Das Königliche Zellengefängnis war ein Gefängnis in Hannover, das teilweise auf dem Gelände des heutigen Raschplatzs und des Pavillons lag. In dem auch als „Gerichtsgefängnis“ bezeichneten Bau konnten mehr als 800 Häftlinge aufgenommen werden. In der Anstalt wurde der Serienmörder Fritz Haarmann hingerichtet. Hier saß der KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann während der NS-Zeit jahrelang in Isolationshaft.

1963 wurde die Justizvollzugsanstalt Hannover an der Schulenburger Landstraße als Ersatz bezogen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Königliches Zellengefängnis

1865–1875 wurde das „Königliche Zellengefängnis“ auf dem hinter dem Hauptbahnhof Hannover gelegenen, damals noch unbebauten „Steintorfeld“ errichtet. Architekt war spätere Geheime Baurat Eduard Schuster. Der vornehmlich im Rundbogenstil bauende Architekt in hannoverschen Staatsdiensten schuf hier zwischen der Alten Celler Heerstraße (heute: Beginn der Lister Meile) und der Leonhardtstraße einen frühen deutschen Bau im so genannten „Radialstil“.

Das Gefängnis war für zunächst 274 Männer und 17 Frauen vorgesehen, wurde aber bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts mehrfach erweitert und konnte zuletzt mehr als 800 Häftlinge aufnehmen.

Am 15. April 1925 wurde im Gefängnishof der Serienmörder Fritz Haarmann durch Enthaupten mit dem Fallbeil hingerichtet.[1] Noch bis 1937 war das Gefängnis zugleich Richtstätte.

Vom 13. August 1937 bis zum 11. August 1943 war der KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann hier der prominenteste Häftling.

Nach den Luftangriffen auf Hannover im Zweiten Weltkrieg wurde 1963 das Raschplatzviertel neu gestaltet, die Hamburger Allee weitergebaut und hierfür das ehemals inmitten der Stadt gelegene Gefängnis abgerissen.

Gedenken

Mahnmal Gerichtsgefängnis

An einer Stelle der 1963 abgerissenen Gebäude erinnert das 1989 errichtete Mahnmal Gerichtsgefängnis von Hans-Jürgen Breuste an die verschiedenen Opfergruppen der Nationalsozialisten. Es steht am Beginn der Lister Meile, auf der Seite des dem Bahnhof zugewandten Pavillon-Eingangs.

Literatur

  • Arnold Nöldeke: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. Stadt Hannover, 2 Teile, 1932; hier: S. 716 ff.
  • Heinrich Deichert: Zur Geschichte der peinlichen Rechtspflege im alten Hannover, in: Hannoversche Geschichtsblätter, Bd. 15 (1912), S. 97–175
  • Orte der Erinnerung, S. 45 ff. und 53
  • Günter Gebhardt: „Gefängnisse und Richtstätten in Hannover“, in: Militärwesen, Wirtschaft und Verkehr in der Mitte des Kurfürstentums und Königreichs Hannover 1692–1866. Studien zur niedersächsischen Landesgeschichte, Bd. 1, ibidem (Edition Noëma), Stuttgart 2010, S. 67 ff. ISBN 978-3-8382-0184-9
  • Klaus Mlynek in: Stadtlexikon Hannover, S. 206
  • Ulrike Puvogel und Martin Stankowski (unter Mitarbeit von Ursula Graf): Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Eine Dokumentation. Bd. I, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage des 1987 erschienenen Bandes 245 der Schriftenreihe (Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein; Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1995, ISBN 3-89331-208-0; hier: S. 418
  • Das ehemalige Gerichtsgefängnis Hannover 1933–1945 – kein Anlass zur Mahnung?; in: Antifaschistische Reihe, Hrsg.: Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten – Niedersachsen e.V., Kreisvereinigung Hannover, Rolandstraße 16, Hannover, „Eigendruck Hannover 1988“ (Broschüre)
  • Gudrun Hennke: Rundgang 14, Bummelparadies und Träume von einer besseren Welt, Oststadt, 2. Gerichtsgefängnis; in: Hannover zu Fuß, 18 Stadtteilrundgänge durch Geschichte und Gegenwart, Hrsg: Ingo Bultmann, Thomas Neumann und Jutta Schiecke, VSA-Verlag, Hamburg 1989, ISBN 3-87975-471-3; hier: S. 195
  • Rainer Hoffschildt: Gedenkrede am Mahnmal Gerichtsgefängnis in Hannover zum 8. Mai, 8. Mai 2010 (Manuskript)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Der am 25. Oktober 1879 in Hannover geborene Kaufmann Haarmann gelangte am 23. Juni 1924 in Untersuchungshaft und wurde bis zum 16. August im Gerichtsgefängnis an der Leonhardtstraße 1 vernommen. Ab dem 29. Juni gab er schrittweise zu, seit 1918 zahlreiche junge Männer getötet, sie zerstückelt und beseitigt zu haben. (Blazek, Matthias: Haarmann und Grans – Der Fall, die Beteiligten und die Presseberichterstattung. ibidem, Stuttgart 2009, S. 13, ISBN 978-3-89821-967-9.)
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