Glücksspielstaatsvertrag

Glücksspielstaatsvertrag
Basisdaten
Titel: Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland
Kurztitel: Glücksspielstaatsvertrag
Abkürzung: GlüStV
Art: Staatsvertrag
Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Datum des Gesetzes:
Inkrafttreten am: 1. Januar 2008
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (kurz Glücksspielstaatsvertrag oder GlüStV) ist ein Staatsvertrag zwischen allen sechzehn deutschen Bundesländern, der bundeseinheitliche Rahmenbedingungen für die Veranstaltung von Glücksspielen schafft.[1] Er trat am 1. Januar 2008 in Kraft.

Ziel ist es, die Spielsucht zu bekämpfen bzw. ihre Entstehung bereits zu verhindern und hierbei insbesondere den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten. Hierzu soll das Glücksspielangebot begrenzt und in geordnete Bahnen gelenkt werden und die ordnungsgemäße Durchführung von Glücksspielen sichergestellt werden, um so auch betrügerische Machenschaften und sonstige Folge- und Begleitkriminalität illegalen Glücksspiels abzuwehren.

Der Glücksspielstaatsvertrag folgt den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts[2]. Demnach ist das staatliche Glücksspielmonopol nur durch eine konsequente und glaubhafte Erfüllung der staatlichen Suchtprävention zu rechtfertigen.

Online-Glücksspiel ist durch den GlüStV generell verboten, siehe Glücksspielstaatsvertrag Paragraph 4 Sektion 4: „Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten.“[3]

Inhaltsverzeichnis

Kritik

Da der Glücksspielstaatsvertrag entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nur das staatliche Monopol regelt, bleibt der Bereich der gewerblich betriebenen Spielautomaten dort unberücksichtigt. Dies wird von Betreibern einiger Spielbanken stark kritisiert: „Die Zocker wandern in Automatenhallen, Wettbüros und ins Internet ab. Das staatlich kontrollierte Glücksspiel rutscht 2010 erstmals in die roten Zahlen.“[4]

Urteil des EuGH

In seinem Urteil vom 8. September 2010 hat der Europäische Gerichtshof entschieden[5], dass das im aktuellen Glücksspielstaatsvertrag verankerte Sportwettmonopol für staatliche Anbieter nicht gerechtfertigt ist. Zur Begründung verwies er u. a. auf intensive Werbekampagnen der Inhaber des staatlichen Glücksspielmonopols, die der Suchtprävention als notwendiger Grundlage eines Glücksspielmonopols zuwiderlaufen würden.

Entwurf für einen Änderungsvertrag

Der als Entwurf vorliegende Glückspieländerungsstaatsvertrag (Stand Oktober 2011[6]) soll u. a. das Vertriebsverbot für Lotto über das Internet beenden, einen grenzüberschreitenden Lotto-Jackpot ermöglichen und Spielbank-Werbung wieder ermöglichen. Private Anbieter von Sportwetten sollen sich um insgesamt 7 Konzessionen bemühen können. In Bezug auf gewerbliche Spielautomaten soll für Spielhallen eine zusätzliche Erlaubnispflicht eingeführt werden, auch für bereits bestehende. Verbände der Automatenwirtschaft sehen dies als existenzgefährdend an.[7] Einzelne Politiker verschiedener Parteien kritisierten die für Online-Casinos vorgesehenen Websperren.[8][9] Daraufhin wurden diese aus dem Entwurf gestrichen.[10]

Nicht am Glücksspielstaatsvertrag beteiligen wird sich Schleswig-Holstein, dessen Landtag am 14. September 2011 ein „Gesetz zur Neuordnung des Glücksspiels“ verabschiedete.[11][12] Das Gesetz belässt es beim staatlichen Veranstaltungsmonopol für Lotto, aber die Beschränkungen bei Vertrieb und Werbung werden weitgehend aufgehoben. Private Anbieter für Sportwetten und Online-Casinos können vom Bundesland Lizenzen für jeweils fünf Jahre erwerben. Das Gesetz wurde kontrovers diskutiert. Die Regierung begründete die Neuregelung mit von ihr erwarten jährlichen Lizenzabgaben in Höhe von 40 bis 60 Millionen Euro, der Schaffung von Arbeitsplätzen und dem verbreiteten Glücksspiel im Internet. Andere Bundesländer kritisierten die Regelung hingegen. Die Opposition warf der Regierung vor, Vorschlägen der Lobby privater Glücksspielanbieter gefolgt zu sein, ohne die Gefahren der Spielsucht zu beachten.[13]

Auch die aktuellen Entwicklungen auf EU-Ebene könnten Änderungen für die deutsche Gesetzgebung mit sich bringen. Im März 2011 stellte die Europäische Kommission das Grünbuch „Online-Glücksspiele im Binnenmarkt“[14] vor, welches einen Konsultationsprozess zur künftigen Regulierung des Online-Glücksspiel-Marktes in der EU einleitete. Aktuell berät der Ausschuss Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) des Europäischen Parlaments über weitere legislative Schritte. Grundlage ist der Berichtsentwurf[15] von Jürgen Creutzmann (ALDE) vom 22. Juni 2011. Die endgültige Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments wird voraussichtlich Mitte November stattfinden.[16]

Literatur

  • Johannes Dietlein, Manfred Hecker, Markus Ruttig (Hrsg.): Glücksspielrecht. Glücksspielstaatsvertrag, § 284 StGB, §§ 33c ff. GewO, SpielVO, RennwLottG, GG, EGV, GATS, EV/SlgLottVO-DDR u.a. Kommentar. C.H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-58093-2.
  • Luca Rebeggiani: Deutschland im Jahr Drei des GlüStV - Reformvorschläge zur Regulierung des deutschen Glücksspielmarktes[1], Hannover 2010.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland. Abgerufen am 15. Februar 2011.
  2. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 zum staatlichen Sportwettenmonopol
  3. Gesetz zum Glücksspielstaatsvertrag, Hamburg
  4. Tagesspiegel – Nichts geht mehr in Berlins Spielbanken und Erwiderung der AWI Automaten-Wirtschaftsverbände-Info GmbH dazu.
  5. Aktenzeichen C-316/07 (Online)
  6. Glückspieländerungsstaatsvertrag, Entwurfsfassung 14. April 2011
  7. AWI: Glücksspielstaatsvertrag-Novelle gefährdet 70 000 Arbeitsplätze, Automatenmarkt Online
  8. § 9, Abs. 1, Satz 3, Nr. 5: [Die zuständige Behörde kann insbesondere] Diensteanbietern im Sinne des Telemediengesetztes, insbesondere Zugangsprovidern und Registraren, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung am Zugang zu den unerlaubten Glücksspielangeboten untersagen. Das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 der Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt ...
  9. Wachsende Kritik am geplanten Glücksspielstaatsvertrag mit Websperren, Heise-Online
    Spielchen mit Netzsperren, taz.de, 12. April 2011
  10. Glückspieländerungsstaatsvertrag, Entwurfsfassung 6. Oktober 2011
  11. Drucksache 17/1785, Schleswig-Holscheinischer Landtag
  12. Urlich Exner: Kieler Glücksspielgesetz blamiert andere Bundesländer, Welt-Online, 14. September 2011
  13. ZEIT, AFP, dpa: Schleswig-Holstein öffnet Glücksspielmarkt, 14. September 2011
  14. Grünbuch der Europäischen Kommission „Online-Glücksspiele im Binnenmarkt“ – SEK(2011) 321 –, online (PDF, 196,5 kB).
  15. Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz: Entwurf eines Berichts über Online-Glücksspiele im Binnenmarkt (2011/2084(INI)); Berichterstatter: Jürgen Creutzmann, online (PDF, 169,5 kB).
  16. Online-Glücksspiele im Binnenmarkt: Verbraucher schützen, Sucht vorbeugen, Kriminalität bekämpfen – EP-Berichterstatter im Dialog mit Jürgen Creutzmann. Netzwerk Europäische Bewegung Deutschland, abgerufen am 27. September 2011.
Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

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