Hans Ziegenfuß

Hans Ziegenfuß

Hans Ziegenfuß (* 1942; † 17. April 2009 in Bremen) war ein deutscher Gewerkschaftsführer.

Der gelernte Schlosser und Schiffbauer war auf der bremischen Großwerft AG Weser beschäftigt und dort als aktives Mitglied der IG Metall Betriebsratsvorsitzender. Zudem saß er als Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat der Friedrich Krupp AG. Anfang der 1980er Jahre geriet die Werft in massive wirtschaftliche Schwierigkeiten, sodass die Insolvenz drohte. Ziegenfuß organisierte Massendemonstrationen der 2000 Mitarbeiter und am 9. September 1980 trat der Betriebsrat aus Protest gegen ein vorgelegtes Konzept des Vorstandes zurück. Dieses sah unter anderem 500 Entlassungen vor und wäre laut Ziegenfuß der „Anfang vom Ende“ gewesen. Mit der Verwirklichung sei eine Weiterführung der Werftarbeit kaum noch möglich gewesen und ein weiterer Schritt in Richtung Stilllegung getan. Die Schließung der AG Weser zum 31. Dezember 1983 war allerdings nicht mehr abzuwenden und unter Ziegenfuß' Führung besetzten die Arbeiter im September das Betriebsgelände. Auf einer Streikversammlung am 23. September 1983, zwei Tage vor den Bürgerschaftswahlen, warf er sein SPD-Parteibuch demonstrativ und medienwirksam vor dem anwesenden Präsidenten des Senats und Bürgermeister Hans Koschnick auf den Tisch und erklärte:

„Ich hab', damit es vollständig ist, vorher noch die letzten Marken eingeklebt, aber ich geb' dir hiermit mein Parteibuch zurück und lege meine Mandate nieder.“

– Nachruf in der metallzeitung 6/2009, S. 29[1]

Mit dieser Aktion erlangte Ziegenfuß bundesweite Bekanntheit, auch wenn ihn der Bundesvorstand der IG Metall in Frankfurt am Main für die Besetzung scharf kritisierte. Auf einem Gewerkschaftskongress im Oktober kam es deswegen zu erheblichen Spannungen zwischen einer Gruppe von Betriebsräten mit Ziegenfuß in ihren Reihen und dem Vorstand.

Fast genau fünf Monate später stand er abermals im Mittelpunkt des Interesses: Am 25. Februar 1984 debattierten 173 bremische Gewerkschafter auf der Vertreterversammlung. Der bis dato seit 16 Jahren amtierende Bevollmächtigte der IG Metall in der Hansestadt Arno Weinkauf war massiv in die Kritik geraten und einer der Delegierten schlug Ziegenfuß als Gegenkandidaten bei der Wiederwahl vor. Daraufhin schaltete sich unerwarteterweise der Bezirksleiter Otto vom Steeg ein und berichtete, dass Ziegenfuß seine Tantiemen aus der Tätigkeit bei Krupp nicht ordnungsgemäß abgeführt habe. Dieser rechtfertigte sich mit dem Hinweis, er habe das Geld für Betriebsratsarbeit und Paket-Aktionen an die polnische Bevölkerung ausgegeben. Die Teilnehmer der Versammlung reagierten empört auf das Eingreifen vom Steegs und verurteilten dieses aufs Schärfste. Es kam zu einer Kampfabstimmung, die Ziegenfuß mit 86 zu 81 Stimmen für sich entscheiden konnte, so dass er zum neuen ersten Bevollmächtigten der Gewerkschaft in Bremen ernannt wurde. Seine ehemaligen Werftkollegen sahen den Aufstieg von Ziegenfuß in der Gewerkschaft teilweise kritisch. Sie führten an, dass er mit seinem Versuch, eine Wiederwahl Koschnicks zu verhindern gescheitert sei und dennoch im Gegensatz zu ihnen mit einem sicheren Arbeitsplatz bedacht werde.[2] Er wechselte allerdings bald darauf in die Bezirksleitung der Gewerkschaft nach Hannover. Bis zu seinem Vorruhestand im Jahre 2004 betreute er dort vornehmlich die Branche Stahl und war lange Zeit stellvertretender Gesamtbetriebsratsvorsitzender der IG Metall.

2009 starb Hans Ziegenfuß im Alter von 66 Jahren im Zuge einer Herzoperation.

Publikationen

Einzelnachweise

  1. Nachruf in der metallzeitung. Ausgabe 6/2009, S. 29.
  2. Helgard Kähne: „Krach um den Sieger“. In: Die Zeit. Nr. 10, 2. März 1984.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Ziegenfuß (Familienname) — Der Familienname Ziegenfuß, (im Amerikanischen auch Zickefoose, Sigafoes, Sickafaus, Zeigenfuse usw. geschrieben), lässt sich bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen. Er ist ein relativ seltener Name, der in Deutschland insgesamt ca. 150 mal vor… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans R. G. Günther — Hans Richard Gerhard Günther (* 20. Juli 1898 in Berlin; † 30. Oktober 1981 in Garmisch Partenkirchen) war ein deutscher Professor für Philosophie. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Schriften 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • 17. April — Der 17. April ist der 107. Tag des Gregorianischen Kalenders (der 108. in Schaltjahren), somit bleiben 258 Tage bis zum Jahresende. Historische Jahrestage März · April · Mai 1 2 …   Deutsch Wikipedia

  • 2009 — Portal Geschichte | Portal Biografien | Aktuelle Ereignisse | Jahreskalender ◄ | 20. Jahrhundert | 21. Jahrhundert     ◄ | 1970er | 1980er | 1990er | 2000er | 2010er       ◄◄ | ◄ | 2005 | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010… …   Deutsch Wikipedia

  • AG Weser — Modell des AG Weser Geländes mit dem typischen Paar Portalkränen Die Aktien Gesellschaft „Weser“ (umgangssprachlich oft nur AG Weser genannt) war eine Schiffswerft in Bremen. Sie entstand 1872 und wurde 1983 als Folge weltweiter Überkapazitäten… …   Deutsch Wikipedia

  • Arno Weinkauf — (* 25. März 1927 in Kreuz (Pommern); † 2. Januar 2003 in Bremen) war ein deutscher Gewerkschaftssekretär und Politiker (SPD). Biografie Weinkauf absolvierte von 1941 bis 1943 eine Lehre als Flugzeugbauer. Danach war er Soldat, Kriegsgefangener… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Zi — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Abgeordnete des 6. Landtags von Nordrhein-Westfalen — Abgeordnete des 6. Landtags Nordrhein Westfalen in der Legislaturperiode vom 24. Juli 1966 bis zum 25. Juli 1970. Parlaments und Fraktionsvorsitzende Landtagspräsident: John van Nes Ziegler (SPD) Fraktionsvorsitzende: SPD: Heinz Kühn, ab 9.… …   Deutsch Wikipedia

  • Abgeordnete des 7. Landtags von Nordrhein-Westfalen — Die Abgeordneten des nordrhein westfälischen Landtags in der 7. Wahlperiode vom 26. Juli 1970 bis zum 27. Mai 1975 Parlaments und Fraktionsvorsitzende Landtagspräsident: Wilhelm Lenz (CDU) Fraktionsvorsitzende: SPD: Fritz Kassmann CDU: Heinrich… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Soziologen — Bekannte Soziologen und Soziologinnen Sachbeiträge zur Soziologie siehe auf der zugehörigen Themenliste und der Liste bahnbrechender soziologischer Publikationen; allgemein ist auf das Portal:Soziologie zu verweisen. A Esko Aaltonen Nermin Abadan …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”