Heilige Familie (Berlin-Prenzlauer Berg)

Heilige Familie (Berlin-Prenzlauer Berg)
Pfarrkirche Heilige Familie
Adresse Berlin, Wichertstraße 22/23
Konfession römisch-katholisch
Gemeinde Pfarrgemeinde Berlin
Aktuelle Nutzung Pfarrkirche
Gebäude
Baujahr(e) 1928–1930
Stil Kubismus

Die Pfarrkirche Heilige Familie im Berliner Ortsteil Prenzlauer Berg des Bezirks Pankow ist ein römisch-katholisches Gotteshaus. Es wurde 1930 eingeweiht und stammt von dem Architekten Carl Kühn.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Seit dem 4. Oktober 1903 bestand in der Pappelallee eine Seelsorgestelle beim heutigen Sankt-Josefsheim. Im Jahre 1904 teilte sich die bisherige Herz-Jesu-Gemeinde und es wurde die eigenständige katholische Kirchengemeinde gegründet, weil sich durch Zuwanderung vor allem aus ehemaligen östlichen deutschen Provinzen die Einwohnerzahl Berlins enorm vergrößert hatte. Der Bau einer neuen Gottesdienststätte wurde erforderlich, wozu Gelder eingeworben und ein Grundstück südwestlich der Wichertstraße angekauft wurde. Am 1. August 1920 erhielt die Gemeinde den Status als Pfarrei zuerkannt.

Der Grundstein für den noch heute bestehenden Kirchbau wurde am Martinstag 1928 durch den damaligen Weihbischof Josef Deitmer gelegt. Die Baupläne stammten vom Hehl-Schüler Carl Kühn. Zwei Jahre später konnte, nachdem bereits am 27. April 1930 die Glockenweihe erfolgt war, Bischof Christian Schreiber die Kirche mit dem Patrozinium Heilige Familie – Friedensgedächtniskirche weihen. Mit dem Einbau einer Orgel aus der Sankt-Hedwigs-Kathedrale war 1931 die Kirche fertiggestellt.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges erlitten Pfarr- und Vorderhaus am 18. März 1945 schwere Bombenschäden, von denen auch die Kirche in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Erst 1961 konnte mit einer umfassenderen Renovierung der Kirche begonnen werden.

Nach dem Mauerfall erfolgte die Umgestaltung des Kircheninneren und es erhielt sein heutiges Erscheinungsbild. Die Altarweihe datiert auf den 9. Mai 1993. Am 26. September 1998 konnte die rekonstruierte Orgel wieder in Betrieb genommen werden. Strukturreformen im Erzbistum Berlin führten 2003 zur Fusion mit der Gemeinde St. Augustinus.[1]

Architektur

Der gesamte Baukörper wird dem Kubismus zugeordnet. Er wurde aufgemauert und mit Klinkern verblendet. Das Hauptportal befindet sich hinter einer vorgelagerten offenen Eingangshalle mit zwei hufeisenförmigen Portalöffnungen. Beidseitig schließen sich fünfgeschossige Wohnbauten an, die im gleichen Stil und mit gleichem Baumaterial errichtet wurden.

Baukörper

Die Grundfläche der Kirche beträgt 24 m x 14 m. Sie wendet ihre Schmalseite der Straße zu. Das Hauptschiff ist ein verputzter Ziegelbau im Stil einer Basilika. Das 15 m hohe Mittelschiff besitzt ein Tonnengewölbe und ist saalähnlich gestaltet. Auch die beiden Seitenschiffe, jeweils 3 m breit, sind tonnengewölbt. Vergoldete Klinker im Inneren betonen vor allem die Pfeiler und Wandvorlagen zwischen den Arkadenöffnungen.

Turm und Geläut

Die Pfarrkirche Heilige Familie beherrscht mit ihrem kompakten 40 m hohen und in drei abgestuften Quadern ausgeführten querrechteckigen Turm das Bild der Straße und des dahinter liegenden Humannplatzes. Er soll einen „betenden Riesen“ symbolisieren. Vier bronzene Glocken im Turm läuten zum Gottesdienst, jeweils um 12 Uhr und 18 Uhr zum Gebet des Angelus (Engel des Herrn), oder bei besonderen Anlässen.[2]

Glocken
Nr. Name Nominal
(16tel)
Gewicht
(kg)
Durchmesser
(cm)
Inschrift
1 Christus König C 2700
2 Maria Es 1300
3 Joseph F 1100
4 Maria Magdalena As 600

Innenausstattung

Mitten im Raum steht das Kreuz – ein Pfahl mit dem aus Leiden und Tod auferstandenen Jesus Christus.

Altarraum

Im Zentrum des Kirchenhauptschiffes befindet sich der ehemalige Hochaltar, der noch original aus der Bauzeit erhalten ist und aus reliefierter Eiche besteht. Die Retabel (Altarrückwand) zeigt Gott Vater und den Heiligen Geist, umgeben von der Heiligen Familie als Namenspatronin der Kirche: das Kind Jesus Christus, Maria und Josef. Weiter zeigt das Bild den König David und den Propheten Jesaja. Die Mitte der Altarrückwand enthält den Tabernakel mit einem immerwährenden Licht, in dem das eucharistische Brot aufbewahrt wird. Der quadratische Altartisch vor dem Hochaltar dient der Eucharistiefeier. Ein Ambo, ein Taufbrunnen, hölzerne Schnitzfiguren von Maria und Josef komplettieren die polygonale Altarapsis.[2][3]

Kanzel

Zwischen den ersten beiden Seitenpfeilern links neben dem Altarraum befindet sich die Kanzel, auf Messingtafel geschmückt mit den Symbolen der vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, die jedoch nicht mehr im Gottesdienst benutzt wird. Im Eingangsbereich der Kirche ist in einer Nische die Friedensgedächtniskapelle eingerichtet. Seit 1981 schmückt eine Pietà die kleine Kapelle; sie ist die Kopie eines spätgotischen Kunstwerks, dessen Original in Bergheim bei Köln steht. An diesem Ort sollen die Besucher besonders an die sinnlosen Opfer der Kriege erinnert und für Aktivitäten zur Friedenssicherung ermuntert werden.

Orgel

Auf der Empore befindet sich eine von der Firma Johannes Kircher (Heidelberg) umgesetzte und erweiterte Orgel, die 1998 hier aufgestellt wurde.[2]

I Hauptwerk C–g3
17 Bourdon 16′
18 Principal 8′
19 Offenflöte 8′
20 Praestant 4′
21 Gedacktflöte 4′
22 Superoctave 2′
23 Cornett V (ab f) 8′
24 Mixtur V 2′
25 Trompete 8′
26 Clairon 4′
II Schwellwerk C–g3
27 Gedackt 16′
28 Principal 8′
29 Gemshorn 8′
30 Bourdon 8′
31 Salicional 8′
32 Vox coelestis (ab c) 8′
33 Principal 4′
34 Flöte 4′
35 Sesquialter II 22/3
36 Blockflöte 2′
37 Octavin 1′
38 Scharf IV–V 1′
39 Basson 16′
40 Trompette 8′
41 Clarinette 8′
42 Tremulant (einstellbar)
III Positiv (schwellbar) C–g3
1 Holzgedackt 8′
2 Rohrflöte 8′
3 Spitzflöte 4′
4 Principal 2′
5 Terz 13/5
6 Quinte 11/3
7 Cymbel III 2/3
8 Vox humana 8′
9 Tremulant (einstellbar)
Pedal C–
43 Groß Principal 32′
44 Principalbaß 16′
45 Violonbaß 16′
46 Subbaß 16′
47 Quintbaß 102/3
48 Octavbaß 8′
49 Cellobaß 8′
50 Gedacktbaß 8′
51 Octave 4′
52 Choralflöte 4′
53 Nachthorn 2′
54 Hintersatz IV 22/3
55 Bombarde 16′
56 Posaune 16′
57 Trompete 8′
58 Clarine 4′
  • Koppeln: 10 I/P; 11 II/P; 12 III/P; 13 II/I; 14 III/I; 15 III/II.
  • 16 Glockenspiel.

Weitere Ausstattungsstücke

Zu den sonstigen Prinzipalien gehört eine Serie von 14 Bronzereliefs mit der Darstellung des Leidensweges Jesu’. Die Tafeln wurden 1934 in der Werkstatt von Josef Dorls hergestellt.[4] Von ihm stammt auch der Hochaltar. – Kreuz, Altar, Ambo und Taufbrunnen wurden 1992/93 vom Bildhauer Friedrich Koller aus Laufen in Oberbayern im Auftrag der Gemeinde neu geschaffen.[2]

Literatur

  • Katholischen Kirchengemeinde Heilige Familie Berlin, Dieter Thar, Gabriele Kasten (Hrsg.): 50 Jahre Pfarrkirche Heilige Familie Berlin – Prenzlauer Berg. Geschichte und Gegenwart der Pfarrgemeinde 1930–1980. Berlin 1980.
  • Katholische Pfarrgemeinde Heilige Familie (Berlin) und Horst Purkart (Hrsg.): 75 Jahre katholische Pfarrkirche „Heilige Familie“ Berlin-Prenzlauer Berg. Berlin 2005.
  • Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-I. Henschelverlag, Berlin 1984, S. 398ff.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Chronik zur Kirche Heilige Familie
  2. a b c d Nach einer im Dezember 1998 von Konrad Janiszewski, ehem. Pfarrer der Kirche Heilige Familie, veröffentlichten Darstellung.
  3. Die Baudenkmale, S. 399
  4. Detail und Abbildung der Bronzetafeln in dieser Kirche auf Erzbistumberlin.de, abgerufen am 31. Juli 2011
52.54813.4214

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