Herbert Franz Jacoby

Herbert Franz Jacoby

Herbert Franz Jacoby (* 1939 in Kesten an der Mittelmosel, Rheinland-Pfalz) ist ein deutscher verurteilter Straftäter, der in den 1970er-, 1980er- und 1990er-Jahren bei 19 Raubzügen und Geiselnahmen gemeinsam mit Wilhelm Hudelmaier rund 20 Millionen Mark erbeutete. Bekanntheit erlangten Jacoby und Hudelmaier insbesondere durch die Entführung der Schlecker-Kinder, bei der sie mit 9,6 Millionen Mark die höchste Lösegeldsumme erpressten, die bislang in einem Entführungsfall in Deutschland gezahlt wurde.[1]

Leben

Herbert Franz Jacoby stammt aus dem rheinland-pfälzischen Weinort Kesten an der Mosel. Bis zu seiner Festnahme war er in das Dorfleben integriert und führte nach Außen das Dasein eines braven Mannes. Sonntags saß er beim Skat, in der Dorfschänke trank er regelmäßig sein Bier. Ein bürgerliches Leben mit Mutter, Freundin, Haus und Hund diente als Tarnung seiner kriminellen Karriere.[2] Bekannte beschrieben ihn als Gentleman, der allen immer geholfen habe, wenn es Probleme gab. Sogar seine Opfer erklärten später über Jacoby, dass er höflich und zuvorkommend gewesen sei.[3] In seiner Heimat wusste allerdings auch jeder, dass er zwei Jahrzehnte lang nie gearbeitet hatte.

Jacobys bekanntester und größter Fall war die Entführung der Schlecker-Kinder, bei der es der Polizei trotz einer fast 100 Mann starken Sonderkommission nicht gelang, Hinweise auf die Täter zu finden.[1] In ihrer Verzweiflung ermittelten die Beamten damals sogar im Kollegenkreis. Auch Anton Schlecker geriet in Verdacht, die Entführung seiner eigenen Kinder selbst inszeniert zu haben.[1] Insgesamt erbeutete Jacoby gemeinsam mit Hudelmaier bis zum Jahr 1998 rund 20 Millionen Mark, die überwiegend verprasst wurden – durch Spekulationen mit Immobilien, Optionsscheinen, mit Warentermingeschäften, seitens Hudelmaier aber vor allem durch eine luxuriöse Lebensweise.[4]

Nach seiner Festnahme erfuhr Jacoby wie auch Kompagnon Hudelmaier in den Medien eine zunehmend positive Darstellung. Er wurde beispielsweise als „Gentleman-Gangster“[5] beschrieben und habe auch vor Gericht nie den Eindruck erweckt, das ihm zugesprochene Gefährdungspotenzial zu besitzen. Mit einer gewissen Konfusion wurde jedoch vor allem das unerwartet hohe Alter des Gangsters wahrgenommen. Auch die Tatsache, mehr als zwei Jahrzehnte lang unerkannt ein Verbrechen nach dem anderen begangen zu haben sowie sein offensichtlicher Trickreichtum[5] wurden in der Öffentlichkeit mit Verblüffung zur Kenntnis genommen. Im Rahmen der Doku-Reihe Die großen Kriminalfälle wurde die Geschichte von Hudelmaier und Jacoby sogar verfilmt.[1]

Im Jahr 1999 wurde Herbert Franz Jacoby vom Landgericht Ulm zu dreizehneinhalb Jahren Haft verurteilt.[2] Die Richter hatten Jacobys umfassendes Geständnis berücksichtigt.[6]

Einzelnachweise

  1. a b c d Die Schlecker-Entführer DasErste.de, 16. Februar 2004.
  2. a b Zwei Berufsverbrecher mit großem Geldbedarf abendblatt.de, 16. Februar 2004.
  3. Die Schlecker-Entführer wandern bis zum Jahr 2013 hinter Gitter Berliner Kurier vom 23. März 1999.
  4. Zwei Angeklagte gestehen Tat Rhein-Zeitung Online, 18. Februar 1999.
  5. a b Roland May: Die Schlecker-Entführer. In: Helfried Spitra (Hrsg.): Die großen Kriminalfälle. Band 2: Der St. Pauli-Killer, der Ausbrecherkönig und neun weitere berühmte Verbrechen (= Piper 4477). Piper Verlag GmbH, München u. a. 2005, ISBN 3-492-24477-7, S. 164–179.
  6. Hohe Haftstrafen im Schlecker-Prozess Die Welt, 23. März 1999.

Weblinks


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