- Geiselnahme
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Eine Geiselnahme ist eine Straftat gegen die persönliche Freiheit und gegen die körperliche Integrität des Einzelnen.
Inhaltsverzeichnis
Kriminologische Abgrenzung zwischen Geiselnahme und Entführung
Kriminologen sprechen von Entführung, wenn der Aufenthalt des Opfers unbekannt ist, d.h. das Opfer an einen nur dem Täter bekannten Ort gebracht wurde. Dagegen ist Kennzeichen einer Geiselnahme, dass das Opfer (Geisel) sich an einem der Polizei bekannten Ort befindet und daran gehindert wird, diesen Ort zu verlassen.
Deutsches Strafrecht
Die Geiselnahme ist im deutschen Strafgesetzbuch in § 239b StGB geregelt.
Sie ist vom erpresserischen Menschenraub in § 239a StGB dadurch abzugrenzen, dass die Geiselnahme die Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt, während der erpresserische Menschenraub als Tatziel die Bereicherung durch Erpressung nennt. Die Geiselnahme gehört der Gruppe der Verbrechen (§ 12 StGB) an und zählt zu den Gewaltdelikten im engeren Sinn.
§ 239b Abs. 2 StGB verweist auf die Vorschriften beim erpresserischen Menschenraub, dies sind in § 239a Abs. 2 StGB der minder schwere Fall (Strafdrohung nicht unter einem Jahr Freiheitsstrafe), in § 239a Abs. 3 StGB der durch Leichtfertigkeit bei der Tat verursachte Tod des Opfers (Erfolgsqualifikation) – Strafdrohung lebenslange Freiheitsstrafe oder nicht unter zehn Jahren –, in § 239a Abs. 4 StGB die tätige Reue, die zu einer Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB führt.
Tatbestandsmerkmale
Die Tathandlungen sind das Entführen oder das Sichbemächtigen einer Person bzw. das Ausnutzen einer geschaffenen Nötigungslage. Es bedarf ferner einer Drohung mit einem schweren Übel, nämlich einer schweren Körperverletzung (also dem Verlust eines wichtigen Gliedes, des Seh- oder Hörvermögens oder der Fortpflanzungsfähigkeit) oder des Todes. Insofern ist eine Nötigung im Tatbestand (inklusive der notwendigen Nötigungsabsicht) enthalten.
Juristische Problempunkte
Probleme bereitet der Tatbestand wegen seiner hohen Strafdrohung, da auch minder schwere Fälle eine Mindeststrafe von 1 Jahr vorsehen. Hier tritt der Tatbestand in besonders gelagerten Fällen möglicherweise in ein Spannungsverhältnis mit dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip.
Die erfolgsqualifizierte Verwirklichung des Todes (§ 239b Abs. 2 in Verbindung mit § 239a Abs. 3 StGB) des Opfers kann auch dann bejaht werden, wenn die Geisel mittelbar, also beispielsweise durch eine missglückte Befreiungsaktion getötet wird.
Wegen der hohen Strafandrohung, die der eines Totschlags entspricht, wird der Tatbestand aus Opferschutzgründen (der Täter könnte die Geisel umbringen und hätte denselben Strafrahmen) restriktiv ausgelegt: Notwendig ist, dass die Entführung/Bemächtigung sich stabilisiert hat und der Täter diese Lage dann für die zweite Tathandlung ausnutzen will bzw. ausnutzt.
Weiterhin ist die Geiselnahme für ihre Probleme im Zusammenhang mit dem finalen Rettungsschuss bekannt. Um die Geisel zu schützen, kommen präventivrechtliche Vorschriften (also die des Gefahrenabwehrrechts) in Betracht, zugleich besteht aber auch das Verfolgungsinteresse des Staates, das repressivrechtliche Vorschriften zur Anwendung berechtigt. In der Regel ist aber von einem Schwerpunkt des präventiven Eingreifens der Polizei auszugehen.
Bei Straftätern, die die Geiselnahme verwirklicht haben, ist das Gericht berechtigt, die sog. „Führungsaufsicht“ nach § 239c StGB (in Verbindung mit § 68 StGB) zu verhängen.
Literatur
- Markus Immel: Die Gefährdung von Leben und Leib durch Geiselnahme (§§ 239a, 239b StGB), Berlin 2001, ISBN 3428104889
- Marko Brambach: Probleme des Tatbestandes des erpresserischen Menschenraubs und der Geiselnahme. Berlin 2000, ISBN 3428099362
- Markus Rheinländer: Erpresserischer Menschenraub und Geiselnahme (§§ 239a, 239b StGB): Eine Strukturanalyse. Münster 2000, ISBN 3825845451
- Sonja Christine Nikolaus: Zu den Tatbeständen des erpresserischen Menschenraubs und der Geiselnahme. Berlin 2003, ISBN 3830505361
- Bundeswehr Zentrum Innere Führung Hrsg.: Geiselhaft und Gefangenschaft 4/96 1. überarb Auflage Ausgabe Mai 1997
- Robert K. Spear, Michael D. Moak: Überleben als Geisel? ISBN 978-3924753610
Chronik von aufsehenerregenden Geiselnahmen
Einzelgeiselnahmen
- Im Dezember 1999 kommt es zu einer Geiselnahme in der Landeszentralbank in Aachen. Nach über 50 Stunden beendet die Polizei die Geiselnahme mit einem gezielten tödlichen Schuss.[1]
- 2009 nahmen französische Sony-Beschäftigte, deren Werk bei Bordeaux aufgegeben werden sollte, den Frankreich-Chef des Sony-Konzerns und den deutschen Personalchef als Geiseln.[2]
- 1995 nahmen fünf Täter im Berliner Bezirk Zehlendorf in einer Filiale der Commerzbank 16 Geiseln. Sie wurden in der Presse als die "Tunnelgangster von Berlin" bezeichnet.
Massengeiselnahmen (ohne Flugzeugentführungen)
Siehe auch
Weblinks
- § 12
- § 49
- § 239a
- § 239b
- Studienarbeit zum Thema Geiselnahmen & Stockholm-Syndrom
- Krimpedia: Geiselnahme
Commons: Geiselnahme – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWiktionary: Geiselnahme – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÜbersetzungenBitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten! Einzelnachweise
- ↑ Aachener Geiseldrama: Täter starb durch "finalen Rettungsschuss". Spiegel online, 22. Dezember 1999, abgerufen am 12. Mai 2001.
- ↑ Notfalls den Manager als Geisel nehmen. faz.net, 19. März 2009, abgerufen am 12. Mai 2011.
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