Hermann Hoffmann (Hörfunkmoderator)

Hermann Hoffmann (Hörfunkmoderator)

Hermann Hoffmann (* 22. Februar 1928 in Heilbronn; † 8. April 1997) war ein deutscher Hörfunkmoderator, Musiker und Komiker. Manche bezeichnen ihn als „Urvater der deutschen Radio-Comedy“.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Erste Versuche als „Querfunker“ unternahm Hoffmann mit 14 Jahren als Marinehelfer, indem er als Funker einer Flak-Batterie Frequenzen „missbrauchte“, um sie für Grüße an seine Kumpel zu nutzen. Nach dem Krieg begann er ein Musikstudium in Detmold. Bereits zwei Jahre später war er Kapellmeister und Korrepetitor am Staatstheater in Oldenburg. Mitte der 1950er-Jahre gründete Hoffmann einen Piratensender mit dem Namen „Sender Zitrone“, nachdem der Versuch fehlgeschlagen war, beim Norddeutschen Rundfunk anzufangen. Aus seiner berühmten Dachkammer in Celle sendete er ab 1955 monatelang schwarz sein Programm, bis er schließlich von der Post geortet und mit Verbot sowie einer Geldstrafe belegt wurde.

Nachdem die Polizei den Piratensender stillgelegt hatte, strahlte Hoffmann seine erste offizielle Sendung im Westdeutschen Rundfunk aus: am 29. Dezember 1962 wurde die erste Folge der „Dachkammer-Musik“ gesendet. Die Sendung blieb bis Anfang der 1980er-Jahre fester Bestandteil des WDR-Programms. Nach seinem Umzug 1967 nach Burgdorf bei Hannover richtete Hoffmann sich dort ein Tonstudio ein, in dem neben der „Dachkammer-Musik“ auch Sendungen wie „Unterhaltung am Wochenende“, „Sender Zitrone“ und diverse Schallplatten aufgenommen wurden.

In seiner „Dachkammer-Musik“ verkörperte Hoffmann mehrere Sprechrollen: Der leicht reizbare Ostfriese Otto de Vries, der gutmütige Schwabe Pankratius Schräuble, der ostpreußische Wirt Cäsar Schlotterbeck und noch viele andere Charaktere sowie Hoffmann selbst als Chef musizierten „zusammen“ alle 14 Tage samstags um 17:45 Uhr im WDR-Programm. Dabei entlarvte Hoffmann sich selber schon im Intro, wo er in bis zur Unverständlichkeit zunehmendem Tempo alle Aufgaben vorstellte – erledigt von Hermann Hoffmann. Insgesamt brachte es Hoffmanns „Dachkammer-Musik“ auf weit über 600 Folgen à 15 Minuten. Alles wurde in mühsamer Kleinarbeit von ihm selbst gesprochen, komponiert, gespielt und bearbeitet – komplett ohne Computer, die in dieser Zeit in der Audioproduktion noch nicht verwendet wurden.

Ähnliche Ton-Tricks kamen im „Sender Zitrone“ zum Einsatz. Per Tonband-Mitschnitt wurden illustre Gäste aus Politik, Show und Fernsehen „eingeladen“ und ihnen mittels Tricktechnik so manches Wort im Munde verdreht. Was heute am PC so mühelos erscheint, war damals harte Arbeit, die Hoffmann zur Freude der Radiohörer meisterte. Ob Erich Honecker, Franz Josef Strauß oder Karl-Heinz Köpcke – sie alle durften in dieser Sendung Nonsens erzählen, stottern oder sogar „singen“. Garniert wurde das Programm mit Musikstücken (meist Jazz oder Schlager), kleinen Rubriken und jeder Menge Witzen. Hoffmanns Sohn Thomas und seine Frau Renate halfen in kleinen Sprechrollen mit. Jeden Monat schickte er dienstags um 21:15 Uhr solch eine 45-Minuten-Show auf Sendung.

Hermann Hoffmann schuf auch etliche Parodien bekannter Musikstücke. Zeitgenössische Schlager wurden umgedichtet, zersägt und neu zusammengefügt oder neu eingespielt. Da wurde aus „Tanze Samba mit mir“ „Brate Eier mit mir“, und als größter Hit erwies sich die Vertextung des Bläserhits „The Floral Dance“ zu „Schwups ist der Papa mit der Hand wieder da“.

Nachdem die Sendungen im WDR Anfang der 80er Jahre aufgrund der diversen Umbrüche in der Radiolandschaft nach und nach erst nur recycelt, dann ganz abgesetzt wurden, wurde es stiller um den fröhlichen Musiker. Für die Satire-Sendung Reißwolf des NDR produzierte er seit Oktober 1983 die Sendung „Polit-Klimbim“, von der 649 Folgen ausgestrahlt wurden. 1990 produzierte er auch für das Fernsehen bei Extra drei. Beim Radio-"Messejournal" des NDR-Hannover war er ständiger Mitarbeiter. Auch als Schallplattenproduzent, im Videobereich und in der Werbung war er aktiv. Zwar versuchte er Mitte der 90er Jahre, sich mit einer an sämtliche Radiostationen in Deutschland verschickten Promotion-CD mit kurzen Sketchen aus seiner bekannten „Dachkammer“ wieder ins Gespräch zu bringen, doch trotz positiven Feedbacks gab es keine langfristigen Zusagen. Die Zeit des anspruchsvollen Einschaltradios mit langen Wortbeiträgen war nach Hoffmanns Ansicht vorbei: „In den Fünfzigern und Sechzigern war das Radio noch im Mittelpunkt. Wir haben es eingeschaltet, um Hörspiele zu hören. Dann saßen wir im Kreis und lauschten gespannt. Diese Funktion hat heute längst das Fernsehen übernommen. Für eine bestimmte Sendung schaltet heute keiner mehr das Radio an“. Seine Prognose sollte sich bewahrheiten: „Irgendwann wird es nur noch Autofahrer-Radio geben. Die Leute wollen einfach nicht mehr konzentriert Radio hören. Das ist wohl eine Generationenfrage“.

Ein Großteil der Aufnahmen und der Studiotechnik wurde nach Hoffmanns Tod nach Hamburg an die Firma Voxx Gesellschaft für Marketing und Beratung mbH entliehen. Hoffmann-Fans haben zudem seit Jahren ihre alten Radio-Aufnahmen gesichtet und bearbeitet. Eine Katalogisierung und Aufbereitung des Nachlasses durch digital aufgenommene und aufbereitete Originalbänder befindet sich kurz vor dem Abschluss, um das Andenken an einen der schöpferischsten Musik-Comedians zu bewahren.

Vom 6. Mai bis zum 17. Juni 2007 gab es im Stadtmuseum Burgdorf eine umfangreiche Ausstellung über das Leben und Schaffen von Hermann Hoffmann (Titel: "Du traust Dir ja was - Vom Wellenbummler aus der Dachkammer"). Mit modernster Technik wurden dem Besucher dabei auch Hörbeispiele unterschiedlichster Art vermittelt.

Übersicht der Sendungen und Parodien

Sendungen

  • Sender Zitrone
  • Eine kleine Dachkammer-Musik
  • Die Shit-Parade
  • Polit-Klimbim

Parodien (Auswahl)

  • Schwupps, ist der Papa mit der Hand wieder da („The Floral Dance“)
  • Kannst Du noch gerade gehen Lucille („You picked a fine time to leave me Lucille“, Kenny Rogers)
  • Brate Eier mit mir („Tanze Samba mit mir“, Tony Holiday)
  • Die Oma („Ti amo“, Howard Carpendale)
  • Das bißchen Saustall („Das bißchen Haushalt“, Johanna von Koczian)
  • Mama will ohne („Mama Leone“, Bino)
  • Die Plombe, die kracht („Die Blumen der Nacht“, Costa Cordalis)
  • Du wirst wieder Wanzen seh'n („Du wirst wieder tanzen geh'n“, Chris Roberts)
  • Hey Marie, ich brauch' mehr Schlaf („Hey Boss, ich brauch' mehr Geld“, Gunter Gabriel)
  • Die kleine Heike („Die kleine Kneipe“, Peter Alexander)
  • Nieren haben keine Türen („Herzen haben keine Fenster“, Elfi Graf)
  • Der Junge mit dem Mundgeruch ist da („Der Junge mit der Mundharmonika“, Bernd Clüver)
  • Du hast sechs Zeh'n („Du bist sechzehn“, Benny, orig.: „You're Sixteen“, Ringo Starr)
  • Rocky (Frank Farian)
  • Tränen lügen nicht (Meine Herta) ("Tränen lügen nicht", Michael Holm)

Weblinks


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