Russische Botschaft (Braunschweig)

Russische Botschaft (Braunschweig)
Nordseite der Russischen Botschaft
Südseite, vom Innenhof Bankplatz 8 gesehen.
Eingangsbereich in den Saal, mit Empore.

Das im Volksmund Russische Botschaft[1] genannte, unter Denkmalschutz stehende Fachwerkhaus befindet sich in der Jakobstraße 1a im Braunschweiger Weichbild Altstadt. Es wurde 1561 erbaut und ist das größte von Beschädigungen durch den Zweiten Weltkrieg verschont gebliebene und bis heute erhaltene Holzgebäude der Stadt.[2].

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Jakobstraße war einst die direkte Verbindung zwischen dem Eiermarkt und dem Kohlmarkt. 1561 ließen dort Jobst Kale († 1584), Bürgermeister der Altstadt und dessen Ehefrau Anna Wolemann († 1588) ein dreigeschossiges Fachwerkhaus für sich erbauen. Das Haus diente sowohl als Wohn- als auch als Speichergebäude. Es ist einige Meter von der Straße zurück gesetzt. An der nördlichen Fassadenseite zur Jakobstraße befindet sich der in lateinischen Versalien verfasste Leitspruch der Reformation „VERBUM DOMINI MANET IN ETERNAM AMEN“ [sic!] (Des Herrn Wort währet ewiglich, amen) sowie die Datierung und die Wappen des Bauherren und seiner Frau. Ansonsten ist die nördliche Hausseite schmucklos. Die Schauseite des Bauwerkes ist die zum Innenhof des Gebäudes Bankplatz 8 zeigende Südseite.

Das Haus wurde von 1866 bis 1966 von Verlag und Druckerei Joh. Heinr. Meyer genutzt. 1902 wurde dazu ein zusätzliches Vorderhaus errichtet, dass 1970 wieder abgerissen wurde.[2] Um 1711 entstand in dem Gebäude ein großer Saal, der zwei Etagen hoch ist, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts neu ausgestattet wurde und noch heute besteht.

„Russische Botschaft“

Dieser Saal soll dem Sondergesandten des russischen Zaren Peters des Großen während eines längeren Aufenthaltes in Braunschweig als Residenz gedient haben.[1] Der Sondergesandte befand sich zur Aushandlung eines Ehevertrages in der Stadt, da Charlotte Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel, zweite Tochter des Welfen-Herzogs Ludwig Rudolf und Nichte Herzog Anton Ulrichs mit Zarewitsch Alexej Petrowitsch vermählt werden sollte. Nach erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen fand die Hochzeit in Anwesenheit Zar Peters des Großen am 14. Oktober 1712 in Torgau statt.[3]

Studentenwohnheim

Anfang der 1970er Jahre erwarb das Studentenwerk Braunschweig das Gebäude und ließ es nach Entwürfen des Braunschweiger Architekten Justus Herrenberger zu einem Wohnheim für studentische Ehepaare umbauen. Es entstanden so 19 Wohnungen, wobei der große Saal restauriert wurde.[4] Gleichzeitig entstand ein außen an das Haus gesetzter und mit diesem verbundener Treppenturm, über den auch die beiden Dachgeschosswohnungen erreicht werden können. Der Turm ist in Fachwerkbauweise ausgeführt und mit geschnitzten Eichenholz-Knaggen verziert, die auf dem Schwellbalken über dem Eingang von links nach rechts das Niedersachsenross, den Bundesadler und den Braunschweiger Löwen zeigen und so die Geldgeber dieses Wohnheimbaus darstellen.[4] Der aus einem doppelten Tonnengewölbe bestehende Kellerraum wurde so hergerichtet, dass er den Kindern als Spielplatz bei schlechtem Wetter dienen kann, aber auch als Partykeller verwendbar ist. Das fertig gestellte Wohnheim wurde am 23. Februar 1973 eröffnet.[5]

Der Saal der „Russischen Botschaft“ wird heute gelegentlich für kulturelle Veranstaltungen wie z. B. Konzerte genutzt.

Impressionen

Literatur

  • Camerer, Garzmann, Schuegraf, Pingel: Braunschweiger Stadtlexikon, Braunschweig 1992, ISBN 3-926701-14-5
  • Justus Herrenberger, Alfred Kuhlenlamp, Karl Heinz Loschke: Das erste Wohnheim für Studentenehepaare und die Geschichte des Gebäudes, In: Beiträge zur Geschichte der Carolo-Wilhelmina. Schriften des Braunschweiger Hochschulbundes, Band 6, Verlag Braunschweiger Hochschulbund e. V., Braunschweig 1978
  • Wolfgang Kimpflinger: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Baudenkmale in Niedersachsen, Band 1.1.: Stadt Braunschweig, Teil 1, Hameln 1993, ISBN 3-87585-252-4

Einzelnachweise

  1. a b Camerer, Garzmann, Schuegraf, Pingel: Braunschweiger Stadtlexikon, S. 198
  2. a b Wolfgang Kimpflinger: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Baudenkmale in Niedersachsen, Band 1.1.: Stadt Braunschweig, Teil 1, S. 91
  3. Horst-Rüdiger Jarck, Dieter Lent u. a. (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon: 8. bis 18. Jahrhundert, Appelhans Verlag, Braunschweig 2006, ISBN 3-937664-46-7, S. 138
  4. a b Karl Heinz Loschke: Sozialbauten des Studentenwerks Braunschweig: Wohnheim Jakobstraße für Studentenehepaare, In: Städteforum Braunschweig, S. 161
  5. Chronik der Stadt Braunschweig für 1973

Weblinks

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