Jüdische Gemeinde Landau

Jüdische Gemeinde Landau

In Landau in der Pfalz bestand eine jüdische Gemeinde schon im Mittelalter. Im Jahre 1273 wird erstmals ein jüdischer Bewohner genannt (Michel von Landau). Die jüdischen Familien lebten in der 1329 genannten Oberen (und der vermutlich gleichfalls bestehenden Unteren) Judengasse. Hier stand wohl auch eine Synagoge. Eine solche wird urkundlich jedoch erst 1435 genannt. Von den Judenverfolgungen zur Zeit des Schwarzen Todes in der Pestzeit 1348/49 waren auch die Landauer Juden betroffen. Sie konnten jedoch ihr Hab und Gut behalten und wurden nur kurzfristig vertrieben. Seit 1354 sind wieder Juden in der Stadt bezeugt. Um 1400 lebten etwa acht, im 15. Jahrhundert mindestens zwölf jüdische Familien in der Stadt. Die jüdischen Familien lebten im Mittelalter vorwiegend vom Geldhandel, um 1500 auch vom Gewürz- und Arzneihandel. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurden die Juden zeitweise vertrieben oder verließen die Stadt unter unbekannten Umständen.

1517 wurden erneut zehn jüdische Familien in der Stadt zugelassen. Obwohl sie immer wieder von der Ausweisung bedroht waren, bestand seitdem eine jüdische Niederlassung bis zur Vernichtung in der NS-Zeit im 20. Jahrhundert. Nachdem schon im 16. Jahrhundert ein Betsaal vorhanden war, wurde 1648 eine neue Synagoge erbaut. Nachdem sie niedergebrannt war, wurde sie 1691 durch eine neue Synagoge ersetzt. 1810 wurden 237 jüdische Einwohner in der Stadt gezählt. Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde 1900 mit 821 Personen erreicht (1933: 596 Personen), die jüdische Gemeinde war damit die zu dieser Zeit größte der Pfalz. Am 5. September 1884 wurde vom damaligen Bezirksrabbiner Elias Grünebaum eine große Synagoge eingeweiht. Sie hatte eine Grundfläche von 390 m² und eine Höhe von 16 m. Der Bauplan stammte von Bauinspektor Heinrich Staudinger. Die Bauleitung hatte Baumeister Ecker (Nußdorf) inne. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge von SA-Leuten niedergebrannt. Die Tora-Rolle und das Ewige Licht waren zuvor von Landauer Bürgern in Sicherheit gebracht worden. Von den 1933 in Landau wohnenden jüdischen Einwohnern kamen nach den Deportationen mindestens 158 ums Leben.[1]

Landau besaß einst eine der größten und wohlhabendsten jüdischen Gemeinden der Pfalz. Die jüdischen Weinhändlervillen im Bereich der Ringstraße zeugen noch heute vom jüdischen Landauer Großbürgertum. Landau verlor quasi über Nacht seine jüdische Oberschicht. Die Existenz jüdischen Lebens ist aus dem Bewusstsein der heutigen Landauer gelöscht. Nur noch die verbrannten Reste der ehemaligen Synagoge und das Frank-Loebsche Haus erinnern an die stolze jüdische Gemeinde Landaus. Bis heute hat Landau keine jüdische Gemeinde mehr.

Rabbiner

  • 1836-1893 Dr. Elias Grünebaum, Träger des bayerischen Verdienstorden vom Heiligen Michael II. Klasse, (1886)
  • 1893-1934 Dr. Berthold Einstein
  • 1935-1938 Kurt Metzger

Literatur

  • Hermann Arnold, Jüdisches Leben in der Stadt Landau und in der Südpfalz (1780-1933)
  • Hans Heß: Die Landauer Judengemeinde, Landau, 2. Aufl. 1983
  • „Juden in Landau“ Beiträge zur Geschichte einer Minderheit, hg. vom Stadtarchiv Landau, 2004

Einzelnachweise

  1. Zur Geschichte der Jüdischen Gemeinde Landau von 1273 bis 1938

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Jüdische Gemeinde Landau (Bad Arolsen) — Die Jüdische Gemeinde Landau in der Bergstadt Landau im nordhessischen Landkreis Waldeck Frankenberg bestand vom 16. Jahrhundert bis nach 1933. Inhaltsverzeichnis 1 Gemeindeentwicklung 2 Synagoge 3 Jüdischer Friedhof …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdische Gemeinde Westerburg — Ehemalige Synagoge Westerburg Die jüdische Gemeinde in Westerburg im Westerwaldkreis (Rheinland Pfalz) war eine jüdischen Gemeinde, deren Wurzeln bereits im Mittelalter liegen. Die jüdische Gemeinde erlosch 1940 im Zuge der Deportation deutscher… …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdische Gemeinde Fritzlar — Die Geschichte der Jüdischen Gemeinde Fritzlar in der nordhessischen Stadt Fritzlar (Schwalm Eder Kreis) reicht weit ins Mittelalter zurück, ist punktuiert von der mindestens dreimaligen Vertreibung oder Vernichtung der Gemeinde, und endete… …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdische Gemeinde Höringhausen — ehem. Synagoge heute Die Jüdische Gemeinde Höringhausen in dem nordhessischen Dorf Höringhausen, einer ehemals Hessen Darmstädter Enklave innerhalb des Fürstentums Waldeck und einem heutigem Ortsteil der Stadt Waldeck, bestand vom 18 …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdische Gemeinde Adorf — Die Jüdische Gemeinde Adorf in Adorf, einem Ortsteil der Gemeinde Diemelsee im Nordwesten des nordhessischen Landkreises Waldeck Frankenberg, bestand vom 18. Jahrhundert bis 1939 zur Zeit des Nationalsozialismus. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdische Gemeinde Sachsenhausen (Waldeck) — Die Jüdische Gemeinde Sachsenhausen im nordhessischen Sachsenhausen, einer bis 1971 selbstständigen Stadt und einem heutigem Ortsteil der Stadt Waldeck, bestand vom 18. Jahrhundert bis zur Zeit des Nationalsozialismus. Standort ehem. Synagoge …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdische Gemeinde Bergheim — Die Jüdische Gemeinde Bergheim in Bergheim im nordhessischen Landkreis Waldeck Frankenberg bestand vom 18. Jahrhundert bis nach dem Ersten Weltkrieg. Inhaltsverzeichnis 1 Gemeindeentwicklung 2 Synagoge 3 Friedhof …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdische Gemeinde Frankenau — Die Jüdische Gemeinde Frankenau in Frankenau im nordhessischen Landkreis Waldeck Frankenberg bestand vom 17. Jahrhundert bis 1938/39. Inhaltsverzeichnis 1 Gemeindeentwicklung bis 1933 2 Ende der Gemeinde 3 Gemeindeeinrichtungen …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdische Gemeinde Gudensberg — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdische Gemeinde Vöhl — ehem. Synagoge in Vöhl Die Jüdische Gemeinde Vöhl im Ortsteil Vöhl der Gemeinde Vöhl im nordhessischen Landkreis Waldeck Frankenberg bestand vom 17. Jahrhundert bis zur Zeit des Nationalsozialismus. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”