- Jüdische Gemeinde Neckarbischofsheim
-
Eine Jüdische Gemeinde in Neckarbischofsheim im Rhein-Neckar-Kreis im nördlichen Baden-Württemberg bestand bereits im 16./17. Jahrhundert. Die jüdische Gemeinde wurde 1940 durch die nationalsozialistische Verfolgung ausgelöscht.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
1652 sind bereits acht Familien am Ort und die Größe der Gemeinde um 1700 wird daran ersichtlich, dass zwischen 1686 und 1730 der Mohel R. Seligmann aus Hüffenhardt in Neckarbischofsheim 68 Beschneidungen vorzunehmen hatte. Im Jahr 1694 gab es sechs jüdische Haushaltungen in der Stadt.
Seit Mitte des 18. Jahrhunderts bis 1824 war Neckarbischofsheim Sitz eines Bezirksrabbiners. Danach gehörte Neckarbischofsheim zum Bezirksrabbinat Sinsheim. Die letzten Rabbiner in Neckarbischofsheim waren Moses Bamberger (bis 1820) und nach dessen Tod sein Sohn Jakob Bamberger (bis 1824). Während der Badischen Revolution kam es 1848 in Neckarbischofsheim, wie auch in anderen badischen Orten, zu einem Judenkrawall. Die Juden aus Neckarbischofsheim wurden zunächst in Worms, danach in Oberöwisheim und nach 1690 auf dem Verbandsfriedhof in Waibstadt bestattet. Durch Aus- und Abwanderung und den Verlust der Funktion als Amtsstadt 1864 verringerte sich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts die Zahl der jüdischen Bürger.
Nationalsozialistische Verfolgung
1933 gehörten jüdischen Familien noch einige Handels- und Gewerbebetriebe, darunter: Buchbinderei Faller (Hauptstraße 16), Textilgeschäft Samuel Jeselsohn (Hauptstraße 20), Reisehandlung Max Katz (Hauptstraße 47), Reisehandlung Markus Reiss (Markus 30), Landesproduktenhandlung Max Berthold Wolf und Ernst Wolf (M.B. Wolf & Sohn, Hauptstraße 36). Der jüdische Arzt Dr. Georg Homburger leitete das Krankenhaus und besaß daneben eine Privatpraxis. 1933 lebten noch 37 jüdische Personen am Ort (2,7 % von insgesamt 1.391 Einwohnern). Ein Teil von ihnen ist in den folgenden Jahren auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Repressalien und der Entrechtung vom Ort verzogen oder ausgewandert (USA, Palästina, Holland, England). 1938 wurden noch 19 jüdische Einwohner gezählt. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört; die jüdischen Männer wurden in das KZ Dachau verschleppt. Die letzten 12 jüdischen Einwohner wurden am 22. Oktober 1940 von Neckarbischofsheim nach Gurs deportiert. (aus: alemannia judaica)
Das Gedenkbuch des Bundesarchivs verzeichnet 34 in Neckarbischofsheim geborene jüdische Bürger, die dem Völkermord des nationalsozialistischen Regimes zum Opfer fielen.[1]
Synagoge
1742 wird erstmalig eine Synagoge genannt, die sich in der Rathausgasse 6 befand. 1848 wurde die neue Synagoge erbaut in der Schulgasse auf der sogenannten alten Mühlhofstatt, dem Gelände der Stadtmühle. Bei der Pogromnacht 1938 wurde die Synagoge der Stadt zerstört.
Rituelles Bad
Ein rituelles Bad wird 1648 genannt, als ein kleiner Junge in einem alten Keller, wo das Bad sich befand, ertrank. Seit 1746 befand sich das Bad in der alten Synagoge und danach in der neuen Synagoge, die 1848 fertiggestellt wurde.
Schule
Die jüdische Gemeinde hatte bis 1876 eine jüdische Schule in der alten Synagoge in der Rathausgasse. 1855 wurde das Gebäude für die schulischen Zwecke umgebaut. Nach 1876 war im Gebäude nur noch eine jüdische Religionsschule.
Gemeindeentwicklung
Jahr Gemeindemitglieder 1694 6 Familien 1746 20 Familien 1807 123 Personen 9,9% der Einwohner 1813 140 Personen 1825 187 Personen 10,4% der Einwohner 1859 189 Personen 1865 160 Personen 1875 117 Personen 6,9% der Einwohner 1884 122 Personen 1900 106 Personen 1925 40 Personen 1933 37 Personen Weblinks
- Zur Jüdischen Gemeinde Neckarbischofsheim bei alemannia-judaica.de
Einzelnachweise
- ↑ Gedenkbuch - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 - 1945. Abgerufen am 18. November 2009.
Literatur
- Joachim Hahn und Jürgen Krüger: Synagogen in Baden-Württemberg. Band 2: Joachim Hahn: Orte und Einrichtungen. Theiss, Stuttgart 2007, S. 337−340, ISBN 978-3-8062-1843-5 (Gedenkbuch der Synagogen in Deutschland. Band 4)
- Hans Benz/Hansjörg Bräumer: Die Juden in Neckarbischofsheim. In: Kraichgau. Beiträge zur Landschafts- und Heimatforschung. Hrsg. vom Heimatverein Kraichgau. Folge 7/1981, S. 233–235
- Samuel Jeselsohn: Das Ende unserer Heiligen Gemeinde in Neckarbischofsheim. In: Kraichgau. Beiträge zur Landschafts- und Heimatforschung. Hrsg. vom Heimatverein Kraichgau. Folge 7/1981, S. 236–240
Ehemalige jüdische Gemeinden im Rhein-Neckar-KreisBaiertal | Dossenheim | Dühren | Eberbach | Ehrstädt | Eichtersheim | Eschelbach | Großsachsen | Hemsbach | Hilsbach | Hockenheim | Hoffenheim | Ilvesheim | Ketsch | Ladenburg | Laudenbach | Leimen | Leutershausen | Lützelsachsen | Malsch (bei Heidelberg) | Meckesheim | Michelfeld | Neckarbischofsheim | Neidenstein | Nussloch | Reilingen | Rohrbach (bei Sinsheim) | Sandhausen | Schriesheim | Schwetzingen | Sinsheim | Steinsfurt | Tairnbach | Untergimpern | Waibstadt | Walldorf (bei Heidelberg) | Weiler (bei Sinsheim) | Weinheim | Wiesloch
Wikimedia Foundation.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
Jüdische Gemeinde Untergimpern — Eine Jüdische Gemeinde in Untergimpern, einem Ortsteil von Neckarbischofsheim im Rhein Neckar Kreis im nördlichen Baden Württemberg, bestand bereits im 17./18. Jahrhundert. Die jüdische Gemeinde löste sich 1883/84 auf. Inhaltsverzeichnis 1… … Deutsch Wikipedia
Jüdische Gemeinde Berwangen — Gedenkstein für die Opfer der Judenverfolgung auf dem Judenfriedhof in Berwangen … Deutsch Wikipedia
Jüdische Gemeinde Neidenstein — Die jüdische Gemeinde Neidenstein war die jüdische Gemeinde im ehemals den Herren von Venningen gehörenden Dorf Neidenstein. Geschichte Die jüdische Gemeinde Neidenstein entstand im 17. Jahrhundert, als die Landesherren nach dem dreißigjährigen… … Deutsch Wikipedia
Jüdische Gemeinde Wiesloch — Eine Jüdische Gemeinde in Wiesloch im Rhein Neckar Kreis im nördlichen Baden Württemberg bestand bereits im Mittelalter, die Entstehung der neuzeitlichen jüdischen Gemeinde geht auf das 17. Jahrhundert zurück. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2… … Deutsch Wikipedia
Jüdische Gemeinde Meckesheim — Die jüdische Gemeinde Meckesheim war die jüdische Gemeinde im ehemals kurpfälzischen Dorf Meckesheim. Geschichte Die Gemeinde entstand um das Jahr 1700, als mit Moses Marx der erste Jude von Dilsberg nach Meckesheim kam. Die Gemeinde wuchs… … Deutsch Wikipedia
Jüdische Gemeinde Waibstadt — Eine jüdische Gemeinde in Waibstadt im Rhein Neckar Kreis im nördlichen Baden Württemberg hat spätestens seit dem 17. Jahrhundert bestanden. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Nationalsozialistische Verfolgung 3 Gemeindeentwicklung … Deutsch Wikipedia
Jüdische Elementarschule (Baden) — Die jüdischen Elementarschulen waren im 19. Jahrhundert die Konfessionsschulen der jüdischen Gemeinden in Baden. Diese Elementarschulen wurden mit der Einführung der Simultanschulen 1876 aufgelöst. Geschichte Mit dem badischen Judenedikt von 1809 … Deutsch Wikipedia
Bezirksrabbinat Sinsheim — Das Bezirksrabbinat Sinsheim entstand 1827 in Sinsheim in Baden und war eines von 15 Bezirksrabbinaten, die auch als Bezirkssynagogen bezeichnet wurden. Die Bezirksrabbinate waren dem Oberrat der Israeliten Badens unmittelbar unterstellt.… … Deutsch Wikipedia
Wollenberg — Stadt Bad Rappenau Koordinaten … Deutsch Wikipedia
Bad Rappenau — Wappen Deutschlandkarte … Deutsch Wikipedia