Jürg Hassler

Jürg Hassler

Jürg Hassler (* 4. September 1938 in Zürich) ist ein Schweizer Fotograf, Bildhauer, Drehbuchautor, Filmemacher und Kameramann.

Jürg Hassler

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Als Sohn von Rolf Hassler und Marianne Hassler-Kirsch wuchs Jürg Hassler in Zürich auf. Auf dem täglichen Schulweg lernte er als Jugendlicher den Bildhauer Hans Josephsohn kennen. Zum Missfallen des Vaters, der seinen Sohn gerne in einer akademischen Laufbahn gesehen hätte, wurde Hassler nach abgeschlossener Matura Schüler und Gehilfe bei Josephsohn. Von 1958 bis 1960 besuchte er die Fotoschule Vevey. Im Anschluss daran arbeitete Hassler ein Jahr als Steinmetz in Genf und Umgebung bis er 1961 die Schweiz verliess, um in Neapel selbständig als Plastiker zu arbeiten. Unter dem starken Eindruck seines Lehrmeisters, und darüber hinaus auch geistigen Vaters und Freundes, empfand Hassler seine eigenen bildhauerischen Versuche jedoch bald als epigonenhaft, so dass er nach einem Jahr wieder zurück in die Schweiz kehrte. Er arbeitete in den folgenden Jahren als freischaffender Fotoreporter für den Tages-Anzeiger (Zürich) und die Neue Berliner Illustrierte, sowie als Theaterfotograf für einige Inszenierungen von Benno Besson. Zudem engagierte er sich politisch, unter anderem gegen den Krieg in Vietnam und die Befreiungskämpfe in Afrika.

Karriere als Filmemacher

Von 1967 bis 1968 belegte Hassler die Filmkurse 1 und 2 an der Kunstgewerbeschule Zürich. Fast zeitgleich entstand sein erster Film über die Zürcher Jugendunruhen im Sommer 1968 (siehe auch: Globuskrawall), die den Auftakt der 68er Bewegung in der Schweiz bildeten. Die 1970 veröffentlichte Polit-Dokumentation mit dem Titel Krawall machte den Aktivisten und Filmemacher Hassler in der ganzen Schweiz bekannt. Doch sein Leben war immer von extremen Kontrastsituationen geprägt. So bereiste er mit seiner späteren ersten Frau Simone als Nachtclub-Artist Europa und Asien. Aus der Ehe geht die Tochter Marem hervor, die heute als Schauspielerin arbeitet.

Mitte der 1970er Jahre begann Hassler seinen zweiten Langfilm über sein Vorbild Josephsohn. Den Film Josephsohn, Stein des Anstosses verband er mit seinem Wunsch nach ‚Reinigung‘. Die revolutionären Ziele, die in Krawall propagiert wurden, waren ihm zu abstrakt und zu sehr an der Oberfläche geblieben. Er bemängelte, dass es zu keinem echten Austausch zwischen den aufständischen Jugendlichen und Studenten und der restlichen Bevölkerung gekommen war. Sein Ziel war es nun, die ideologischen Begriffe mit Inhalt zu füllen. Josephsohn verkörperte für Hassler Ganzheit und Erlebnistiefe. Sehnsüchte denen er sich durch den Film selbst nähern wollte. Diese Tendenz setzte sich fort im Film Welche Bilder, kleiner Engel, wandern durch Dein Angesicht? (mit Ursula Looser). Neben diesen realisierte Hassler weitere Filme, wie beispielsweise Gösgen (1986), ein Film über die Volksbewegung gegen Atomkraftwerke oder den Kurzfilm Les Débordants (1990), eine Art Gegengeschichte des Schweizerfilms, vor allem über seine Extremkletterer, die im Selbstmord abstürzten. Bei etlichen Marksteinen der älteren und jüngeren Schweizer Filmgeschichte hat Hassler massgeblich mitgearbeitet. Dazu zählen Filme wie Züri brännt über die Jugendunruhen in der Schweiz 1980, Dani, Michi, Renato & Max von Richard Dindo (1987) sowie die vielfach ausgezeichneten Filme von Thomas Imbach, mit dem er seit Anfang der 1990er Jahre regelmässig zusammenarbeitet. Ebenso lange realisiert er als Kameramann Filme mit dem afrikanischen Filmemacher Saint Pierre Yaméogo.

Zurück in der Bildhauerei

Neben seinen wechselnden Filmprojekten hat Hassler seit einiger Zeit auch wieder zurück zur Bildhauerei gefunden. Seit mehreren Jahren arbeitet er an Schachobjekten. Dabei löst Hassler nicht nur die klassische schwarz-weiss Einteilung auf, sondern auch die herkömmlichen Figuren, die sich in symbolhafte Zeichen verwandeln. Ebenso verliert das Spiel seine Zweidimensionalität. Nur die Regeln bleiben unangetastet. Innerhalb dieser sind den möglichen Ausdrucksformen jedoch keine Schranken gesetzt. Dabei entsteht eine neue vielschichtige Ebene, die die Grenzen des Schachs erweitert und dem Spiel eine neue spielerische Qualität hinzufügt. Das Denken soll sich mit der Komplexität des Spiels erweitern und zur geistigen Weiterentwicklung beitragen, welche die Komplexität der heutigen Welt erfordert.

Die bisher entstandenen Arbeiten wurden erstmals 2008/2009 im Basler Museum Tinguely unter dem Titel MATTOMATT einem grösseren Publikum präsentiert.

Hassler lebt und arbeitet heute in Küsnacht bei Zürich und in Paris, wo seine zweite Frau Josette und der gemeinsame Sohn Yoni leben.

Filmografie

Jürg Hassler als Regisseur

  • 1970: Krawall
  • 1971: Pour un centre autonome
  • 1977: Josephson, Stein des Anstosses
  • 1978: Gösgen. Ein Film über die Volksbewegung gegen Atomkraftwerke
  • 1986: Welche Bilder, kleiner Engel, wandern durch dein Angesicht?
  • 1987: Vous oublierez, vous oublierez…
  • 1990: Les Débordants
  • 1998: Nano-Babies

Jürg Hassler als Kameramann

  • 1967: Una vita normale, Regie: Luc Yersin
  • 1980: Züri brännt (Co-Kamera)
  • 1983: Max Haufler. Der Stumme (Videokamera), Regie: Richard Dindo
  • 1985: El Suizo - Un amour en Espagne (Co-Kamera), Regie: Richard Dindo
  • 1986: Eine gewisse Josette Bauer (Co-Kamera), Regie: Uli Meier
  • 1987: Dani, Michi, Renato & Max, Regie: Richard Dindo
  • 1989: Lüzzas Walkman, Regie: Christian Schocher
  • 1989: Geister & Gäste. In Memoriam Grand Hotel Brissago (Co-Kamera), Regie: Isa Hesse-Rabinovitch
  • 1990: Hinterland. Eine Vater-Sohn-Geschichte, Regie: Dieter Gränicher
  • 1990: Laafi. Tout va bien, Regie: S. Pierre Yaméogo
  • 1991: Perfect Life (Co-Kamera), Regie: Véronique Goël
  • 1993: Wendemi, l’enfant du bon dieu, Regie: S. Pierre Yaméogo
  • 1994: Well Done, Regie: Thomas Imbach
  • 1996: Return to Paradise (Co-Kamera), Regie: Richard Dindo
  • 1997: Ghetto, Regie: Thomas Imbach
  • 2001: Happiness is a Warm Gun, Regie: Thomas Imbach
  • 2002: Der Fälscher, Regie: Johannes Flütsch
  • 2002: Happy Too, Regie: Thomas Imbach
  • 2002: Moi et mon blanc, Regie: S. Pierre Yaméogo
  • 2005: Delwende, Regie: S. Pierre Yaméogo
  • 2006: Lenz , Regie: Thomas Imbach
  • 2007: I was a Swiss Banker, Regie: Thomas Imbach
  • 2011: Passion Despair, Regie: Steff Gruber

Jürg Hassler als Cutter

  • 1993: Ur-Musig, Regie: Cyrill Schläpfer
  • 1993: Tanz der blauen Vögel, Regie: Lisa Fässler
  • 1993: Well Done, (Co-Schnitt), Regie: Thomas Imbach
  • 1996: A propos de Joye, Regie: Isolde Marxer
  • 1997: Ghetto, (Co-Schnitt), Regie: Thomas Imbach
  • 1998: Tumult im Urwald, (Co-Schnitt), Regie: Lisa Faessler
  • 2001: Happiness is a Warm Gun, (Co-Schnitt), Regie: Thomas Imbach
  • 2002: Happy Too, (Co-Schnitt), Regie: Thomas Imbach
  • 2006: Lenz, (Co-Schnitt), Regie: Thomas Imbach
  • 2007: I was a Swiss Banker, Regie: Thomas Imbach

Jürg Hassler als Drehbuchautor

  • 1998: Nano-Babies (Co-Drehbuchautor)
  • 2007: I was a Swiss Banker (Co-Drehbuchautor)

andere künstlerische Mitarbeit

Ausstellungen

  • Scacchi Matti, Centro Culturale Svizzero, Mailand 2003
  • MATTOMATT. Schachobjekte von Jürg Hassler, Museum Tinguely, Basel 2008/09
  • Senseo, Lichthof Universität Zürich 2010

Bühnenbild

Auszeichnungen

  • 1970: Qualitätsprämie für Krawall
  • 1977: Qualitätsprämie für Josephson, Stein des Anstosses
  • 1977: Zürcher Filmpreis für Josephson, Stein des Anstosses
  • 1987: Zürcher Filmpreis für Welche Bilder, kleiner Engel, wandern durch dein Angesicht?
  • 1990: Qualitätsprämie für Les Débordants
  • 1993: Qualitätsprämie Schnitt für Tanz der blauen Vögel
  • 1997: Zürcher Filmpreis für die „visuelle Gestaltung“ von Ghetto

Literatur

  • Villain, Jean, Wiedersehen mit Marianne, Leipzig 1966. (Fotos: Jürg Hassler)
  • Nourissier, François, Les Français, Lausanne 1968. (Fotos: Henri Cartier-Bresson und Jürg Hassler)
  • Villain, Jean/Hassler, Jürg, Die Schweiz - Paradies nach dem Sündenfall, Leipzig 1969. (Fotos: Jürg Hassler)
  • Holz, Hans Heinz, Hans Josephsohn, Zürich 1981.
  • Boillat, Valerie u.a. (Hrsg.), Vom Wert der Arbeit: Schweizer Gewerkschaften - Geschichte und Geschichten, Zürich 2006. (Fotos: Jürg Hassler u.a.)
  • Museum Tinguely (Hrsg.), MATTOMATT. Schachobjekte von Jürg Hassler, Basel 2008.

Weblinks


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