Kaʿb ibn al-Aschraf

Kaʿb ibn al-Aschraf

Kaʿb ibn al-Aschrafكعب بن الاشرف‎, DMG Kaʿb b. al-Ašraf war ein Widersacher des Propheten Mohammed in Medina, ein Dichter und ein begeisterter Verfechter des Judentums. Er wurde auf Geheiß Mohammeds ermordet.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kaʿb ibn al-Aschraf gehörte zum jüdischen Stamm der Banu Nadir, der in Medina lebte. Gemäß einer Überlieferung war Kaʿb Sohn eines Arabers und einer Jüdin namens ʿAqila bint Abi-l Huqaiq.[1]

Sein späterer Mörder und der Prophetengenosse Mohammed b. Maslama beschreibt Kaʿb folgendermaßen:

„Kaʿb war eine große und imposante Erscheinung. Er war ein bekannter Dichter und einer der reichsten Männer unter den Juden. Er lebte in einer befestigten Anlage am Rande Medinas. Dort besaß er ausgedehnte Palmenhaine. Er wurde als bedeutender jüdischer Führer im gesamten Hedschas betrachtet.“[1]

Als Dichter hat man ihn geschätzt; Fragmente seiner Gedichte sind bei at-Tabari und in der Prophetenbiographie des Muhammad ibn Ishaq in der Rezension von Abd al-Malik ibn Hischam erhalten. Abu l-Faradsch al-Isfahani († 967) erwähnt ihn als eine hervorragende und sprachbegabte Persönlichkeit.[2] Seine Festung (ḥiṣn Kaʿb ibn Ašraf) ist heute noch bekannt.[3]

Ermordung

Bereits vor diesem „abscheulichen Verbrechen“[4] ereigneten sich die Morde an der Jüdin ʿAsmāʾ bt. Marwān und an dem jüdischen Proselyten Abū ʿĀfak. Dem Islam stand Kaʿb ablehnend gegenüber. Nach der Schlacht von Badr versuchte Kaʿb, die Quraisch in Mekka mit Hilfe von Gedichten zum Vorgehen gegen die Muslime zu bewegen.[5] Nach seiner Rückkehr nach Medina wurde ihm nachgesagt, er habe die Frauen der Muslime mit Liebesliedern kompromittiert.[6] Thema dieser Gedichte war auch die Bewegung gewisser Körperteile „zwischen Ellenbogen und Fußgelenk“, möglicherweise eine Anspielung auf die islamische Gebetshaltung.[7] Schließlich fasste Mohammed den Beschluss, Kaʿb töten zu lassen. Die älteste Prophetenbiographie von Ibn Ishaq und die Überlieferer Buchari und Muslim[8] berichten übereinstimmend – wobei die genaue Datierung des Ereignisses widersprüchlich überliefert ist[9] – darüber:

„Der Gesandte Gottes sagte: ‚Wer ist gewillt, Kaʿb b. al-Aschraf zu töten. Denn er hat Gott und seinen Propheten verletzt‘. Daraufhin sagte Mohammed b. Maslama: ‚O Gesandter Gottes! Möchtest du, dass ich ihn töte?‘ Der Prophet sagte: ‚Ja.‘ Mohammed b. Maslama sagte: ‚Dann erlaube mir, Rede [gegen dich] zu führen [um Kaʿb zu überlisten]‘. Der Prophet sagte: ‚Tu das.‘“[10][11][12]

Die Verschwörer errangen das Vertrauen Kaʿbs, indem sie sich bei ihm über die hohen Zakat-Steuern und über den Propheten beschwerten. Bei ihrer ersten Begegnung fragte Kaʿb, ob sie zum Beweis ihrer Gegnerschaft zu Mohammed, bereits seien, ihm ihre Frauen als Geiseln zu überlassen. Das lehnten die Verschwörer ab. Auch die Söhne wollten sie nicht als Unterpfand hergeben, sie boten Kaʿb aber ihre Rüstungen an. Kaʿb stimmte zu. In der Mordnacht begleitete der Prophet Mohammed die Mörder ein Stück des Weges, verabschiedete sich dann mit Segenswünschen für ein gutes Gelingen von ihnen.[13] Kaʿbs Frau warnte ihn in der Mordnacht: „Ich höre ein Geräusch, als ob Blut von ihm heruntertropfe.“ Kaʿb erklärte ihr, es handle sich nur um Mohammed b. Maslama und Kaʿbs Milchbruder Abu Na'ila. Ein großzügiger Mann dürfe eine nächtliche Einladung nicht ausschlagen, auch wenn diese seinem Tod gelte. Zwei weitere Männer begleiteten die Verschwörer: Abu ʿAbs b. Dschabir al-Harith b. ʿAus und ʿAbbad b. Bischr. Abu Na'ila fuhr Kaʿb mit der Hand durch das Haar, vorgeblich um das Parfüm zu bewundern. Dies wiederholte er, um das Misstrauen Kaʿbs zu zerstreuen. Beim dritten Mal rief er: „Tötet den Feind Gottes!“, und die Verschwörer fielen über Kaʿb her. Zunächst ohne Erfolg, denn Kaʿb war ein guter Kämpfer und verletzte al-Harith ernsthaft. Schließlich griff Maslama zu seinem Dolch und stach Kaʿb so heftig in den Unterleib, dass die Waffe am After wieder austrat.[14][15] Nach der Tat suchten die Mörder Mohammed auf, um ihm Bericht zu erstatten. Mohammed rief nach diesem Erfolg ein Takbīr aus. Ibn Ishaq beschließt die Darstellung mit den Worten: „Jetzt gab es in Medina keinen Juden mehr, der nicht um sein Leben fürchtete.“[16] Da die Mörder Mitglieder der ʿAbd al-Ašhal mit den Banū an-Naḍīr in einem in die vorislamische Zeit zurückreichenden Stammesbündis standen, war eine Blutrache hinfällig.[17] Wenig später wurde der gesamte Stamm der Banu Nadir aus Medina vertrieben.[6]

Koranexegese

Kaʿb b. al-Ashraf wird auch in der Koranexegese – von Ibn Kathir [18] und von anderen – erwähnt. Dort wird der Vers 3 der Sure 108 in einigen Kommentaren mit Kaʿb in Verbindung gebracht:

„(Ja) dein Hasser ist es, der gestutzt (oder: schwanzlos, d. h. ohne Anhang (?) oder ohne Nachkommen?) ist. (Oder (als Verwünschung): Wer dich haßt, soll gestutzt bzw. schwanzlos sein!)“

– Übersetzung: Rudi Paret

Der Ausdruck soll an dieser Koranstelle, deren Deutung schwierig ist[19], wahrscheinlich eine Verwünschung ausdrücken, die gemäß der Tafsir-Literatur gegen mehrere Gegner des Propheten gerichtet worden sein soll. Der zentrale Begriff ist „al-abtar“; man bezeichnete damit eine Person, die keine Söhne hatte, oder deren männliche Kinder verstorben sind und somit sein Ruf in Vergessenheit zu geraten drohte. Die Koranexegeten beziehen den Begriff auch auf Mohammed, dessen Söhne Ibrāhīm und al-Qāsim früh gestorben sind; hier allerdings in neutralem Sinne: „kinderlos“.[20]

Auf jeden Fall gehört diese Sure zu den ältesten, deren Hauptzweck die Bekämpfung des Gegners ist, die ursprünglich Mohammed vorgeworfen haben sollen, er wäre ein „schwanzloser“, d. h. ein Mann ohne Söhne.[21]

Einzelnachweise

  1. a b Mohammed b. Maslama.
  2. Fuat Sezgin: Geschichte des arabischen Schrifttums. Band II (Poesie), Brill, Leiden 1975, S. 296
  3. Michael Lecker: Muslims, Jews & Pagans. Studies on Early Islamic Medina. S. 56, Anm. 19 (Brill, Leiden 1995)
  4. Tilman Nagel: Mohammed. Leben und Legende. München 2008, S. 352.
  5. Theodor Nöldeke: Das Leben Muhammeds̕. Hannover 1863, S. 89.
  6. a b E. J. Brill's First Encyclopaedia of Islam, 1913–1936, Band IV, s.v. Kaʿb b. al-Ashraf.
  7. Hans Jansen: Mohammed. Eine Biographie. München 2008, S. 281.
  8. Siehe die Belege in: Wim Raven & Jan Just Witkam: Concordance et Indices de la Tradition Musulmane. Band 8. (Indices) S. 232. Brill, Leiden 1988
  9. J. M. B. Jones: The Chronology of the Maghāzī - a Textual Survey. In: Bulletin of the School of Oriental and African Studies (BSOAS) Band 19, 1957, S. 245–280; hier: S. 262–263
  10. Überlieferung nach Buchari.
  11. The Translation of the Meanings of Summarized Sahih Muslim. Von Ali Hafiz Zakiuddin Abdul-Azim al-Mundhiri, Band 1, Riad S. 108 (zweisprachige Ausgabe).
  12. Alfred Guillaume: The Life of Muhammad. A translation of Ishaq's ‘Sirat Rasul Allah’. Oxford University Press, London 1955, S. 367.
  13. Hans Jansen: Mohammed. Eine Biographie. München 2008, S. 282.
  14. Hans Jansen: Mohammed. Eine Biographie. München 2008, S. 283.
  15. Genaue Schilderung des Tathergangs in dem Kitab al-Maghazi von Buchari: Summarized Sahih Al Bukhari, Übersetzung von Muhammad Muhsin Khan. Riyad 1994, S. 108f. (zweisprachige Ausgabe).
  16. Zitiert nach: Hans Jansen: Mohammed. Eine Biographie. München 2008, S. 283.
  17. W. Montgomery Watt: Muhammad at Medina. Oxford 1972. S. 210−211
  18. Tafsir von Ibn Kathir für 108:3.
  19. Rudi Paret: Der Koran. Kommentar und Konkordanz. S. 527; Richard Bell: The Qurʾān. Band 2, S. 681, Anm. 2
  20. Siehe al-Qurṭubī: al-Ǧāmiʿ li-aḥkām al-Qurʾān. Band 22, S. 529 (Beirut 2006); aṭ-Ṭabarī: Ǧāmiʿ al-bayān ʿan taʾwīl āy al-Qurʾān. Band 30, S. 328–330 (Kairo, o. J.)
  21. Theodor Nöldeke: Geschichte des Qorāns. Band 1, S. 92 (Leipzig 1909)

Quellen

  • Franz Buhl in: E. J. Brill's First Encyclopaedia of Islam, 1913–1936, Band IV, s.v. Kaʿb b. al-Ashraf

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