Kadettenhaus (Berlin)

Kadettenhaus (Berlin)
Ansicht des im Stil eines antiken Amphitheaters ausgebauten Berliner Hetzgartens. (Ausschnitt aus einer Medaille von 1693 (Künstler: Raimund Faltz).
Lage des Kadettenhauses am östlichen Teil der Berliner Festungsmauer (Ausschnitt aus dem Berlin-Stadtplan von Walter, 1737, Norden am unteren Rand).
1717 wurde die Hetzgarten-Anlage zum Kadettenhaus umgebaut (Beibild zum Berliner Stadtplan von Schleuen von 1757).

Das alte Kadettenhaus in Berlin war ein 1717 bis 1777 auf dem Gelände des sogenannten „Hetzgartens“ bestehendes kreisrundes Gebäude in Berlin-Mitte auf dem Platz des heutigen Berliner Stadtgerichts (Littenstraße 13).

Inhaltsverzeichnis

Vom Hetzgarten zum Kadettenhaus

Der Hetzgarten war eine 1693 von Baumeister Johann Arnold Nering erbaute an einer Seite von einem halbkreisförmigen Gebäude umgebene zirkelrunde Arena, in der bis 1713 Tierhetzen zur Unterhaltung des zumeist adligen Publikums stattfanden. Bis 1717 wurde das Halbrund der kolossalen Säulenhalle des Hetzgartens durch einen dreigeschossigen Fachwerkbau zu einem geschlossenen Gebäudering ergänzt. [1] Das fertiggestellte Gebäude erhob sich unmittelbar am östlichen Innenrand der alten Berliner Festungsmauer in einer alten Bastion.

König Friedrich Wilhelm I., der „Soldatenkönig“, konzentrierte die ursprünglich auf verschiedene Akademien im Lande verteilte Erziehung der Kadetten für das preußische Heer in seiner Hauptstadt und quartierte im Kadettenhaus 1717 ein vergrößertes Kadettenkorps in drangvoller Enge ein. [2]

Die Nutzungsgeschichte des Hetzgartens von einer antikisierenden Festspielen gewidmeten Lustarchitektur zur Militärschule gilt als Beispiel für den Charakter der Umstrukturierung des preußischen Hofes durch den Regierungsantritt des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I.

Der Unterricht im Kadettenhaus

Die preußischen Kadetten waren zwischen 11 und 18 Jahren alt und kamen meist aus den Ostprovinzen Preußens. Verarmte Eltern sahen in der Weggabe ihrer Söhne ins Kadettenhaus eine Möglichkeit zur standesgemäßen Versorgung, der König hingegen erzog sich damit den Nachwuchs für sein Offizierkorps. Die Kadetten blieben zwei bis drei, seltener vier Jahre im Kadettenhaus. Danach wurden sie in der Regel zunächst als Gefreiter-Korporal in ein Regiment überwiesen.[3]

Ein Ort spartanischer Erziehung

Eine Schilderung des Unterrichts und der Stimmung in dem alten Kadettenhaus gibt Adolf v. Crousaz in seinem 1857 erschienenen Buch über das „Königlich Preußische Kadettencorps“

„Damals (1740) war das Kadetten-Corps ein halb klösterliches und halb Spartanisches Institut, vortrefflich in Zucht und Kraft, aber ohne geistige Belebung, ohne Anziehungskraft nach Außen. Der ganze Unterricht war ein mechanisches und elementares Exercitienwesen; das Lehrercollegium war wissenschaftslos und unbedeutend, das Strafsystem eisern; man wohnte eng zusammengepresst, in einem schadhaften Hause etc. Man erzog vortreffliche Männer, wie einst die Lykurgische Verfassung dergleichen auch erzogen hatte, aber es war doch ein düsteres Bild, ein den Bestimmungen des menschlichen Geistes nicht entsprechender Zustand.“ [4]

Abriss und Neubau

Bereits 1723 dachte man an einen erweiternden Umbau, doch erst Friedrich der Große veranlasste den Bau eines dreistöckigen Gebäudes von quadratischer Form. Nachdem der Neubau des Kadettenhauses zum Teil fertig war, wurde das alte 1777 abgebrochen.

Einzelnachweise

  1. vgl. Pitzler/Lorenz/Salge/Engel: Berliner Baukunst der Barockzeit, a.a.O., S. 157.
  2. A. v. Crousaz, a.a.O., S. 37.
  3. vgl. Online-Artikel: http://home.foni.net/~adelsforschung/kade.htm
  4. A. v. Crousaz, a.a.O., S. 146.

Literatur

  • Adolf v. Crousaz: Geschichte des Königlich Preußischen Kadetten-Corps. Verlag von Heinrich Schindler, Berlin 1857.
  • Christoph Pitzler; Hellmut Lorenz; Christiane Salge; Martin Engel: Berliner Baukunst der Barockzeit: Die Zeichnungen und Notizen aus dem Reisetagebuch des Architekten Christoph Pitzler (1657-1707). Verlag: Nicolai. 1998. ISBN 3875846990 / 3-87584-699-0; ISBN 9783875846997.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Kadettenhaus Neubau (Berlin) — Neubau des Berliner Kadettenhauses (Architekt: Georg Christian Unger). Nach einem Kupferstich von 1807. Der repräsentative Neubau des Berliner Kadettenhauses beherbergte das Königlich Preußische Kadettenkorps von 1777 bis 1878, bevor es als… …   Deutsch Wikipedia

  • Kadettenhaus — Als Kadettenanstalt werden weiterführende Schulen bezeichnet, die der Ausbildung von Offiziersanwärtern dienen. Erste Kadettenschulen entstanden gegen Ende des 17. Jahrhunderts u.a. in Frankreich, wo zu Offizieren bestimmte junge Edelleute als… …   Deutsch Wikipedia

  • Festung Berlin — Berlin wurde im 17. Jahrhundert zu einer Festung ausgebaut, die die historischen Stadtteile Alt Berlin, Cölln, Neu Cölln und Friedrichswerder umfasste und deren Struktur sich noch heute auf dem Stadtplan erkennen lässt. Idealisierte… …   Deutsch Wikipedia

  • Geschäftsgebäude für die Zivilabteilungen des Landgerichts Berlin I und des Amtsgerichts Berlin I — Gebäudetrakt des Landgerichts Berlin I an der Grunerstraße, fertiggestellt 1902 und 1968/1969 abgebrochen …   Deutsch Wikipedia

  • Hermann Ferdinand Rogalla von Bieberstein — Hermann F. Rogalla von Bieberstein …   Deutsch Wikipedia

  • Carl Friedrich von Hamberger — Carl Friedrich Wilhelm von Hamberger (* 1745; † 1811) war ein königlich preußischer Generalleutnant. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Orden und Ehrenzeichen 3 Einzelnachweise 4 …   Deutsch Wikipedia

  • Ernst von Oidtman — Oberst v. Oidtman Ernst Arthur Alwin Alfred von Oidtman (* 9. Oktober 1854; † 18. September 1937 in Wiesbaden) war ein preußischer Offizier, zuletzt Generalleutnant und wurde bekannt durch seine bedeutende g …   Deutsch Wikipedia

  • Oidtman — Ernst Arthur Alwin Alfred von Oidtman (* 9. Oktober 1854; † 18. September 1937 in Wiesbaden) war ein preußischer Generalleutnant und wurde bekannt durch seine bedeutende genealogische Sammlung rheinischer Familien. Familie Ernst von Oidtmans… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Ernst August von Schwichow — (* 23. April 1798 in Stettin; † 10. März 1868 in Trakehnen) war Landstallmeister. Leben 1792 kam er in das Kadettenhaus Berlin, diente in verschiedenen Kavallerie Regimentern und schied 1841 aus dem Militärdienst aus. Ab 1841 war er… …   Deutsch Wikipedia

  • Rogalla von Bieberstein — Wappen der Rogalla von Bieberstein Rogalla von Bieberstein ist der Name eines alten ostpreußischen Adelsgeschlechts, das mit der Belehnung mit Gollubien (ab 1938 Gollen)[1] im Kreis Lyck (Ostpreußen) im Jahr 1440 mit großem und kleinem Gericht… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”