- Scheidejunge
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Als Scheide– oder Klaubejunge, im Oberharz auch Pochjunge, bezeichnete man früher im Erzbergbau die Lehrlinge, die in der Aufbereitung des Bergwerks tätig waren.
Inhaltsverzeichnis
Arbeit
Die Arbeit des Scheidejungen bestand darin, auf der Scheidebank das Erz vom tauben Gestein zu trennen. Unter Anleitung des Scheidesteigers, alter Bergleute oder Berginvaliden, die als Gnadenlöhner auf der Scheidebank arbeiteten, lernten die Scheidejungen zunächst, das wertvolle Erz vom tauben Gestein zu unterscheiden. Nachdem die Ausschläger auf der Halde die großen Brocken (Wände) zerschlagen und grob in Erz, Pochgänge und taubes Gestein getrennt hatten,[1] kam das Erz auf die Scheidebank, wo die Scheidejungen mit dem Scheidehammer die Erzstücke weiter zerkleinerten und nach Erzsorten getrennt in sogenannte Bergkörbe füllten.[2] Diese Arbeiten wurden im Stehen verrichtet. Pochgänge[1] waren Gesteine, in denen das Erz fein verteilt vorlag. Diese wurden im Pochwerk weiterverarbeitet. Besaß das Bergwerk kein Pochwerk, wurde das für den späteren Verhüttungsprozess wichtige Pochen von den älteren, kräftigeren Scheidejungen getätigt.
Hierarchie
Der Scheidejunge stand an unterster Stelle der Bergwerkshierarchie. Wenn er kräftig genug war, wurde er mit etwa 14 Jahren für die eigentliche Bergarbeit als Schlepper eingestellt. Je nach Geschick und Eignung wurde er danach Vorhauer und nach einer gewissen Zeit dann Hauer. Danach war auch ein Aufstieg zum Steiger oder sogar zum Obersteiger möglich.[3] Johann Eduard Heuchler nennt die Reihenfolge: Scheidejunge (bis zum 14. Lebensjahr), Ausschläger (bis zum 17. Lebensjahr), Grubenjunge usw.[1]
Arbeitszeiten und Lohn
Die Schicht dauerte zwölf Stunden, Schichtbeginn war 4 Uhr morgens. Von 11 Uhr bis 12 Uhr war Pause, anschließend mussten die Scheidejungen noch bis 16 Uhr arbeiten. Für ihre Arbeit erhielten die Scheidejungen je nach Geschicklichkeit und Leistung einen Wochenlohn von fünf bis zwölf Groschen, in Spitzenzeiten wurde mehr gezahlt. Allerdings war dieser Lohn nur ein kleiner Zuverdienst für eine Bergarbeiterfamilie. Mitte des 17. Jahrhunderts konnte man für den Monatslohn eines Scheidejungen gerade ein Kilogramm Butter oder Speck kaufen.[4] Nach Heuchler dauerte die Schicht im königlich–sächsischen Erzbergbau des 19. Jahrhunderts acht Stunden für die älteren und weniger für die noch schulpflichtigen Scheidejungen, der Verdienst betrug 3 bis 4 Neugroschen pro Schicht.[1]
Soziale Aspekte
Da der Lohn eines Hauers oftmals nicht ausreichte, um die Familie zu ernähren, mussten die jungen Knaben bereits mit zehn, teilweise schon neun Jahren ihre Arbeit auf der Scheidebank verrichten. Bei jeder Witterung mussten sie morgens, dünn bekleidet, meist barfuß zum Bergwerk, um ihren Teil zum Broterwerb beizutragen. Die Nahrung während der Pausenzeit bestand aus Brot und klarem Wasser, das sie sich aus einem Bach schöpften. Oftmals wurden sie auf der Arbeit, aber auch zu Hause von ihren Eltern, mit einer Peitsche geschlagen.[5] Wenn sie bei der Arbeit einen Fehler gemacht hatten, wurden sie vom Scheidesteiger mit dem Halseisen oder dem Vogelbolzen bestraft.[6] Viele Kinder schwänzten nach getaner Arbeit die am Nachmittag stattfindende Schule, um ein wenig Freizeit zu haben.[7] Wie die Scheidejungen über die verschiedenen Erzsorten dachten, verdeutlicht folgender Vers:
„Arbeit macht das Leben süß,
Heute schaad mr Kupperkies.
Arbeit macht das Leben sauer,
Morgen schaad mr Puchgängknauer“– zitiert nach Siegfried Sieber[8]
Literatur
- Caspar M. B. Schroll: Beyträge zur Kunst und Wirtschaft der Aufbereitung der Erze. Mayr’sche Buchhandlung, Salzburg 1812
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Eduard Heuchler, Hanns Freydank (Hrsg.): Des Bergmanns Lebenslauf. 2. durchgesehene Auflage mit einem Nachwort von Hanns Freydank, Verlag Glückauf, Essen 1940, S. 16 ff.
- ↑ J. G. Krünitz: Oeconomischen Encyclopädie (1773–1858)
- ↑ Bergmann oder Bergknappe, auch Bergleute, Bergarbeiter und Bergvolk. In: Brockhaus Konversations-Lexikon 1894–1896, 2. Band, Seite 775.
- ↑ Chronik von Wildemann, Kap. V: Wildemann unter Herzog Heinrichs Nachfolgern
- ↑ Zeitzeugen
- ↑ Johann Georg Krünitz: Ökonomisch technologische Enzyklopädie, oder allgemeines System der Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirthschaft, in alphabetischer Ordnung. Ein und dreyßigster Theil, bey Joachim Pauli, Berlin 1784
- ↑ Alltag in der frühmodernen Montanregion Harz (PDF)
- ↑ Siegfried Sieber: Zur Geschichte des erzgebirgischen Bergbaues. Wilhelm Knapp, Halle (Saale) 1954, S. 113
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