Abraham Sutro

Abraham Sutro
Abraham Sutro

Abraham Sutro (* 5. Juli 1784 in Erlangen-Bruck; † 10. Oktober 1869 in Münster) war ein profilierter Anhänger der Orthodoxie und letzter Landesrabbiner von Westfalen.

Leben

Abraham Sutro besuchte die Talmudschulen in Fürth und Prag. Anschließend war er zunächst als Hauslehrer in Prag, Aschaffenburg und Kassel tätig, bevor er dort eine Festanstellung als jüdischer Religionslehrer erhielt. Als 1815 Westfalen an Preußen fiel, ernannte ihn der spätere erste Oberpräsident der in der Entstehung begriffenen Provinz, Ludwig von Vincke, provisorisch zum Oberrabiner von Münster, der Grafschaft Mark und der Grafschaft Limburg (später kam Paderborn hinzu). Zuvor hatte er sich Vincke durch preußisch-patriotische Predigten empfohlen.

Während seiner langen Amtszeit profilierte sich Sutro als herausragender Vertreter der orthodoxen Richtung. Doch bis 1830 hatte er sich Neuerungen durchaus offen gezeigt: So hatte er auf Deutsch gepredigt und in Synagogen Orgeln und Konfirmationsfeiern nach protestantischem Vorbild zugelassen. Als Landesrabbiner − obgleich seine Position juristisch nie voll anerkannt wurde – verfolgte er eine andere Politik: Er pochte auf kulturelle Eigenständigkeit der jüdischen Minderheit, die sich nicht mit der christlichen Mehrheitsgesellschaft vermischen sollte. Gleichzeitig kämpfte er für rechtliche Gleichbehandlung, die in Preußen erst in seinem Todesjahr voll erreicht werden konnte. Sutro setzte sich als Landesrabbiner für die Erhaltung des altjüdischen Ritus ein und trat dem Reformjudentum und seinem westfälischen Wortführer Alexander Haindorf entgegen. Zwischen Sutro und Haindorf entwickelte sich eine lebenslange Rivalität, die insbesondere durch beiderseitiges Buhlen um die Gunst des Oberpräsidenten verstärkt wurde. Sutro war der Ansicht, dass äußere Einflüsse nicht die innerjüdischen Verhältnisse grundlegend umwälzen dürften.

Zwischen 1836 und 1864 erschien sein bedeutendstes Werk „Milchamot Haschem“ („Kämpfe des Ewigen“) in vier Bänden. Gegen Ende seines Lebens, je stärker sich die Reformbewegung in Münster durchsetzte, geriet Sutro immer mehr in die Isolation. Anlässlich seines 50. Amtsjubiläums verlieh König Friedrich Wilhelm IV. ihm den Roten Adlerorden vierter Klasse. Sutro starb am 10. Oktober 1869 in Münster und wurde auf dem jüdischen Friedhof bestattet. Sein Grab ist erhalten und trägt die Inschrift:

57 Jahre lang ein treuer Lehrer und Kämpfer für Israel.

Literatur

  • Diethard Aschoff: Quellen und Regesten zur Geschichte der Juden in der Stadt Münster: 1530 - 1650/1662 (Westfalia Judaica Bd. 3,1). Münster 2000. ISBN 3-8258-3440-9
  • B. Brilling: Das Judentum in der Provinz Westfalen 1815-1945, in: Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen 38, Münster 1918, S.105-143.
  • A. Herzig: Judentum und Emanzipation in Westfalen. Münster 1978.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Sutro — ist der Name folgender Personen: Abraham Sutro (1784–1869), deutscher Theologe und Rabbiner Adolph Sutro (1830–1898), 24. Bürgermeister San Franciscos deutscher Herkunft Diese Seite ist eine Begriffsklärung zur Unterschei …   Deutsch Wikipedia

  • SUTRO, ABRAHAM — (1784–1869), German rabbi. He was appointed by the kassel consistory as a teacher in Reichenbach in 1811, and became one of the first rabbis to preach in German. In 1815 he became rabbi of muenster , and in 1828 of paderborn as well. An opponent… …   Encyclopedia of Judaism

  • Liste der Biografien/Su — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdische Gemeinde Warburg — Schutzbrief der Stadt Warburg für Simon von Cassel von 1559 (StA Warburg) Die Jüdische Gemeinde Warburg bestand vom 16. Jahrhundert bis 1943 in Warburg und gehörte zu den bedeutendsten jüdischen Gemeinden in Westfalen. 1686 bis 1806 waren ihre… …   Deutsch Wikipedia

  • Judentum in Münster — Die Synagoge von Münster. Die jüdische Gemeinde von Münster in Westfalen blickt auf eine mehr als 800jährige wechselvolle Geschichte zurück und gehört damit zu den ältesten Nordwestdeutschlands. Schon im 12. Jahrhundert war in Münster eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdische Gemeinde Sendenhorst — Die Jüdische Gemeinde Sendenhorst bestand seit der Mitte des 18. Jahrhunderts und ging 1889 in der Jüdischen Gemeinde Drensteinfurt auf. Der jüdische Friedhof von Sendenhorst ist erhalten. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte der jüdischen Gemeinde 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdische Gemeinde Oelde — Hinter dem jüdischen Schulhaus (Gebäude ganz rechts) befand sich die Synagoge von Oelde. Die Jüdische Gemeinde Oelde bestand zwischen der Mitte des 17. Jahrhunderts und 1938. Ihre höchste Mitgliederzahl erreichte sie 1861 mit 84 Gläubigen.… …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdische Gemeinde Warendorf — Freckenhorster Straße in Warendorf, 1905. Gebäude ganz links: Jüdische Schule; dahinter befand sich die Synagoge. Die Jüdische Gemeinde Warendorf bestand ungefähr vom 14. Jahrhundert bis 1941. Von 1945 bis 1947 entstand die Gemeinde in Ansätzen… …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdischer Friedhof Münster — Der jüdische Friedhof Münster Der jüdische Friedhof von Münster befindet sich in der Einsteinstraße, unweit der Universität und der Blücherkaserne. Er wurde 1811 angelegt und diente bis 2002 als Begräbnisplatz der jüdischen Gemeinde Münster.… …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdisches Museum Westfalen — Das Jüdische Museum Westfalen in Dorsten zeigt in seiner Ausstellung die Religion und Kultur der Juden in Deutschland und insbesondere die Geschichte des Judentums in Westfalen. Dem Museum ist ein Lehrhaus mit einer Bibliothek und kulturellem… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”