- Charles de Broqueville
-
Denkmal im Gedenken an Charles de Broqueville in Woluwe-Saint-Lambert, Brüssel
Charles Marie Pierre Albert Comte de Broqueville (* 4. Dezember 1860 in Postel (Mol); † 5. September 1940 in Brüssel) war ein belgischer katholischer Politiker. Er war zweimal Premierminister.
Inhaltsverzeichnis
Jugend und Privatleben
Der aus einer adligen Familie stammende Baron de Broqueville bekam Privatunterricht beim späteren Hofprediger des königlichen Hofes. 1885 heiratete er eine Enkelin des früheren zweimaligen Premierministers und Senators Jules Malou.
Politische Laufbahn
Abgeordneter und Aufstieg zum Minister
Seine politische Laufbahn begann im Jahr 1885 mit der Wahl in den Gemeinderat von Mol. Bereits ein Jahr später wurde er Mitglied des Rates der Provinz Anvers. Von 1892 bis 1919 war er Mitglied der Abgeordnetenkammer und vertrat dort die Interessen der Katholieke Partij für den Wahlkreis Turnhout. Während dieser Zeit wurde er innerhalb der Lager der Katholischen Partei nicht als echter Christdemokrat gesehen, sondern eher als Politiker des Zentrums.
1910 wurde de Broqueville erstmalig zum Minister berufen und zwar bis 1912 als Minister für Eisenbahnen und Post.
Premierminister 1911 bis 1918
Dieses Amt behielt er auch, als er vom 17. Juni 1911 bis zum 31. Mai 1918 als Nachfolger seines Parteifreundes Frans Schollaert Premierminister war. Von 1912 bis 1917 war er zudem Kriegsminister sowie von 1917 bis Januar 1918 Außenminister. In diesen Ämtern war er zu Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 für die Mobilmachung der belgischen Armee verantwortlich. Seine Regierung befand sich jedoch seit August 1914 im Exil in Frankreich. Nach einem Streit mit König Albert I. über dessen Rolle als Oberbefehlshaber sowie über einen von ihm ausgehandelten Separatfrieden mit Österreich-Ungarn ohne vorherige Information des Kabinetts musste de Broqueville als Premierminister zurücktreten, wurde aber noch am Tage seines Rücktritts mit dem Ehrentitel eines „Staatsministers“ ausgezeichnet.
Ämter zwischen 1918 und 1932
Trotz dieser persönlichen Niederlage war er auch im nachfolgenden Kabinett von Gerhard Cooreman vom 31. Mai bis 21. November 1918 Minister für den Wiederaufbau, sowie von November 1918 bis November 1919 Innenminister unter Premierminister Léon Delacroix.
Als er wegen seiner zunehmend konservativeren Einstellung 1919 bei der Wahl zur Abgeordnetenkammer scheiterte, kandidierte er zunächst erfolgreich für den Senat der Provinz Namur. Anschließend war er 1925 bis 1936 Mitglied des Senats von Belgien. 1920 wurde er von König Albert I. in den Grafenstand (Comte) erhoben.
Vom 20. Mai 1926 bis zum 6. Juni 1931 war er im Kabinett seines Parteifreundes Henri Jaspar Minister für Landesverteidigung, 1932 Minister für Landwirtschaft und Mittelstand in der Regierung von Jules Renkin.
Premierminister 1932–1934
Am 22. Oktober 1932 wurde er Nachfolger von Renkin als Premierminister eines katholisch-liberalen Koalitionskabinetts, er übte dieses Amt bis zu seiner Ablösung durch seinen Parteifreund Georges Theunis am 20. November 1934 aus. Diese Regierungszeit war geprägt von der damaligen Weltwirtschaftskrise.
1936 zog er sich nach dem Ausscheiden aus dem Senat aus dem politischen Leben zurück. Wenige Monate vor seinem Tode musste Graf de Broqueville wieder den Einmarsch deutscher Truppen während des Zweiten Weltkrieges erleben.
Biographische Quellen
- Kurzbiographie in rulers.org
- Biographie auf der Homepage des Premierministers von Belgien
- Biographie in firstworldwar.com
- Historische Biographie der Encyclopedia Britannica
Hintergrundliteratur
- Ministerliste des Kabinetts 1911–1918
- Ministerliste des Kabinetts 1932–1934
- Luc Schepens: Albert Ier et le gouvernement Broqueville, 1914–1918 : aux origines de la question communautaire. Paris 1983, ISBN 2-8011-0464-7
- Laurence van Ypersele: Belgien im ‘Grande Guerre’. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 29-30/2004
- Laurence van Ypersele: „L’image du Roi dans la caricature politique en Belgique de 1884 à 1914“
- Stellungnahme von Premierminister de Broqueville zum 14-Punkte-Programm von US-Präsident Woodrow Wilson, 28. Februar 1918
- Cabinet Crisis, Artikel im TIME-Magazine vom 22. Juni 1925
- Albert of Liege, Artikel im TIME-Magazine vom 18. Juni 1934
seit der Staatsgründung 1831: Surlet de Chokier | Rogier | Muelenaere | Rogier | Theux de Meylandt | Lebeau | Nothomb | Van de Weyer | Theux de Meylandt | Rogier | Brouckère | Decker | Rogier | Frère-Orban | D’Anethan | Malou | Frère-Orban | Malou | Beernaert | Burlet | Smet de Naeyer | Vandenpeereboom | Smet de Naeyer | Trooz | Schollaert | Broqueville |
seit Kriegsende 1918: Cooreman | Delacroix | Carton de Wiart | Theunis | van de Vijvere | Poullet | Jaspar | Renkin | Broqueville | Theunis | van Zeeland | Janson | Spaak | Pierlot |
seit Kriegsende 1945: Van Acker | Spaak | Van Acker | Huysmans | Spaak | Eyskens | Duvieusart | Pholien | Van Houtte | Van Acker | Eyskens | Lefèvre | Harmel | Vanden Boeynants | Eyskens | Leburton | Martens | Tindemans | Vanden Boeynants | Martens | Eyskens | Martens |
seit der Föderalisierung 1992/1993: Dehaene | Verhofstadt | Leterme | Van Rompuy | Leterme
Wikimedia Foundation.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
Charles de Broqueville — Prime Minister of Belgium In office 22 October 1932 – 20 November 1934 Monarch Albert Leopold III … Wikipedia
Charles De Broqueville — 19e Chef de cabinet belge (puis) Premier ministre belge … Wikipédia en Français
Charles de broqueville — 19e Chef de cabinet belge (puis) Premier ministre belge … Wikipédia en Français
Charles de Broqueville — Mandats 27e chef de cabinet belge puis 8e … Wikipédia en Français
Charles Marie Joseph Ghislain de Brouckère — Charles de Brouckère Charles Marie Joseph Ghislain de Brouckère (* 18. Januar 1796 in Brügge; † 20. April 1860) war ein südniederländischer, später belgischer Staatsmann. Er war der Bruder des Premiermisters Henri de Brouckère. De Brouckère trat… … Deutsch Wikipedia
Charles Ghislaine Guillaume Vilain — Charles Vilain XIIII Charles Ghislaine Guillaume Burggraf Vilain XIIII (* 15. Mai 1803 Brüssel; † 16. November 1878 auf Schloss Leut bei Maaseik) war ein belgischer Politiker. Vilain XIIII („Vilain Quatorze“) studierte in Lüttich und wurde nach… … Deutsch Wikipedia
Charles Ghislaine Guillaume Vilain XIIII — Charles Vilain XIIII Charles Ghislaine Guillaume Burggraf Vilain XIIII (* 15. Mai 1803 Brüssel; † 16. November 1878 auf Schloss Leut bei Maaseik) war ein belgischer Politiker. Vilain XIIII („Vilain Quatorze“) studierte in Lüttich und wurde nach… … Deutsch Wikipedia
Charles Vilain — XIIII Charles Ghislaine Guillaume Burggraf Vilain XIIII (* 15. Mai 1803 Brüssel; † 16. November 1878 auf Schloss Leut bei Maaseik) war ein belgischer Politiker. Vilain XIIII („Vilain Quatorze“) studierte in Lüttich und wurde nach der belgischen… … Deutsch Wikipedia
Broqueville — Denkmal in Gedenken an Charles de Broqueville in Woluwe Saint Lambert, Brüssel Charles Marie Pierre Albert Comte de Broqueville (* 4. Dezember 1860 in Postel (Mol), † 5. September 1940 in Brüssel) war ein belgisch … Deutsch Wikipedia
Charles Rogier — Prime Minister of Belgium In office 9 November 1857 – 3 January 1868 Monarch Leopold I Leopold II … Wikipedia