Marie Langer

Marie Langer
Marie Langer (1979)

Marie Langer geb. Glas (* 31. August 1910 in Wien; † 22. Dezember 1987 in Buenos Aires) war eine argentinische Psychoanalytikerin und Ärztin österreichischer Abstammung, die zeitlebens sozial und politisch engagiert war.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Aus dem assimilierten Großbürgertum stammend, besuchte Marie Glas ab 1922 die Schwarzwaldschule, wo sie mit marxistischem und feministischem Gedankengut konfrontiert wurde. Wenige Monate vor der Matura heiratete sie 1929 Herbert Manovill, von dem sie sich 1932 wieder scheiden ließ. 1933 wurde sie Mitglied der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ), die sechs Wochen später verboten wurde. Bereits während ihres Medizinstudiums absolvierte sie eine Analyse bei Richard Sterba. 1935 schloss sie ihre Studien ab, ließ sich zur Anästhesistin ausbilden, arbeitete in der Frauenabteilung der Psychiatrischen Universitätsklinik bei Heinz Hartmann und trat der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung (WPV) bei. Somit war sie zum Leben im doppelten Untergrund gezwungen, da sie ihre Mitgliedschaft sowohl in KPÖ als auch WPV in der jeweils anderen Vereinigung geheimhalten musste.

1936 engagierte sie sich mit ihrem späteren Ehemann Max Langer (1902-1965) im Spanischen Bürgerkrieg und wirkte im Sanitätsdienst der Internationalen Brigaden. 1939 Heirat und Emigration nach Uruguay, 1942 Übersiedlung nach Argentinien, wo sie als Analytikerin arbeitete. Marie Langer war maßgeblich an der Gründung der Asociación Psicoanalítíca Argentina (APA) beteiligt, geriet jedoch zwei Jahrzehnte später - wegen ihres gewerkschaftlichen Einsatzes und ihres Engagements für eine linke Psychoanalyse - in Konflikt mit dieser Organisation. 1971 verursachte ihr Vortrag Psychoanalyse und/oder soziale Revolution einen Skandal beim IPA-Kongress in Wien und provozierte die kaptialsmuskonformen Strömungen der psychoanalytischen Orthodoxie. Ihr Referat wurde dann auch nicht, wie üblich im International Journal der IPA gedruckt - offiziell aus Platzmangel. Daraufhin trat Marie Langer aus IPA und APA aus.

In der Folge schloss sich die unermüdlich Kämpfende der plataforma-argentina an, einer psychoanalytischen Vereinigung, die sich für eine sozial und politisch aktive Psychoanalyse einsetzte. 1972 wurde Marie Langer zur Präsidentin der Federación Argentina de Psiquiatras (FAP) gewählt, sie gründete die Coordinadora Trabajadores de Salud Mental (CTSM), eine Initiative, die die Hierarchien im Krankenhaus aufheben wollte, und wurde 1974 als Assistenzprofessorin auf einen Lehrstuhl berufen. Marie Langer musste jedoch im selben Jahr Argentinien verlassen, weil ihr Name auf den Todeslisten der Alianza Anticomunista Argentina (AAA) stand. Sie ging nach Mexiko, später nach Nicaragua, wo sie am Aufbau eines psychosozialen Dienstes mitarbeitete, organisierte 1986 in Havanna den weltweit ersten Kongress Marxismus und Psychoanalyse und starb 1987 in Buenos Aires an Lungenkrebs.

Schriften

  • Maternidad y Sexo. Estudio psicoanalitico y psicosomatico. Buenos Aires 1951
    • dt. Ausgabe: Mutterschaft und Sexus. Körper und Psyche der Frau. Freiburg 1988
  • Fantasias eternas a la luz del psicoanálisis. Buenos Aires 1957
  • Psicoterapia del grupo, su enfoque psicoanalítico. Buenoa Aires 1957
  • Sterility and envy. IJP 39, 1958, 139-143
  • Ideología e idealización. Rev psicoanál 16 (4), 1959
  • Die "Gestalt" einer Gruppe unfruchtbarer Frauen. Zeitschrift für psychosomatische Medizin 5, 1959, 53-62
  • Psychoanalyse - in wessen Dienst? Neues Forum 28 (Sept./Okt.), 1971, 39-42
  • Vicisitudes del movimiento psicoanalitico argentino. In Franco Basaglia (Hg.): Razón, locura y sociedat. Mexiko 1978
  • Über die Anwendung der Psychoanalyse beim Aufbau einer neuen Gesellschaft. Journal 8, 1983, 3-10
  • Loyalität und Ambivalenz im Zusammenhang mit den Erfahrungen bei der Aufbauarbeit in Nicaragua. In: Journal 10, 1984, 69-74
  • Psychoanalyse im Dienst des Volkes (Projekt salud mantal Nicaragua). Salzburg 1984
  • Bericht über die Balintgruppen in Nicaragua. PsA-Info 24, 1985, 31-37
  • Von Wien bis Managua. Wege einer Psychoanalytikerin. Freiburg 1986
  • Das gebratene Kind und andere Mythen. Freiburg 1987
  • Die Macht unbewußter Phantasien. Evita Perón, Elisabeth I. und andere Mythen. Gießen 2003
  • (mit L. Grinberg und E. Rodrigué) Psychoanalytische Gruppentherapie. Praxis und theoretische Grundlagen. Stuttgart 1960
  • (mit Jaime del Palacio und Enrique Guinsberg) Memoria, historia y diálogo psicoanalítico. Mexiko 1981

Literatur

  • Raimund Bahr: Marie Langer. St. Wolfgang : Ed. Art und Science 2004

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Marie Langer — (1979) Marie Langer o Marie Lizbeth Glas Hauser, nació en la Viena imperial de Francisco José el 31 de agosto de 1910. Hija segunda y menor de una familia de la alta burguesía judía dedicada a los hilados y tejidos y al comercio de caballos. A… …   Wikipedia Español

  • Marie Langer — (1979) Maria Langer (née à Vienne en 1910 morte à Buenos Aires en 1987) était un médecin et une psychanalyste. Sommaire 1 Psychanalyse …   Wikipédia en Français

  • Langer — Verteilung des Namens in Deutschland (2005) Langer ist ein deutscher Familienname. Herkunft und Bedeutung Varianten als Übername: Lang, Lange, DeLange als Herkunf …   Deutsch Wikipedia

  • Langer — Cette page d’homonymie répertorie les différents sujets et articles partageant un même nom. Sur les autres projets Wikimedia : « Langer », sur le Wiktionnaire (dictionnaire universel) Patronymie Allan Langer (1966 ), joueur de… …   Wikipédia en Français

  • Marie Madeleine de LaFayette — Marie Madeleine de La Fayette auf einem Stich des 17. Jahrhunderts Marie Madeleine Pioche de la Vergne, comtesse de La Fayette (* 18. Januar 1634 in Paris; † 26. Juni 1693 ebd.) war eine französische Schriftstellerin. Madame de Lafayette, wie sie …   Deutsch Wikipedia

  • Marie Madeleine de La Fayette — auf einem Stich des 17. Jahrhunderts Marie Madeleine Pioche de la Vergne, comtesse de La Fayette (* 18. Januar 1634 in Paris; † 26. Juni 1693 ebd.) war eine französische Schriftstellerin. Madame de Lafayette, wie sie in den Literaturgeschichten… …   Deutsch Wikipedia

  • Marie-Madeleine de La Fayette — auf einem Stich des 17. Jahrhunderts Marie Madeleine Pioche de la Vergne, comtesse de La Fayette (* 18. Januar 1634 in Paris; † 26. Juni 1693 ebd.) war eine französische Adelige und Schriftstellerin. Unter dem schlichten Namen Madame de Lafayette …   Deutsch Wikipedia

  • Langer Berg (Thüringer Schiefergebirge) — Langer Berg von Nordwesten aus gesehen Höhe 808  …   Deutsch Wikipedia

  • Marie-Elisabeth von Humboldt — (* 8. Dezember 1741 in Berlin; † 19. November 1796 in Tegel[1]), gebürtige Marie Elisabeth Colomb, verwitwete Marie Elisabeth von Hollwede …   Deutsch Wikipedia

  • Marie-Sophie Hindermann — (* 26. Mai 1991 in Tübingen) ist eine deutsche Leistungsturnerin. Hindermann trainiert im Bundesstützpunkt Stuttgart bei Tamara Khokhlova. Ihr Parade Gerät ist der Stufenbarren. An diesem Gerät erreichte sie bei den Weltmeisterschaften 2007 einen …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”