Matter Pillenwälzer

Matter Pillenwälzer
Matter Pillenwälzer
Matter Pillenwälzer beim Bewegen einer Dungkugel

Matter Pillenwälzer beim Bewegen einer Dungkugel

Systematik
Klasse: Insekten (Insecta)
Ordnung: Käfer (Coleoptera)
Familie: Blatthornkäfer (Scarabaeidae)
Unterfamilie: Scarabaeinae
Gattung: Sisyphus
Art: Matter Pillenwälzer
Wissenschaftlicher Name
Sisyphus schaefferi
(Linnaeus, 1758)

Der Matte Pillenwälzer oder Matte Pillendreher (Sisyphus schaefferi) ist ein Käfer aus der Familie der Blatthornkäfer. Trotz ähnlicher Lebensweise gehört der Matte Pillenwälzer nicht zu den Mistkäfern; die Gattungen Sisyphus, Scarabaeus und Gymnopleurus bilden den Tribus Scarabaeini.[1]

Die hauptsächlich in Südeuropa, aber auch beispielsweise am Kaiserstuhl vorkommende Art fertigt Kugeln aus Kot oder Dung, transportiert sie an geeignete Stellen und vergräbt sie dort als Nahrungsquelle für ihre Nachkommen.

Der Gattungsname Sisyphus nimmt auf den Helden der griechischen Mythologie Bezug, da man den Käfer häufig beobachten kann, wie er in auswegslos erscheinenden Situationen versucht, seine Kugeln über ein Hindernis zu transportieren. Das Artepitheton schaefferi ehrt den Theologen und Entomologen Jacob Christian Schäffer.[2]

Sisyphus schaefferi ist der einzige europäische Vertreter der Gattung Sisyphus. In Europa tritt er im Westen in der Unterart Sisyphus schaefferi schaefferi, im Osten in der Unterart Sisyphus schaefferi boschniaki auf.[1]

Abb. 1: Kopf und teilweise Vorderbeine
Abb. 2: H: Schiene und Tarsus des Hinterbeins von oben
M: Schiene und Tarsus des mittleren Beins von der Seite
Abb. 3: Unterseite
Abb. 4: Video Brutpillenherstellung und -transport
Abb. 5: Streit um Brutpille

Inhaltsverzeichnis

Merkmale des Käfers

Der Käfer wird sieben bis dreizehn Millimeter lang. Der schwarz bis schwarzbraun matt gefärbte Körper ist stark gewölbt und nach hinten zugespitzt. Er ist gelb- bis schwarzbraun behaart. Die Behaarung ist gekrümmt und nach hinten geneigt.

Der Kopf (Abb. 1) ist punktiert. Der ausladende Kopfschild ist vorn konkav abgeschnitten und an den Seiten des Ausschnitts zu einer stumpfen Spitze aufgeworfen. Er verbirgt die Mundwerkzeuge. Die Oberlippe ist häutig und fast viereckig. Die Oberkiefer sind am Innenrand gefranst. Die Kiefertaster sind viergliedrig mit langem Endglied. Die Lippentaster sind dreigliedrig mit sehr kleinem, eiförmigen Endglied. Auch die halbkugelförmigen Facettenaugen sind durch eine Erweiterung des Kopfskeletts weitgehend verborgen. Ihr Großteil liegt unterhalb dieser Erweiterung, die Sicht nach oben ist nur durch einen schmalen Schlitz möglich (Abb. 1 und 3). Die letzten drei Glieder der achtgliedrigen Fühler sind nach vorn erweitert und bilden eine fast eiförmige Keule.

Der große Halsschild ist stark gewölbt. Er ist dicht nabelartig punktiert und nur kurz behaart.

Die Flügeldecken bleiben während des Fluges geschlossen. Sie verschmälern sich nach hinten stark und sind fast dreieckig, am Außenrand konvex geschwungen. Sie tragen acht seichte Kettenstreifen. Das Schildchen ist nicht sichtbar.

Die Beine sind an die Fertigung, den Transport und das Vergraben der Kotkugeln angepasst. Die kurzen Vorderbeine sind als Grabbeine mit drei Außenzähnen an den Schienen ausgebildet (Abb. 1). Die Mittelhüften sind weit auseinandergerückt und fast parallel zueinander (Abb. 3). Die Mittelschienen tragen am Ende zwei kräftige Dorne (Abb. 2, M). Die Hinterbeine (Abb. 2, H) sind weit hinten eingelenkt. Die Hinterschenkel sind gegen die Spitze keulenförmig verdickt. Die Hinterschienen sind lang und so gebogen, dass sie die Dungkugeln teilweise umfassen können. Nach hinten sind sie verbreitert und gezähnelt. Sie tragen nur einen Enddorn. Die Tarsen sind alle fünfgliedrig.

Biologie

Als Form der Brutfürsorge fliegen die Käfer den Kot verschiedener Säuger an, meist den von Mensch oder Hausschaf, aber auch Kot von Hausrind und Rothirsch. Nach der Landung krabbeln sie seitlich unter den Rand des Kothaufens. Sie lösen daraus eine Kugel, die sie mit den Beinen runden und verdichten (Video Abb. 4, 2. Szene). Diese Brutpillen werden von Männchen und Weibchen gemeinsam gefertigt und an eine Stelle gerollt, wo der Boden ein leichtes Eingraben ermöglicht. Dies erfolgt sehr schnell und effektiv (Video ab 4. Szene).

Beim Transport können auch senkrechte Hindernisse überwunden werden, wenn auch oft das Pärchen zusammen mit der Brutpille eine fast bewältigte Strecke zurück kullern. Häufig versucht der Käfer erst, unter einem Hindernis durchzuklettern, bevor er es übersteigt. Die Brutpille wird durch Ziehen und Schieben, auf den Hinterbeinen an der Kugel stehend oder kopfunter mit den Hinterbeinen die Kugel bewegend transportiert.

Nachdem die Kotkugel in die unterirdische sogenannte Brutkammer eingebracht worden ist, wird sie vom Weibchen durch Kneten zu einem birnenförmigen Gebilde umgeformt. Am nach oben zeigenden verschlankten Ende wird ein Ei abgelegt. Danach wird die Brut sich selbst überlassen.

In Mitteleuropa erscheinen die Käfer nach der Überwinterung im zeitigen Frühjahr. Nach einem kurzen Reifefraß beginnen sie mit der Fortpflanzung. Außer den Brutpillen werden auch Futterpillen hergestellt, die sich jedoch äußerlich nicht von den Brutpillen unterscheiden. Sie werden jedoch von Männchen und Weibchen getrennt hergestellt und auch nicht gemeinsam transportiert. Artgenossen versuchen häufig, fertigen Pillen zu „stehlen“ (Abb. 5). Durchschnittlich legt ein Pärchen etwa zehn Brutkammern für je eine Brutpille mit einem Ei an. Die Jungkäfer erscheinen im Laufe des Sommers. Sie graben sich schon ab dem Spätsommer zur Überwinterung ein.

Verbreitung

Die wärmeliebende paläarktische Art hat ein sehr großes Verbreitungsareal. Im Süden findet man sie rund um das Mittelmeer (Südeuropa, Nordafrika, Kleinasien). An Wärmestellen dringt sie jedoch auch nach Norden vor. Die nördliche Verbreitungsgrenze verläuft in Europa durch die Niederlande, Deutschland, Polen, die Ukraine und Zentralrussland. Nach Osten dehnt sich das Verbreitungsareal bis nach China aus. In Mitteleuropa gilt die Art als selten und kommt besonders an stark besonnten Grashängen vor. In Deutschland werden neuere Fundorte in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen genannt, in Österreich in Kärnten, Steiermark und Burgenland.[1][3][4]

Literatur

  • Heinz Freude, Karl Wilhelm Harde (Hrsg.), Gustav Adolf Lohse (Hrsg.): Die Käfer Mitteleuropas. Band 1. Einführung in die Käferkunde, Elsevier, Spektrum, Akad. Verl., München 1965, ISBN 3-8274-0675-7. 
  • Heinz Freude, Karl Wilhelm Harde (Hrsg.), Gustav Adolf Lohse (Hrsg.): Die Käfer Mitteleuropas. Band 8. Teredilia Heteromera Lamellicornia, Elsevier, Spektrum, Akad. Verl., München 1969, ISBN 3-8274-0682-X. 
  • Gustav Jäger (Hrsg.): C. G. Calwer’s Käferbuch. K. Thienemanns, Stuttgart 1876, 3. Auflage
  • Adolf Horion: Käferkunde für Naturfreunde. Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 1949

Einzelnachweise

  1. a b c Sisyphus schaefferi bei Fauna Europaea. Abgerufen am 20. August 2011
  2. Sigmund Schenkling: Erklärung der wissenschaftlichen Käfernamen.
  3. Beschreibung der Art bei ARGE SWD Koleopterologen
  4. Ulrike Hausl-Hofstätter: "Zur bisher bekannten Verbreitung von Sisyphus schaefferi (L.) in der Steiermark. Joanae Zool. 1: S. 61-64 (1999) als PDF

Weblinks

 Commons: Sisyphus schaefferi – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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