Muhamed Ciftci

Muhamed Ciftci

Muhamed Seyfudin Ciftci (* 27. August 1973 in Braunschweig), auch Abu Anes genannt, ist ein salafistischer Imam, Mitbegründer einer privaten deutschsprachigen Islamschule, Betreiber des islamischen EZP-Verlags und (bis Ende März 2011) Vorsitzender des gleichnamigen Vereins Einladung zum Paradies e. V.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Studium

Muhamed Ciftci ist eines von sechs Kindern von Ahmed Ciftci, der in den sechziger Jahren den Verein der türkisch-islamischen Millî Görüş in Deutschland mitbegründete. Nach eigenen Angaben wurde der türkischstämmige Ciftci islamisch erzogen und wirkte schon in jungen Jahren in verschiedenen Jugend- und Da'wa-Organisationen mit. Er habe das Lessing-Gymnasium in Braunschweig nach der 11. Klasse verlassen und sei danach von 1992 bis 1994 im bosnischen Kriegsgebiet als Sozialarbeiter der seit 2010 in Deutschland verbotenen Internationalen Humanitären Hilfsorganisation tätig gewesen. Nach dieser Zeit habe er bis zum Jahre 1998 bei europäischen Imamen studiert, anschließend von 1998 bis 2006 islamische Rechtswissenschaft an der Islamischen Universität Medina (Islamic University of al-Madinah) in Saudi-Arabien. Im Rahmen seines Studiums habe er verschiedene islamische Schriften in arabischer Sprache verfasst. Außerdem sei er in den Jahren 1999 bis 2005 an der Mekka-Moschee, an der Prophetenmoschee Masjid an-Nabawi in Medina, in Riad, Taif, Dammam und al-Qasim als Prediger tätig gewesen. Seit 2006 ist Ciftci Imam und Prediger an einer Moschee in Braunschweig.[1]

Islamschule und Einladung zum Paradies e.V.

Im Jahr 2007 gründete Ciftci eine private und gebührenpflichtige, salafistische Islamschule in Braunschweig, an der er selbst als Lehrer und Schulleiter tätig ist. Diese orientiere sich am Lehrplan der Islamischen Universität in Medina. Unterrichtet würden Schülerinnen und Schüler deutschsprachig sowohl vor Ort als auch im Online-Fernstudium.[2] Die Schule ist seit der Gründung umstritten und wird vom Verfassungsschutz in NRW und Niedersachsen beobachtet, da ihr vorgeworfen wird, einen Islam zu lehren, der Terrorismus fördere.[3] Dem widerspricht Ciftci und betont, dass er und seine Schule sich klar von Gewalt und Terror distanzieren würden.[4] So müssten alle Schüler bei der Anmeldung eine Absichtserklärung unterschreiben, in der sie sich verpflichten, keine Gewalt auszuüben.[5]

Im Juli 2010 wurde bekannt, dass die Islamschule von Braunschweig nach Mönchengladbach umziehen wolle. Zu diesem Zweck ließ sich der vom Verfassungsschutz beobachtete Verein „Einladung zum Paradies e.V.“ in Mönchengladbach registrieren und erwarb eine Immobilie, die zur Moschee umgebaut werden sollte. Das Vorhaben führte zu heftigen Protesten und Demonstrationen insbesondere der lokalen Bürgerinitiative „Bürger für Mönchengladbach, Bürgerbewegung Eicken“.[6][7] Im Oktober 2010 erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maizière auf einer CDU-Veranstaltung in Mönchengladbach, dass er über die Möglichkeiten eines Vereinsverbotes nachdenke.[8]

Ciftci legte im März 2011 alle Ämter nieder und erklärte, dass er „Einladung zum Paradies e.V“ aufgrund seiner „Doppelbelastung“ in Braunschweig und Mönchengladbach „vollständig verlassen“ werde.[9] Sein Nachfolger wurde der bisherige zweite Vorsitzende, Sven Lau („Abu Adam“). Im August 2011 wurde der Verein aufgelöst.[10][11]

Kritik

In vielen Predigten und Vorträgen Ciftcis, die auf zahlreichen Plattformen im Internet veröffentlicht sind, werden Gewalt und Terror gegenüber Muslimen und Nichtmuslimen ausdrücklich abgelehnt. Ciftci verurteilt dort auch Ehrenmord und Zwangsheirat.[12] Dennoch sind Kritiker der Ansicht, dass Ciftci insbesondere Jugendliche radikalisiere.[13]

Ciftci wird Intoleranz gegenüber Andersgläubigen, sein Eintreten für die Scharia und Befürwortung von Gewalt gegen Frauen vorgeworfen. So kritisierte er zwar das konkrete Steinigungs-Urteil gegen Sakineh Mohammadi Ashtiani, weil der Iran nicht das sunnitische, sondern das schiitische Recht anwende. Nach richtiger sunnitischer Lehre sei der rechtskräftige Beweis kaum möglich, weshalb es auch in den letzten 600 Jahren im osmanischen Reich keine Steinigung gegeben habe. Grundsätzlich gelte aber: "Alles, was im Koran steht und uns vom Propheten überbracht wurde, ist gerecht und vernünftig. Es gibt auch keine Alternative oder bessere Lösung. Somit ist auch die Steinigung als Strafe für Ehebruch gerechtfertigt."[14]

Ciftci widerspricht den Vorwürfen, ein Hetzer und Gewaltprediger zu sein, und wirft den Medien seinerseits vor, Hetze gegen den Islam zu verbreiten und seine Worte bewusst aus dem Zusammenhang zu reißen.[15]

Angebliche Verbindungen zum Terrorismus

Ciftci und seiner Islamschule wird vorgeworfen, dass "ein 15-jähriger Besucher seiner Islamschule in Braunschweig den Zünder für die Terroristen der Sauerland-Gruppe transportiert" habe. Ein weiterer Schüler sei inhaftiert worden, weil er "sich für die libanesische Hisbollah in die Luft sprengen" habe wollen.[16] Der Frankfurter Flughafen-Attentäter Arid U. soll in Kontakt „zu führenden Mitstreitern“ des islamischen Vereins „Einladung zum Paradies“ (EZP) gestanden haben, dem Ciftci noch bis zum 31. März 2011 vorsteht.[17]

Weblinks

  • Internetauftritt von Muhamed Ciftci: abuanes.com Abgerufen am 29. März 2011.
  • Internetauftritt der Islamschule: Islamschule.de Abgerufen am 29. März 2011.
  • Internetauftritt des Vereins Einladung zum Paradies e.V.: ezpmuslimportal.de Abgerufen am 29. März 2011.
  • Spiegel-TV-Reportage: Salafisten-Vorschlag: Köpfen, Steinigen, Handabschlagen. In: spiegel-online.de vom 20. September 2010. Reportage über die Auseinandersetzung zwischen Ciftcis Verein "Einladung ins Paradies e.V." und einer Mönchengladbacher Bürgerinitiative um den geplanten Umzug der Braunschweiger Islamschule nach Mönchengladbach (mit Stellungnahmen Ciftcis). Abgerufen am 29. März 2011.

Einzelnachweise

  1. Homepage von Muhamed Ciftci Abgerufen am 29. März 2011.
  2. Homepage von Muhamed Ciftci Abgerufen am 29. März 2011.
  3. NDR-Bericht: Schünemann warnt vor Islamisten In: ndr.de vom 21. April 2010. Abgerufen am 29. März 2011.
  4. Muhamed Ciftci: Pressemitteilung In: Internetauftritt des Vereins „Einladung zum Paradies e.V.“. Am 29. März 2011 "aufgrund technischer Änderungen kurzfristig nicht erreichbar".
  5. Erklärung zum Gewaltverzicht im Internetauftritt der Islamschule: Absichtserklärung Abgerufen am 29. März 2011.
  6. Jan Drebes und Gabi Peters: Eicken demonstriert gegen Islamschule In: rp-online.de vom 14. August 2010. Abgerufen am 29. März 2011.
  7. Spiegel-TV-Reportage: Salafisten-Vorschlag: Köpfen, Steinigen, Handabschlagen. In: spiegel-online.de vom 20. September 2010. Abgerufen am 29. März 2011.
  8. Lars Geiges: Islam-Streit in Mönchengladbach - de Maizière zeigt Flagge gegen Salafisten-Sekte In: spiegel-online.de vom 15. Oktober 2010. Abgerufen am 29. März 2011.
  9. Muhamed Ciftci: Der Vorsitzende des Vereins Einladung zum Paradies e.V.tritt zurück In: Internetauftritt von Muhamed Ciftci vom 21. März 2011. Abgerufen am 29. März 2011.
  10. Herbert Baumann:Streit bei den Salafisten? In: wz-newsline.de vom 23. März 2011.
  11. Der Westen am 26. August 2011: Radikalislamischer Verein löst sich auf. Abgerufen am 1. September 2011.
  12. Muhamed Ciftci: Pressemitteilung In: Internetauftritt des Vereins Einladung zum Paradies e.V.. Am 29. März 2011 "aufgrund technischer Änderungen kurzfristig nicht erreichbar".
  13. RTL-Bericht: Umzug des EZP von Braunschweig nach Mönchengladbach und Auseinandersetzung mit berichterstattenden Medien In: Guten Abend RTL vom 12. August 2010. Abgerufen am 29. März 2011.
  14. Denise Jeitziner: "Die Steinigung ist gerechtfertigt", In: bazonline.ch vom 17. August 2010. Abgerufen am 29. März 2011.
  15. Detlef Schmalenberg: Umstrittene Islamschule: Fernab vom Paradies In: fr-online.de vom 15. August 2010. Abgerufen am 29. März 2011.
  16. Till-R. Stoldt und Freia Peters: Ist der Islam deutsch? In: welt.de vom 10. Oktober 2010. Abgerufen am 29. März 2011.
  17. Uwe Hildebrandt: Attentäter hatte Braunschweig-Kontakt In: newsclick.de vom 16. März 2011. Abgerufen am 29. März 2011.

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