Urseetal

Urseetal
Urseetal

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BW

Lage Baden-Württemberg, Deutschland
Gebirge Schwarzwald
Geographische Lage 47° 51′ 52,1″ N, 8° 10′ 9″ O47.8644728.169172Koordinaten: 47° 51′ 52,1″ N, 8° 10′ 9″ O
Urseetal (Baden-Württemberg)
Urseetal

Das Urseetal ist ein Seitental der Haslach im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Verschiedene kleinere Bäche speisen den Ursee im Naturschutzgebiet Ursee. Aus dem Ursee fließt der Urseebach durch das Naturschutzgebiet nach Lenzkirch, wo er in die Haslach mündet. Diese fließt noch innerhalb von Lenzkirch in die Gutach, die nach der Haslacheinmündung Wutach heißt und der Wutachschlucht ihren Namen gegeben hat. Auf Grund seiner seltenen Flora und Fauna wurde der Bereich um den See schon im Jahre 1940 zu einem der ersten Naturschutzgebiete im Schwarzwald erklärt.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Lage und Ausdehnung

Das Urseetal erstreckt sich im Westen von Lenzkirch Richtung Raitenbuch. Den Südhang des Tales durchschneidet die Straße von Lenzkirch nach Fischbach und Schluchsee. Im Tal selbst verläuft die Straße nach Raitenbuch. Erst auf Höhe des Ursees steigt dieser Weg bergauf, bis er schließlich auf der Raitenbucher Höhe wieder zum Windgefällweiher hin abfällt. Der Nordhang des Tales vom Mittelberg bis nach Raitenbuch ist aktuell gekennzeichnet durch Sturmschäden, die "Lothar" verursacht hat.

Das Naturschutzgebiet erstreckt sich im Tal von +47° 52' 3.82", +8° 11' 25.79" bis 47° 51' 38.95", +8° 9' 49.77". Der See selbst liegt am westlichen Ende des Naturschutzgebietes: +47° 51' 52.53", +8° 10' 8.62"

Moränen und Hochmoor

Die Seen im Hochschwarzwald geben Zeugnis von der letzten Eiszeit. Vom Feldberg über die Raitenbucher Höhe erstreckte sich der Gletscher auch bis nach Unterlenzkirch. In der Zeit danach blieben Schutt und Geröllmassen als (End-)Moränen zurück, ebenso wie der Ursee und das ihn umschließende Moor. Der heutige 'Rest-Ursee' war einst wesentlich größer. Untersuchungen ergaben, dass der Gletschersee früher bis etwa zur heutigen Bebauung reichte und eine Längenausdehnung von zwei Kilometern hatte. Die kleinen Moränen im Urseetal, wie beispielsweise die sogenannte 'Pulverturm-Moräne' wurden im Laufe der Zeit, jedoch durchbrochen. So konnte das Wasser abfließen, der See zog sich immer weiter zurück. Dem heutigen Restsee droht mit seinen acht bis zehn Metern Tiefe zwar kein weiteres 'Auslaufen' mehr. Stattdessen nimmt die Verlandung immer mehr zu. Historische Fotos belegen, dass der Ursee allein seit den 1930er Jahren beträchtlich geschrumpft ist.

Erdgeschichtliche Besonderheiten

Urgeschichtliche Trümmer

Die Gesteinsformationen entlang der Straße nach Schluchsee können die Aufmerksamkeit des Wanderers erregen: Innerhalb weniger hundert Meter Wegstrecke kann man mindestens 10 verschiedene Gesteinsformationen beobachten. Fesselnd sind die Eruptionsgesteine, die im Verlauf eines Vulkanausbruchs entstanden sind: Durch die Macht des Ausbruchs wurde rotes Gestein zerbrochen und in kleine Stücke zertrümmert, die anschließend von der flüssigen Lava eingeschlossen wurden. Besonders deutlich sichtbar sind diese Ereignisse und deren Produkte an den Steinen, die die Böschung des Haus Ursee bilden. Dort sind große Steine aufgeschichtet, die beim Aushub gefunden wurden. Wegen der langen Aktivität des Gletschereises sind diese Steine rundlich geschliffen.

Vom Wanderparkplatz 'Silberbrünnele' ausgehend gelangt man an der Straße nach Schluchsee schon innerhalb der nächsten 100 Meter an eine Kante von rotem und schwarzem Gestein. Hier haben wir ein Zeugnis für Plattentektonik. Dabei handelt es sich um eine Mikrokontinentkollision, die sich in der Badenweiler-Lenzkirch-Zone offenbart.

Der Schwarzwaldverein Lenzkirch hat oberhalb des Urseetales in der Nähe des Sportplatzes einen Steingarten eingerichtet, in dem verschiedene Gesteinsformationen gezeigt werden, die man auf Lenzkircher Gemarkung finden kann. Eine Informationstafel erläutert sowohl die einstige Vergletscherung als auch die Geologie.

Naturschutzgebiet

Naturschutzgebiet

Das Naturschutzgebiet wurde zuerst 1940 eingerichtet und im Jahre 1992 auf 31 Hektar erweitert (Steckbrief beim Landesamt Baden-Württemberg)

Entstehungsgeschichte des NSG Ursee bis 1940

Manfred G. Haderer beschreibt in seinem Buch Zeitläufe[1], wie die Gemeinde anfangs der 1920er Jahre das Urseetal zu einem See stauen wollte, vor allem zur Schaffung einer touristischen Attraktion. Einsprüche von Seiten von (Freiburger)Wissenschaftlern riefen geharnischte Proteste der Lenzkircher Wortführer hervor. Selbst eine Unterstützung durch das zuständige Badische Ministerium in Karlsruhe konnten die Lenzkircher erreichen. Die sich dramatisch verschlechternde wirtschaftliche Situation Ende der 1920er Jahre hat aber verhindert, dass dieses Projekt zu Ende gebracht wurde. In der Folge konnten die Verantwortlichen von der Besonderheit des Ursees und seiner Umgebung überzeugt werden, so dass im Jahr 1940 die Einrichtung des ersten Naturschutzgebietes Ursee gesetzlich beschlossen wurde.

Erweiterung des NSG im Jahr 1992

In der Nachkriegszeit ist die Gemeinde nicht besonders sensibel mit ihrem Kleinod umgegangen. Unmittelbar anschließend an das Naturschutzgebiet wurde eine Mülldeponie betrieben, die erst in den 1970er Jahren aufgegeben wurde. Der Bach aus Raitenbuch, der in das Naturschutzgebiet hineinfließt, war noch in den 1990er Jahren die Raitenbucher Kloake. Erst zum Schutz der Wasserversorgung wurde in diesem Jahrtausend die schon lange bestehende Abfallwasserleitung saniert und zudem der nun saubere Bach erst unterhalb des ersten Tiefenbrunnens in das NSG geleitet.

Die Wiesen und deren Nutzung, auch deren Düngung mit Gülle innerhalb des Naturschutzgebietes, kann man hier gut erkennen. Im Hintergrund sieht man eine der Sturmflächen, auf denen der Orkan Lothar am 26.Dez. 1999 flächendeckend vor allem die Fichten umgerissen hat. Die nicht gemähten Wiesenränder werden durch eine Vielzahl von Insekten, besonders auch von Tagfaltern bevölkert.

Zum Schutz vor allem der Kreuzotter wurde im Jahr 1992 das Naturschutzgebiet stark erweitert und fast bis nach Lenzkirch ausgedehnt[2]. Dabei wurde allerdings in den neu geschützten Flächen die landwirtschaftliche Nutzung weiterhin genehmigt: §5 Zulässige Handlungen: (Die Verbote aus §4 gelten nicht 3.:für die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung in der bisherigen Art, in der bisherigen Intensität und im bisherigen Umfang mit der Maßgabe, daß auf den Grundstücken Flst.Nrn. 392, 393, 398, 401, 421 und 425 das Ausbringen von mineralischem Stickstoffdünger, Gülle und Jauche untersagt ist. Aus der Verordnung)

Weiterhin befinden sich aktuell zwei Tiefbrunnen innerhalb des Naturschutzgebietes, so dass einige Flächen gleichzeitig den Regeln des Wasserschutzes, der Naturschutzverordnung und denen des Naturschutzgesetzes unterworfen sind.

Aktuelle Probleme des Naturschutzes im Urseetal

Verlandung des Ursee und Überwachsen des Moores mit Fichten und Birken

Noch vor 80 Jahren war das Ufer frei von Baumwuchs und daher der See gut einsehbar. Aktuell ist der See nur von der Höhe des Urseerundweges von Süden her einzusehen, am besten nach der Schneeschmelze und vor der Vegetationszeit. Von den übrigen Seiten hindern Fichten und Birken den Blick auf den See. Während bis in die 1950er Jahre das Gelände um den See als 'Einstreu' gemäht wurde, findet diese Pflege aktuell nicht mehr statt.

Das Regierungspräsidium genauso wie die Naturschutzbehörde beim Landratsamt wollen keine Seepflege: Dadurch wird der See irgendwann verlanden. Heute ist die Seefläche im Vergleich mit dem Zustand, als das Naturschutzgebiet 1940 eingerichtet wurde, schon deutlich verringert. Die Naturschutzbehörde erwägt, die Fläche um den See zu enthursten, um die schützenswerte Fauna und Flora zu erhalten.

Landwirtschaftliche Nutzung

In der Verordnung aus dem Jahr 1992[2] wurde die landwirtschaftliche Nutzung in der bisherigen Art, Intensität und Umfang weiterhin genehmigt. Die aktuelle Nutzung im Jahr 2009 geht darüber hinaus: Einige der beteiligten Bauern haben ihre Viehhaltung auf Laufställe umgestellt und müssen jetzt den Güllespeicher so oft leeren, dass auch Wiesen im Naturschutzgebiet mehrmals im Jahr gedüngt werden, was der Verordnung widerspricht. Die pflanzliche Artenvielfalt leidet seither nachweislich.

Bei anhaltender Regenarmut fällt der Urseebach in Abschnitten trocken. In den verbliebenen Pfützen ersticken die Forellen. Dieses Problem wurde bei Baggerarbeiten im Bach verursacht und wird möglicherweise durch die Wasserentnahme im Untergrund des Baches verschärft.

Der Wasserspiegel im Urseebach

Durch eine Tieferlegung des Bachbettes im Zusammenhang mit der Neuanlage eines Spazierweges um 1975, mit der man vor allem die Frühjahrs-Überschwemmungen verhindern wollte, wurde das Bachbett so zerstört, dass seitdem bei anhaltender Trockenheit der Bach streckenweise trockenfällt mit verheerenden Folgen für den Fischbestand. Eigentlich zeugen Bachforellen von einer sehr guten Wasserqualität, aber tote Bachforellen sind in diesem Fall Zeichen für diese Sünde der Vergangenheit. Inwieweit die Wasserentnahme durch die zwei Tiefbrunnen im Naturschutzgebiet für das Trockenfallen verantwortlich ist, ist - wie Presseberichte belegen - Streitpunkt in der Diskussion mit der Gruppenwasserversorgung.

Die Wahrnehmung des Naturschutzgebietes

Weil das erweiterte Naturschutzgebietes aus dem Jahr 1992 durch keine Beschilderung oder Informationstafel ausgeschildert ist, kommt es dauerhaft zu Überschreitungen der Gesetze und Verordnungen, auch durch Anrainer und Einheimische. Für die Aufrechterhaltung des Naturschutzes wird eine umfassende Beschilderung und Information benötigt.

Artenvielfalt

Pflanzen im Moor

Orchideenarten im Urseetal: Wenn am Kaiserstuhl die Orchideen schon verblüht sind, entdeckt man im Hochschwarzwald noch lange die blühenden Pflanzen.

Zitiert nach Manfred G. Haderer: Im urweltlich anmutenden Biotop Ursee und Urseemoor tummeln sich rare Pflanzengesellschaften, es gibt eine beinahe lehrbuchartige Zonierung von Moorpflanzen. Fieberklee und Torfmoos, Rosmarinheide und Moosbeere, Schlamm-Segge und Sumpf-Bärlapp finden ideale Bedingungen. Der seltene, fleischfressende Sonnentau kommt ebenso vor, wie das Bittersüß oder ein kleiner Bestand der beinahe ausgestorbenen Teichrose. Bei den Tieren können in dieser sehr lebensfeindlichen Moorwelt, wo die Wasserqualität dem Säuregrad eines Salat-Essigs kaum nachstehen soll, nur hoch spezialisierte Arten überleben. Einige Wasservogelarten trifft man zwischen den im Moor wurzelnden Weiden und Schwarzerlen an, bestimmte Libellenarten schweben an sonnigen Tagen über dem See und in der Umgebung findet die seltene Kreuzotter ein letztes Rückzugsgebiet. Kein Wunder, dass dieser wertvolle Naturraum gänzlich geschützt ist.[1]. Dieser Abschnitt bezieht sich vor allem auf den Teil des NSG, der vor 1992 schon geschützt war.

Trollblume, Wollgras, Türkenbundlilie und verschiedene Orchideenarten, seltene und geschützte Pflanzen also, die eher ins Auge fallen, kann man ebenfalls im Urseetal finden.

Tagfalter

Nierenfleckzipfelfalter und Schecken- und Perlmutterfalter

Bei der Wanderung um das Urseetal herum kann man in verschiedenen Biotopen Schmetterlinge beobachten: im schattigen Waldbereich, auf den sonnigen Wiesen und den Hecken im Tal, an der Grenze von Sumpf und Moor: Verschiedene Weiß- und Gelblinge, mehrere Scheckenfalter- und Perlmutterfalterarten, Kaisermantel, Feuerfalter, Zipfelfalter oder andere Bläulinge, genauso wie eine ganze Reihe von Augenfaltern, beispielsweise Mohrenfalter, Waldbrettspiel, Wiesenvögelchen, Großes Ochsenauge, oder Fleckenfalter wie zum Beispiel Admiral, Kleiner Fuchs, Trauermantel, C-Falter, oder Landkärtchen lassen sich von April bis in den November hinein beobachten. Zwischen 2007 und 2009 wurden über 40 verschiedene Arten dokumentiert.

Seltener Vogel

Wasseramsel bei strengem Frost

Ein Dauerbewohner im Urseetal ist die seltene Wasseramsel (Cinclus cinclus), der einzige Singvogel, der schwimmt: Schon im Winter kann man sie bei schönem Wetter an ihrem Zwitschern erkennen. Meist bemerkt man sie erst, wenn sie wegfliegt. Schwimmend oder von Steinen im Bach pickend muss sie sich auch bei -20 °C ihr Futter suchen. Im Wasser ist es dann am wärmsten.

Artenschutz

Seit einigen Jahren führen Lenzkircher Naturschützer Aktionen durch, bei denen das Urseetal und benachbarte Täler vom Indischen Springkraut und anderen Neophyten befreit werden. Dadurch konnte bisher ein Befall der Tallandschaften durch die invasiven Neophyten verhindert werden. Mit Hilfe eines Artenschutznetzwerkes[3] wird versucht, eine Erfassung und Koordination dieser Aktivitäten rund um den Feldberg zu erreichen.

Tourismus

Ab 30 cm Schneehöhe wird in Lenzkirch gespurt. Wer vorher langlaufen will, muss seine Spuren selber legen.

Das Urseetal wird von der Gemeinde Lenzkirch mit verträglichen Freizeitaktivitäten touristisch erschlossen: Nordic Walking, Mountain-Biken oder Ski-Langlauf, dazu Joggen, Berglauf oder Wandern. Speziell ausgewiesene Parkplätze oder Einkehrmöglichkeiten gibt es nicht, diese finden sich in Lenzkirch selbst oder in Raitenbuch.

Wintersport im Urseetal

Die Gemeinde Lenzkirch spurt im Urseetal bei genügend Schnee eine Loipe für das klassische Langlaufen, das Diagonallaufen. Außerdem besteht eine Übergangsspur zur Pflumbergspurloipe, so dass bis zu 20 km Loipe für den geübten Klassikläufer verfügbar sind.

Wandern im Urseetal und darüber hinaus

Wegen des geringen Autoverkehrs ist das Urseetal ein geeigneter Ort, um Ruhe im Wald zu genießen und um große und kleine Wanderungen zu unternehmen. Für das Nordic Walking sind Strecken ausgeschildert. Nicht nur der Urseerundweg, etwa 6,6 Kilometer lang, sondern auch der Weg über den Raitenbucher Höhenweg bieten verschiedene Streckenvarianten. Übergänge Richtung Feldberg/Schluchsee/Titisee-Neustadt/Bonndorf sind alle ausgeschildert.

Quellen

Einzelnachweise

  1. a b Manfred G. Haderer; Gemeinde Lenzkirch (Hrsg.): ZEITLÄUFE Lenzkirch im Wandel: Geschichten und Bilder eines Jahrhunderts:. Geiger-Verlag, Lenzkirch 2009, ISBN 978-3-86595-299-8.
  2. a b Verordnung aus dem Jahr 1992
  3. Artenschutznetzwerk Hochschwarzwald

Weitere Quellen

Literaturverzeichnis im Steckbrief des Landesamtes

Die Naturschutzgebiete im Regierungsbezirk Freiburg, Hrsg.v. Regierungspräsidium Freiburg, bearbeitet von der Bezirkstelle für Naturschutz und Landschaftspflege, illustriert, 636 Seiten, Verlag Jan Thorbecke 1998, ISBN 3-7995-5171-9

Weblinks


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