Neue Synagoge (Bad Kissingen)

Neue Synagoge (Bad Kissingen)
Die Synagoge von Bad Kissingen
Gedenktafel für die zerstörte Synagoge, im Jahr 2002 an deren Standort aufgestellt

Die ehemalige Synagoge in Bad Kissingen, einer Stadt im bayerischen Regierungsbezirk Unterfranken, wurde 1900/02 an der Max-Straße (früher Promenadenstraße 1) erbaut, beim Novemberpogrom 1938 beschädigt und danach 1939 abgebrochen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1705 wurde eine Synagoge unweit des Judenhofes der Erthaler Schutzjuden erbaut. An gleicher Stelle wurde 1851/52 ein Neubau, die so genannte „Alte Synagoge“ erstellt, der jedoch auf Grund der schnell wachsenden Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder zu klein wurde und 1927/28 abgerissen wurde.

Deshalb wurde in den 1890er Jahren der deutsche Architekt Carl Krampf mit einem Neubau der Synagoge beauftragt, der 1894 mit den ersten Skizzen begann. Der Neubau sollte nach dem Vorbild der Synagoge im Konkurrenzbad Baden-Baden im neoromanischen Stil errichtet werden. Man beabsichtigte, eine Synagoge zu bauen, die einem Weltbad würdig war und die jüdische Gemeinde repräsentierte, ohne sich von ihrer christlichen Umwelt abzuheben.

Im Jahr 1899 wurden Carl Krampfs Pläne genehmigt. Im Herbst desselben Jahres begannen die Bauarbeiten und endeten im Jahr 1902. Am 16. Juni 1902 fand die Einweihungsfeier unter großer Anteilnahme auch des nichtjüdischen Teiles der Bad Kissinger Bevölkerung statt.

Kantor an der Bad Kissinger Synagoge war Ludwig Steinberger, Vater des Physik-Nobelpreisträgers Jack Steinberger.

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 fiel die Synagoge den Zerstörungen der Pogromnacht zum Opfer. Bereits einen Monat vorher war die Synagoge von Kreisleiter Heimbach mit der Andeutung besichtigt worden, dass „die Existenz der Synagoge [...] nur eine Frage der Zeit“ sei. Am 17. März 1939 beschloss der Bad Kissinger Stadtrat auf Betreiben des 2. Bürgermeisters Willy Messerschmidt wegen angeblicher Baufälligkeit den Abriss, obwohl Landrat Dr. Conrath auf die hohen Abrisskosten hinwies und laut Brandversicherung eine Reparatur der Schäden ausgereicht hätte.

Zum Zweck des Abrisses der Synagoge kaufte die Stadt Bad Kissingen das Anwesen Maxstraße 10 im April 1939 für 16.000 RM. Das Baumaterial der Synagoge wurde großteils für den Bau des Bürgermeister- und des Kreisleiterhauses am Staffels sowie für Behelfsheime verwandt.

Die Zerstörung der Synagoge fand nicht in der ganzen Bevölkerung Zustimmung. Einige lehnten sie sogar ab, doch trauten sich nur wenige, ihre Kritik offen zu äußern. Einer derjenigen, die offen Kritik äußerten, war der katholische Stadtkaplan Franz Hartinger, der in einer Religionsstunde an der Bad Kissinger Berufsschule die Zerstörung der Synagoge kritisierte. Später bestritt Hartinger, öffentlich Kritik geübt zu haben, so dass das Landgericht Bamberg Ende April 1939 das Verfahren gegen ihn einstellte. Vom Oberstaatsanwalt in Schweinfurt bekam Hartinger lediglich eine eindringliche Verwarnung.

Mitte Februar 1949 schließlich begann beim Landgericht Schweinfurt der Prozess gegen 14 Beteiligte der Pogromnacht vom 9. November 1939. Am 21. Dezember 1949 fiel das Urteil: Emil Otto Walter, Hauptangeklagter im Verfahren, wurde wegen Anstiftung zur Brandstiftung zu 2,5 Jahren Gefängnis verurteilt. Für 12 Angeklagte, unter ihnen den damaligen Kreisleiter und den 2. Bürgermeister der Stadt Bad Kissingen, gab es „mangels Schuld“ bzw. „mangels Beweises“ Freisprüche.

Nach langen Verhandlungen beglich der Stadtrat von Bad Kissingen schließlich am 25. Juni 1951 Rückerstattungsansprüche in Höhe von 165.000 RM an die die Rechte der Holocaust-Überlebenden wahrnehmenden Organisation „Jewish Restitution Successor Organization“.

Architektur

Die Pläne entwarf der Architekt Carl Krampf aus Bad Kissingen in neoromanischem Stil. Die Synagoge hatte eine Länge von 33 Meter, eine Breite von 18 Meter und mit der Kuppel eine Höhe vom 33 Metern. Der Männerbetsaal hatte 200 Sitzplätze, die Frauenempore bot für 120 Personen Platz.

Gedenken

Am Platz der ehemaligen Synagoge befindet sich seit 1967 eine Gedenktafel; 2002 wurde dort ein neues Denkmal aufgestellt.

Weblinks

Literatur

  • Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. Hrsgg. von der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. München 1988, S. 38−40, ISBN 3-87052-393-X
  • Hans-Jürgen Beck, Rudolf Walter: Die Synagoge, in: Jüdisches Leben in Bad Kissingen. Herausgegeben von der Stadt Bad Kissingen, Bad Kissingen 1. Auflage: 1990, S. 20
  • Die Glaubensgemeinschaften in Bad Kissingen - Die israelitische Gemeinde, in: Thomas Ahnert, Peter Weidisch (Hg.): 1200 Jahre Bad Kissingen, 801-2001, Facetten einer Stadtgeschichte. Festschrift zum Jubiläumsjahr und Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung. Sonderpublikation des Stadtarchivs Bad Kissingen. Verlag T. A. Schachenmayer, Bad Kissingen 2001, ISBN 3-929278-16-2, S. 308 ff. [nicht ausgewertet]
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