Normierung (Psychologische Diagnostik)

Normierung (Psychologische Diagnostik)

Mit Normierung bezeichnet man die Anpassung von psychodiagnostischen Instrumenten an eine spezifizierte Personengruppe.

In den empirischen Sozialwissenschaften werden als Messinstrumente häufig psychodiagnostische Testverfahren angewendet, wie z. B. Intelligenztests. psychologische Tests werden allerdings vor der Freigabe zum Verkauf und zur Anwendung auf ihre (statistische) Ergebnisverteilungform hin überprüft, was teilweise ein kostspieliges und zeitintensives Unterfangen ist. In der Wissenschaft gibt es Personenvariablen, deren Verteilung zum Beispiel als normalverteilt angenommen werden, hier sei die Intelligenz herausgegriffen, die bekanntermaßen im Sinne der gaußschen Normalverteilung wahrscheinlichkeitsdichteverteilt ist.

Möchte ein Forscher einen neuartigen Intelligenztest entwerfen, so muss er im Rahmen des Normierungsprozesses angeben, für welche Zielgruppe dieser Test ein gültiges Messinstrument sein soll. Das ist nötig, da etwa die Auswertekritierien für 7-jährige Schulkinder anders sein müssen als die für erwachsene Testteilnehmer. Ist das Testverfahren fertig konstruiert, kann ein Teilnehmer am veröffentlichten Test und seinem Auswertungsergebnis erkennen, wie seine Personenmerkmale in Bezug auf die normierende Referenzgruppe sind. Die zu Grunde liegende Norm ist also eine interindividuelle beziehungsweise soziale Norm.

Inhaltsverzeichnis

Einfluss der Kulturalität auf die Normierung

Aber nicht nur in Bezug auf das Alter muss ein psychodiagnostisches Instrument "geeicht" werden, sondern evtl. auch auf unterschiedliche Kulturen. Ein fiktiver Test, der in Mitteleuropa (erfolgreich) das Konstrukt "soziale Unterwürfigkeit" misst, kann - bei der Anwendung in Fernost - völlig verwendungsunfähige Indizes ausgeben, da viele soziale Interaktionen aus dem asiatischen Raum in Zentraleuropa als übertriebene Höflichkeit oder gar Unterwerfungsgesten gedeutet würden. Weitere Dimensionen, die in den Normierungsprozess einbezogen werden müssen, sind denkbar.

In der Entstehungsphase des Testverfahrens bedient sich der Forscher typischerweise eines großen Itempools, also einer umfassenden Sammlung eventuell passender Fragestellungen ("Items" genannt), von denen er einige für den ersten Prototypen auswählen wird. Daraufhin wird die repräsentative Versuchsgruppe mit dem Test konfrontiert. Wird (in diesem Falle) die gaußsche Normalverteilung nicht erreicht, sondern sprechen die Ergebnisse eher für einen Deckeneffekt, so ist eine Änderung der Items aus dem Pool hin zu anspruchsvolleren Problemstellungen nötig. Dieses Verfahren - die Normierung - muss evtl. mehrfach wiederholt werden.

Einfluss der Zeit auf Normierungsprozesse

Ist ein psychodiagnostisches Messinstrument erst einmal zur Vermarktung freigegeben, ist es nicht korrekt, dieses über einen nachfolgend unbegrenzten Zeitraum an Klienten bzw. Patienten anzuwenden. Insbesondere die oben erwähnten Intelligenztests müssen regelmäßig neu normiert werden. Als Grund dafür wird häufig der Flynn-Effekt zitiert.

Einfluss von gesellschaftlichen Änderungen auf Normierungsprozesse

Insbesondere psychologische Tests, die nicht den projektiven, sondern den objektiven (Leistungs)tests zugeordnet werden müssen, müssen regelmäßig "gewartet" werden. Beispiel: Eine Wissensfrage in einem IQ-Test nach Politikernamen kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges war in den 1950er Jahren sicherlich eine als einfach einzustufende Frage. Würde sie heute gestellt werden, wäre eine viel kleinere Personengruppe in der Lage, diese korrekt zu beantworten, der betr. Test würde also anteilig komplizierter und das Maximum der Verteilungsfunktion würde geringfügig zu kleineren Werten verschoben. Gesellschaftlicher Wandel kann also eine "Neujustierung" eines psychologischen Verfahrens erzwingen.

Einfluss der internationalen Verbreitung von Tests

Testverfahren, deren Gütekriterien hohe (im Sinne von gute) Werte aufweisen, werden über die Scientific Community häufig in der ganzen Fachwelt populär. Forschungen haben jedoch erwiesen, dass bereits kleine Manipulationen an der Frage- bzw. Aufgabenstellung die Antwortverteilung durch die Testteilnehmer massiv verzerren können. Diese Tatsache, die insbesondere bei Übersetzungen problematisch wird, kann eine völlige Neunormierung nötig machen.

Literatur

  • H. W. Krohne & M. Hock. (2007). Psychologische Diagnostik - Intelligenztests. Stuttgart: Kohlhammer.

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