Otto Reisch

Otto Reisch

Otto Reisch (* 23. Oktober 1891 in Linz; † 1977 in Innsbruck) war ein österreichischer Psychiater und T4-Gutachter.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Reisch absolvierte nach dem Abschluss seiner Schullaufbahn an der Universität Innsbruck ein Studium der Medizin und wurde 1924 an der dortigen Universität zum Dr. med. promoviert.[1] Am Anatomischen Institut war er zu Studienzeiten Demonstrator.[2] Von 1924 bis 1926 war Reisch Stipendiat der Rockefeller-Stiftung. Danach war er von 1926 bis 1936 als Assistenzarzt am Physiologischen Institut und später an der Psychiatrisch-neurologischen Klinik.[1]

Reisch engagierte sich früh für die NSDAP. Den NSDAP-Aufnahmeantrag stellte er noch vor dem Parteiverbot im Jahre 1933 bei der Ortsgruppe Kitzbühel. An der Universität Innsbruck wurde er 1936 aufgrund seiner nationalsozialistischen Betätigung entlassen.[2] Ende 1936 ging er nach Berlin, wo er als „politischer Flüchtling“ anerkannt wurde. In Berlin arbeitete er anschließend bis März 1938 als Oberarzt der Neurologischen Abteilung am Robert Koch Krankenhaus.[3]

Zeit der Nationalsozialismus

Nach dem „Anschluss Österreichs“ an das Deutsche Reich kehrte er nach Österreich zurück, wobei er anfangs während einer zweijährigen Tätigkeit in Wien als Stadtrat mit dem Neuaufbau des Gesundheitswesens beauftragt war. Er war dabei Referent für die Durchführung der Berufsbeamtenverordnung im Bereich sämtlicher Schulen, Universitäten und Arztstellen der Ostmark. Mit Wirkung zum 1. Jänner 1940 wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt und begann im März 1940 seine Tätigkeit als Vorstand der Psychiatrisch-neurologischen Klinik in Graz, die er bis Mai 1945 ausübte.[4]

Er war vom 30. April 1940 bis zum 2. Juli 1940 als T4-Gutachter im Rahmen der Aktion T4 tätig.[5] Von 1940 bis 1945 war Reisch Mitglied des Erbgesundheitsobergerichts für Steiermark und Kärnten und demnach aktiv an der Durchführung des Sterilisationsgesetzes beteiligt.[6]

Nach Kriegsende

Zwischen 1950 und 1977 übte Reisch wieder seine Tätigkeit als Psychiater in Innsbruck aus.[1]

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c Eberhard Gabriel und Wolfgang Neugebauer: Von der Zwangssterilisierung zur Ermordung. Zur Geschichte der NS-Euthanasie in Wien. Teil II. Böhlau, Wien 2002, ISBN 320599325X, S. 407.
  2. a b Otto Reisch auf www.uni-graz.at
  3. Wolfgang Freidl et al. (Hrsg.): Medizin und Nationalsozialismus in der Steiermark. 2001, Innsbruck: Studien-Verlag.
  4. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Frankfurt am Main 2007, S. 490.
  5. Ernst Klee: Euthanasie“ im NS-Staat. 11. Auflage. Fischer-Taschenbuch, Frankfurt/M. 2004, ISBN 3-596-24326-2, S. 228.
  6. Wolfgang Freidl und Werner Sauer: NS-Wissenschaft als Vernichtungsinstrument. Facultas Universitätsverlag, Wien 2004, S. 211.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Reisch (Begriffsklärung) — Reisch bezeichnet einen Stadtteil von Landsberg am Lech: Reisch Reisch ist der Familienname folgender Personen: Emil Reisch (1863–1933), österreichischer klassischer Archäologe Erwin Reisch (* 10. November 1924), Agrarökonom und Altpräsident der… …   Deutsch Wikipedia

  • Otto Stark — (* 2. April 1922 in Wien) ist ein österreichischer Kabarettist. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Filmografie 3 Einzelnachweise 4 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Otto Juch — (* 25. Februar 1876 in Kirchbichl; † 19. Februar 1964 in Wien) war ein österreichischer Finanzfachmann und Politiker der ersten Republik. Otto Juch war Finanzbeamter und war von 1929 bis 1931 Finanzminister. Als Finanzbeamter war er maßgeblich an …   Deutsch Wikipedia

  • Otto Walter (Archäologe) — Otto Walter (* 22. September 1882 in Wien; † 15. Februar 1965 in Parsch) war ein österreichischer Klassischer Archäologe. Der Schüler Emil Reischs war von 1908 bis 1938 Mitarbeiter, dann Direktor am Österreichischen Archäologischen Institut Athen …   Deutsch Wikipedia

  • Otto Steinwender — (* 17. Februar 1847 in Klagenfurt; † 20. März 1921 in Villach) war ein österreichischer Politiker (DnP/GdP) und Gymnasialprofessor. Er war Abgeordneter zum Kärntner Landtag und zum Abgeordnetenhaus, Obmann der Deutschen Volkspartei sowie Mitglied …   Deutsch Wikipedia

  • Emil Reisch — (* 28. September 1863 in Wien; † 13. Dezember 1933 ebenda) war ein österreichischer klassischer Archäologe. Leben Nach dem Schulbesuch in Wien, Ödenburg (heute Sopron) und Innsbruck, wo er 1881 die Matura ablegte, begann Reisch noch im selben… …   Deutsch Wikipedia

  • Julius Otto Mandl — Joe May (* 7. November 1880 in Wien, Österreich; † 29. April 1954 in Hollywood, Los Angeles, Kalifornien, USA; eigentlich: Joseph Mandel oder Julius Otto Mandl) war ein österreichischer Filmregisseur und produzent. Er gehört zu den Pionieren des… …   Deutsch Wikipedia

  • Th. Reisch — Bernhard Thiersch Denkmal in Kirchscheidungen Bernhard Thiersch (* 26. April 1793 in Kirchscheidungen; † 1. September 1855 in Bonn; Pseudonyme: Robert Walthers, Th. Reisch) war ein preußischer Lehrer. Er dichtete 1830 die preußische Nationalhymne …   Deutsch Wikipedia

  • Carlos Reisch — Allgemeine Informationen Genre(s) Funk (Musik), Jazz, Hip Hop Gründung 2008 (Neugründung) Website …   Deutsch Wikipedia

  • T4-Gutachter — Ausschnitt aus der T4 Gutachterliste (Heidelberger Dokumente Nr. 127.891) T4 Gutachter waren ärztliche Gutachter, die von der für die Organisation und Durchführung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ Morde, der Aktion T4, zuständigen… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”