Pater Filuzius

Pater Filuzius
Titelseite zu Pater Filuzius
Zwei Einzelszenen aus Pater Filuzius

Pater Filuzius ist eine Bildergeschichte des humoristischen Dichters und Zeichners Wilhelm Busch. Sie erschien 1872 im Bassermann Verlag.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Wilhelm Busch hatte zu Beginn der 1870er Jahre zwei Bildergeschichten veröffentlicht, die ganz oder teilweise von seiner antiklerikalen Haltung geprägt waren. Der Heilige Antonius von Padua, der im Verlag Moritz Schauenburg erschienen war, hatte unter anderem dazu geführt, dass die Staatsanwaltschaft den Verleger Moritz Schauenburg in Offenburg wegen Veröffentlichung einer unzüchtigen Schrift anklagte. Moritz Schauenburg wurde zwar von der Anklage 1871 freigesprochen, die Geschichte machte Wilhelm Busch jedoch zu einem bekannten Skandalautor. Da Moritz Schauenburg weitere Anklagen befürchtete, wurde Buschs zweite antiklerikal geprägte Bildergeschichte Die Fromme Helene von seinem langjährigen Freund Otto Friedrich Bassermann veröffentlicht, der den von seinem Vater Friedrich Daniel Bassermann geerbten Verlag weiterführte. Auch diese Geschichte war vor dem Hintergrund des Kulturkampfes sehr erfolgreich und wurde sehr schnell sogar im Ausland veröffentlicht. Otto Friedrich Bassermann regte daraufhin seinen Freund an, eine Bildergeschichte zu verfassen, die erneut auf eine anti-katholische Leserschaft abzielte. Er hoffte dabei, dass die Bildergeschichte an die Qualität der beiden ersten Bildergeschichten heranreiche. In ihrer satirischen Überzeichnung von Frömmelei, Aberglauben und spießiger Doppelmoral gehen diese beiden Bildergeschichten weit über den konkreten historischen Kontext hinaus.[1]

Inhalt

Hauptperson in der Bildergeschichte von Pater Filuzius ist der reiche Privatier Gottlieb Michael. Seine beiden Tanten gehören den beiden Konfessionen an, die sich zum Zeitpunkt des Entstehens dieser Bildergeschichte in Deutschland bekämpften. Tante Petrine ist üppig, behäbig und katholisch, Tante Pauline ist mager, spitz und evangelisch. Die Base Angelika ist dagegen vollbusig und blond. Sie wird als Erste von Pater Filuzius umworben, dessen Ziel es ist, Gottlieb Michael um sein Geld zu bringen. Als dies nicht gelingt, wirbt er um die Zuneigung der Tante Petrine, der er unter anderem den kleinen Schnauzer Schrupp schenkt, dem allerlei Grausamkeiten widerfahren. Pater Filuzius findet sozialistische Kumpane in den Figuren Inter-Nazi und dem Franzosen Jean Lecaq, die gemeinsam mit ihm den wohlhabenden Gottlieb Michael vergiften wollen. Drei Freunde Gottlieb Michaels, der Wachtmeister Hiebel, der Lehrer Fibel und der Bauer Bullerstiebel, machen dem Treiben der drei Bösewichte jedoch mit Rute, Säbel und Mistgabel ein Ende. Gottlieb Michael kann schließlich seine schon lange begehrte Base Angelika heiraten.

Beurteilung

Die Bildergeschichte Pater Filucius, die sich gegen den damals sehr umstrittenen Jesuitenorden wendet, hat einen stärkeren Zeitbezug als Die Fromme Helene oder Der Heilige Antonius und wurde von Wilhelm Busch später selbstkritisch als eine allegorische Eintagsfliege bezeichnet.[2] Sie gilt von den drei antiklerikalen Schriften Buschs allerdings als die Schwächste und ist auch das einzige Werk, das Busch auf Anregung eines Verlegers erstellte. Bassermann selber war mit der Bildergeschichte nicht einverstanden. Im Börsenblatt vom 26. Oktober 1872 kündigt er es mit den halbherzigen Worten an: Busch behandelt in diesem neuen Werkchen die gegenwärtig die Tagespresse sehr in Anspruch nehmende Jesuitenfrage mit dem ihm eigenen Humor ... Es ist ein kleines, anscheinend sehr harmloses Familienstück, in dessen komischen Szenen aber ... die Repräsentanten aller streitenden Parteien in allegorischen Figuren auftreten...[3]

Die Bildergeschichte wird heute ähnlich gewertet. Die Busch-Biografin Eva Weissweiler bezeichnet sie als ein simples, schnell zusammengeschustertes Pamphlet auf relativ niedrigem Reflexionsniveau und nennt sie eine politische Tendenzdichtung, mit der Busch sich zum Sozialistenfressen und willigen Sprachrohr Bismarcks gemacht habe.[4] Golo Mann bezeichnet die Geschichte sogar als die unerfreulichste seiner Versgeschichten.[5]

Belege

Literatur

  • Michaela Diers: Wilhelm Busch, Leben und Werk. dtv 2008, ISBN 978-3-423-34452-4
  • Joseph Kraus: Wilhelm Busch. Rowohlt, Reinbek 1970 (16. Auflage 9/2004), ISBN 3-499-50163-5
  • Gudrun Schury: Ich wollt, ich wär ein Eskimo. Das Leben des Wilhelm Busch. Biographie. Aufbau-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-351-02653-0
  • Gert Ueding: Wilhelm Busch. Das 19. Jahrhundert en miniature; Insel, Frankfurt/M. 1977; Neuauflage 2007
  • Eva Weissweiler: Wilhelm Busch. Der lachende Pessimist. Eine Biographie. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007, ISBN 978-3-462-03930-6

Einzelbelege

  1. Diers, S. 99
  2. Kraus, S. 68
  3. zitiert nach Weissweiler, S. 213
  4. Weissweiler, S. 209
  5. zitiert nach Weissweiler, S. 209

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Der Geburtstag oder die Partikularisten — Titelblatt zu Der Geburtstag Einzelszenen aus Der Geb …   Deutsch Wikipedia

  • Der Heilige Antonius von Padua — Einzelszene aus Der Heilige Antonius von Padua …   Deutsch Wikipedia

  • Wilhelm Busch — Infobox Artist name = Wilhelm Busch caption = Self portrait birthdate = birth date|1832|4|15|df=y location = Wiedensahl near Hannover, Germany deathdate = Death date and age|1908|1|9|1832|4|15|df=y deathplace = Mechtshausen, Germany nationality …   Wikipedia

  • Hans Huckebein, der Unglücksrabe — Titelblatt zur Veröffentlichung Hans Huckebein der Unglücksrabe ist eine Bildergeschichte von Wilhelm Busch. Erstmals veröffentlicht wurde sie in den Blättern: Über Land und Meer, Stuttgart, Eduard Hallberger, X. Jahrgang (Oktober 1867–September… …   Deutsch Wikipedia

  • Krischan mit der Piepe — Titelbild von Krischan mit der Piepe In der Bildergeschichte Krischan mit der Piepe beschreibt Wilhelm Busch 1864 den Rausch eines Jungen, der heimlich und verbotenerweise Vaters Meerschaumpfeife raucht. Die Geschichte ist in Reimen auf… …   Deutsch Wikipedia

  • Kritik des Herzens — ist die erste Gedichtsammlung von Wilhelm Busch. Sie erschien 1874 bei Friedrich Bassermann in Heidelberg. Nach dem großen Erfolg seiner Bildergeschichten wollte Wilhelm Busch zeigen, dass er nicht nur ein großer Spaßmacher ist, sondern auch… …   Deutsch Wikipedia

  • Max und Moritz — Max (links) und Moritz Max und Moritz – Eine Bubengeschichte in sieben Streichen ist ein Werk von Wilhelm Busch. Das Werk wurde am 4. April 1865 erstveröffentlicht und zählt damit zum Frühwerk von Wilhelm Busch. Es weist jedoch im Handlungsgefüge …   Deutsch Wikipedia

  • Plisch und Plum — Titelblatt Ach, da stehn sie ohne Scham mitten in dem süßen Rahm …   Deutsch Wikipedia

  • Knopp-Trilogie — Wilhelm Busch: Herr und Frau Knopp Die Knopp Trilogie ist nach Max und Moritz wohl das bekannteste Werk von Wilhelm Busch. Der Zweizeiler Vater werden ist nicht schwer / Vater sein dagegen sehr stammt aus dieser Trilogie. Die Trilogie besteht aus …   Deutsch Wikipedia

  • Eduard Daelen — (* 18. März 1848 in Hörde; † 9. Mai 1923 in Düsseldorf), verwendete Pseudonyme Ursus teutonicus und Angelo Dämon, war ein Maler und Schriftsteller. Er ist der Nachwelt vor allem bekannt, weil er 1886 die erste Biografie über Wilhelm Busch… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”