Chiemsee-Autobahn

Chiemsee-Autobahn
Autobahn am Seehamer See, Blick nach Osten.

Als Chiemsee-Autobahn wird die Autobahnstrecke der heutigen A 8 (D) und A 1 (A) von München über Chiemsee nach Salzburg bezeichnet.

Der Bau der Strecke war in den 1930er Jahren von einem enormen propagandistischen Aufwand begleitet, der geschichtsmächtig noch Jahrzehnte später seinen Widerhall fand. Insbesondere wurde der Mythos der „grünen Autobahn“ geschaffen: Technik und Natur seien versöhnt, die Autobahn werde der Landschaft angepasst, wodurch die massiven Eingriffe des Großprojektes in die Natur bemäntelt wurden.

Das Konzept der Chiemsee-Autobahn im Gesamtnetz des NS-Autobahnprojektes ist insofern einmalig, als diese Autobahn primär zur Erreichung der Erholungsgebiete Tegernsee und Chiemsee für die Großstadt München mit etwa 800.000 Einwohnern konzipiert war. Diese Funktion der Naherholung ist für keinen anderen Streckenabschnitt im Deutschen Reich nachweisbar. Man könnte zur Analogie die Autobahnstrecke Berlin–Stettin heranziehen, die der Erreichung der Ostseebäder für die Berliner Bevölkerung diente. Allerdings ist die Entfernung nach Stettin mit 170 Kilometern erheblich weiter als die zum Chiemsee. Die einzig mit der Strecke zum Chiemsee vergleichbare Strecke wäre die 36 km lange Strecke von Mailand zum Comer See, die vom Autobahnpromotor Puricelli bereits in den 1920er Jahren gebaut worden war. Auch in diesem Falle diente die Autobahn der Naherholung der Bevölkerung von Mailand. Nicht zuletzt war es auch Puricelli, der bereits in den 1920er Jahren zusammen mit der Münchner Baugesellschaft Sager & Woerner ein Autobahnkonzept zur Erreichung des Starnberger Sees entwickelt haben soll. Planung und Bau der Autobahn München–Salzburg geschah in einem Kontext, in dem zahlreiche Straßenbauprojekte sowohl im Deutschen Reich wie auch im europäischen Ausland angeregt wurden.

Der lokale Kontext für den Planungsprozess der Strecke München–Chiemsee–Salzburg stellt sich wie folgt dar: Von der Stadt München ergab sich ein hohes Verkehrsaufkommen an Wochenendausflügen in die Umgebung, das zum Teil mit der hohen Motorisierungsdichte in München erklärt werden kann. Diese Stadt hatte 1932 mit einem Kraftfahrzeug (einschließlich Motorrädern) pro 24 Einwohnern die höchste Kraftfahrzeugdichte in Deutschland (verglichen mit Berlin mit 38 Einwohnern). Die Führungsrolle von München in der Motorisierung kommt auch darin zum Ausdruck, dass der Allgemeine Deutsche Automobilclub seit Beginn des 20. Jahrhunderts seinen Sitz in München hat. Zusätzlich zu den motorisierten Individualverkehren gab es 13 Busrouten in die Umgebung von München zu Ausflugszielen. Im Unterschied zur westlichen Region von München muss man aber feststellen, dass wichtige touristische Ziele in der östlichen Region von München, wie der Tegernsee oder der Chiemsee mit diesen Busrouten nicht erreicht werden konnten. Alfons Woerner beschrieb diese Region als schwer zugänglich. Die Zugverbindungen von München zu wichtigen touristischen Zielen in der östlichen Region waren mit langen Reisezeiten verbunden. Woerner schätzte, dass es ungefähr 5 Stunden erforderte, um von München zu der bekannten Skiregion Reit im Winkl zu reisen. Dagegen würde es nur 1,5 Stunden mit einem Auto auf der Autobahn erfordern.

Briefmarke zum Bau der Mangfallbrücke

In der Planung der Strecke München–Chiemsee–Salzburg lässt sich die Strategie erkennen, die folgenden touristischen Ziele zu kombinieren:

  1. Um die Erholungsgebiete Tegernsee, Schliersee, Seehamer See und Bayrischzell zugänglich zu machen, wurde die südliche Route über Holzkirchen gewählt, anstatt die nördliche Route über Grafing. So wuchs nach Angaben von Woerner die Länge der Strecke München–Salzburg um 20 km von 102 auf 122 km an. Wie Woerner und die Münchner Presse berichtet hatten, war die Wahl dieser Route von Hitler angeordnet worden.
  2. Die Strecke verläuft über eine Brücke über den Fluss Mangfall und eröffnet dort einen Blick auf die Kirche des Ortes Weyarn mit der weltberühmten Verkündigungsgruppe von Ignatz Günther.
  3. Der Anstieg vom Tal der Leitzach auf den Berg Irschenberg gibt einen Blick auf die Alpen frei.
  4. Auf dem Hügel Hittenkirchen ergibt sich ein Panoramablick auf den Chiemsee.
  5. Um das Moor im Süden der Route zu umgehen, wurde die Strecke direkt an das südliche Ufer des Chiemsees gelegt, so dass sich ein Panoramablick über den See ergibt.

Nahe Salzburg wird die Route zum touristischen Ziel Bad Reichenhall nach Süden gelenkt.

Literatur

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