Projekt Excelsior

Projekt Excelsior

Das Projekt Excelsior war die Bezeichnung einer Serie von bemannten Fallschirmsprüngen aus Höhen von 20 und 30 Kilometern, um ein neuartiges Fallschirmsystem, das auch für Notausstiege in großen Höhen geeignet war, zu testen. Das Programm bestand aus drei — jeweils vom Air Force-Piloten Joseph Kittinger durchgeführten — Sprüngen:

  • Excelsior I am 16. November 1959 aus 23.300 Meter
  • Excelsior II am 11. Dezember 1959 aus 22.800 Meter
  • Excelsior III am 16. August 1960 aus 31.332 Meter

Inhaltsverzeichnis

Ziel des Projekts

Da der Notausstieg mit einem Fallschirm aus einem mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit fliegenden Strahlflugzeug aus großen Höhen oft problematisch und lebensgefährlich war, wurde das Projekt Excelsior ins Leben gerufen. Das Projekt Excelsior hatte sich zum Ziel gesetzt, ein Fallschirmsystem zu entwerfen, das auch noch in 30 Kilometern Höhe benutzbar war, und zu beweisen, dass Fallschirmsprünge auch aus diesen Höhen möglich sind.

Technische Details

Damit auf den Piloten beim Notausstieg in 30 Kilometern Höhe nicht zu große Kräfte wirken, darf er lange Zeit seinen freien Fall nicht abbremsen, also nicht den Fallschirm öffnen. Während der Minuten, bis der Fallschirm endlich geöffnet werden kann, kann der Pilot leicht ins Trudeln geraten und immer schneller um seine eigene Achse rotieren. Ab 120 Umdrehungen pro Minute wird man bewusstlos, mehr als 200 Umdrehung pro Minute sind tödlich. Als Lösung wurde ein Fallschirmsystem erfunden, das aus mehreren Fallschirmen besteht. Als erstes würde sich ein Bremsfallschirm automatisch öffnen, der den Springer stabilisieren soll. Erst in etwa 5.000 Metern Höhe öffnet sich dann der Hauptfallschirm. Das gesamte Fallschirmsystem wog 75 Kilogramm.

Im Gegensatz zu dem ähnlichen Projekt Manhigh entschied man sich hier dafür, statt einer hermetischen Gondel eine offene zu nehmen, aus der der Fallschirmspringer springt. Da in 30 Kilometern die Luft sehr dünn und es bis zu -70 °C kalt ist, war die Benutzung eines Druckanzuges notwendig. Der Aufstieg fand wieder mit einem Heliumballon statt.

Excelsior I

Der erste bemannte Testsprung von Joseph Kittinger sollte erstmal „nur“ aus 23.300 Metern Höhe erfolgen, da es in dieser Höhe noch nicht lebensgefährlich ist, wenn der Raumanzug versagen würde. Für diesen Fall musste Kittinger auch vor dem Aufstieg reinen Sauerstoff einatmen, damit der Stickstoff in seinem Blut nicht bei plötzlichem Druckverlust Gasbläschen bilden würden (Dekompressionskrankheit).

Nach 1½ Jahren Vorbereitung hob am frühen Morgen des 16. November 1959 Kittinger mit dem Ballon ab. Da er die Fallschirmautomatik versehentlich zu früh aktiviert hatte, wurde während des Sprunges der Bremsfallschirm zu früh ausgelöst, so dass sich dieser nicht korrekt entfalten konnte und Kittinger begann, sich immer schneller um sich zu drehen, bis er schließlich bewusstlos wurde. Da sich jedoch sein Hauptfallschirm automatisch und erwartungsgemäß entfaltete, landete er unversehrt.

Excelsior II

Nachdem der erste Test für Kittinger beinahe tödlich ausgegangen wäre, wurde am 11. Dezember 1959 noch ein Testsprung unternommen, wieder „nur“ von 22.800 Metern aus. Diesmal verlief der Sprung erfolgreich, außerdem stellte er mit 16.800 Metern einen neuen Rekord für den längsten freien Fall auf.[1]

Excelsior III

Kittingers Rekordsprung 1960

Am 16. August 1960 morgens erfolgte der geplante Sprung aus über 30 Kilometern Höhe: Kittinger stieg mit dem Ballon bis in eine Höhe von 31.332 Meter, von dort ließ er sich aus der offenen Gondel zur Erde fallen. Er trug für diesen Sprung – neben seinem noch ungeöffneten Fallschirm und dem Druckanzug – einen Helm mit Funkgerät und Kamera sowie einen Kasten zur Datenaufzeichnung. Kittinger fiel vier Minuten und 36 Sekunden, bis sich in rund 5.500 Meter Höhe der Hauptfallschirm öffnete. Nach weiteren 9½ Minuten landete er sicher.

Ob er bei diesem Sprung die Schallmauer durchbrach, ist umstritten. In einem Beitrag für das National Geographic Magazine im Dezember 1960 berichtet Kittinger: „Obwohl sich mein Stabilisierungsschirm bei 96.000 Fuß (= 29.261 Meter) öffnet, beschleunige ich für weitere 6.000 Fuß (= 1.829 m) und erreiche in der Spitze 614 Meilen in der Stunde (= 988 km/h), neun Zehntel der Schallgeschwindigkeit für meine Höhe.“[2]

In einigen späteren Veröffentlichungen ist allerdings von 714 mph (= 1.149 km/h) oder dem Erreichen bzw. Überschreiten der Schallgeschwindigkeit die Rede,[3] so auch bis mindestens Juli 2006 in Kittingers offizieller USAF-Biographie[4] und bis Januar 2007 auf der Informationsseite zum Projekt Excelsior.[5] In anderen Beiträgen aus jüngerer Zeit werden jedoch Kittingers Angaben von 1960 bestätigt, indem wiederum von einer Geschwindigkeit „bis zu 614 Meilen pro Stunde“ und von einer „Annäherung an die Schallgeschwindigkeit“[1] berichtet wird oder er durchbricht „beinahe die Schallmauer, als er für kurze Zeit 988 km/h erreicht.“[6] Auch in seiner aktuellen USAF-Biographie ist die Angabe nach Februar 2005 auf 614 mph korrigiert worden.[7]

Aus den (unumstrittenen) Werten der Absprunghöhe und der Fallhöhe Kittingers lässt sich außerdem seine theoretische Endgeschwindigkeit berechnen, die demnach bei 275 m/s = 990 km/h liegt und somit unter der anzunehmenden Schallgeschwindigkeit von 1.003 km/h (bei −80 °C).

Bei diesem Unternehmen hat Kittinger drei Weltrekorde aufgestellt, die bis heute nicht übertroffen wurden: Höchste Ballonfahrt mit offener Gondel, höchste Geschwindigkeit eines Menschen ohne besondere Schutzhülle und längster Fallschirmsprung.

Film

Die ersten Raumfahrer. Dokumentation, 2007, 44 Min.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b U.S. Centennial of Flight Commission: Joseph Kittinger
  2. Joseph Kittinger: The Long, Loneley Leap. In: National Geographic. Dezember 1960, S. 856
  3. John L. Frisbee: The Longest Leap. In: Vol. 68, No. 6. Air Force Magazin, Juni 1985, abgerufen am 15. Januar 2009 (englisch).
  4. Kittinger-Biographie der USAF vom 21. Juli 2006 (web.archive.org)
  5. Informationsseite des USAF-Museums zum Projekt Excelsior vom 22. Januar 2007 (web.archive.org)
  6. Hans Kettwig: Der Mann, der aus dem Himmel stürzte. In: GEO. Juli 2004, S. 54
  7. Rob Bardua: Aviation pioneer to make special appearance at the National Museum of the U.S. Air Force. In: Factsheet. National Museum of the U.S. Air Force, abgerufen am 10. September 2009 (englisch).

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