Qian Xuesen

Qian Xuesen

Qian Xuesen, auch Tsien Hsue-shen (* 11. Dezember 1911 in Hangzhou; † 31. Oktober 2009 in Peking) war ein chinesischer Wissenschaftler. Er gilt als „Vater des chinesischen Raumfahrtprogramms“, hat aber auch maßgeblich an der Entwicklung der amerikanischen Raumfahrttechnik mitgewirkt.

Leben

Qian studierte von 1929 bis 1934 an der Jiaotong-Universität in Shanghai, ab 1935 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge und ab 1936 am California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena. Am Caltech fiel er rasch auf als Mitglied des Suicide Squad (Selbstmordtrupp), einer Gruppe junger Ingenieure, deren Versuche wegen häufiger Explosionspannen Aufsehen erregten. Theodore von Kármán, Pionier der Raketentechnik am Caltech, entdeckte und förderte ihn.

Als 1939 die amerikanische Armee am Caltech um Unterstützung für ein Projekt zur Entwicklung einer Starthilfsrakete für Bombenflugzeuge warb, war Qian Xuesen mit von der Partie. 1943 war er einer der Redakteure eines Projekts am Caltech, das die Aufgabe hatte, dem deutschen Raketenprogramm Paroli zu bieten. In dem Text, an dem er mitwirkte, fand sich zum ersten Mal das Kürzel JPL, für Jet Propulsion Laboratory. Seine Auftraggeber fassten rasch Vertrauen zu ihm und seiner Arbeit, so dass er die Akkreditierung für die geheimsten Rüstungsprojekte des Pentagon erhielt. 1945 wurde er nach Deutschland entsandt. Im Rahmen des Projekts Paper Clip, das zum Ziel hatte, die führenden deutschen Forscher für das amerikanische Raketenprogramm zu übernehmen, verhörte er Wernher von Braun. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich von Kármán dafür ein, dass Xuesen in das wissenschaftliche Beratungskomitee der Air Force aufgenommen wurde. „Mit 36 Jahren war er ein herausragendes Genie, dessen Arbeit enorme Impulse setzte für den Fortschritt in der Erforschung der Aerodynamik bei hohen Geschwindigkeiten und des Strahlantriebs“, urteilte von Kármán über Xuesen. William Pickering nannte Qian Xuesen den „besten Schüler von Kármáns.“

Als sich Qian Xuesen jedoch 1950 um die amerikanische Staatsbürgerschaft bewarb, beschuldigten ihn Verfechter des McCarthyismus, während der 1930er Jahre mit dem Kommunismus sympatisiert zu haben. Man entzog ihm alle Akkreditierungen. Als der Wissenschaftler im Range eines Oberst sich daraufhin entschloss, nach China zurückzukehren, fürchtete man den Verrat militärischer Geheimnisse, verhaftete ihn in Honululu und verhängte Hausarrest über ihn. Er wurde bis 1955 festgehalten. Xuesen wandte sich schließlich in einem Brief an Zhou Enlai, damals Premierminister der Volksrepublik China. Schließlich durfte er, im Austausch gegen amerikanische Kriegsgefangene aus dem Koreakrieg, nach China ausreisen.

Dort stellte er sich sogleich in den Dienst des jungen Staates. Er gründete das erste chinesische Raumforschungsinstitut, das zunächst mit sehr bescheidenen Mitteln ausgestattet war. Er arbeitete für das Verteidigungsministerium, arbeitete an der Entwicklung der 1964 gezündeten ersten chinesischen Atombombe, und an der Entwicklung von Trägerraketen für Kernwaffen.

Qian wurde auch der maßgebliche Verdienst daran zugesprochen, dass 1970 der erste chinesische Satellit seine Umlaufbahn um die Erde erreichte. Auch an der Entwicklung der Raketen vom Typ Langer Marsch war er maßgeblich beteiligt; ferner billigt man ihm zu, dass er die Grundlagen dafür geschaffen hat, dass 2003 die erste bemannte chinesische Raummission erfolgreich durchgeführt werden konnte und dass 2007 die erste chinesische Mondsonde den Erdtrabanten erreichte.

Ein dunkler Punkt in seinem Lebenswerk sind seine fehlerhaften Berechnungen zu den Ernteerträgen während des Großen Sprungs nach vorn 1958: Sie trugen dazu bei, die entstehende Hungerkatastrophe zu verschleiern und blutige Maßnahmen gegen Angehörige der Landbevölkerung zu rechtfertigen, denen das Verheimlichen von Ernteerträgen vorgeworfen wurde. Er war ein linientreues Mitglied der kommunistischen Partei; erwartungsgemäß gehörte er 1989 zu denjenigen, die die Demonstrationen auf dem Tian'anmen-Platz verurteilten und das Vorgehen der Staatsmacht verteidigten.

Die chinesische Bevölkerung nahm großen Anteil an seinem Tod. Volksmengen drängten sich vor seinem Sarg; chinesische Blogger und Chatter huldigten ihn als Superstar.

Literatur

  • Hervé Morin, Bruno Philip: Qian Xuesen. Le Monde, 6. November 2009, S. 29
  • Jane Qiu: Qian Xuesen (1911–2009). Founder of China's missile and space programme. Nature, Band 462, 2009, S. 735

Weblinks


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