Raumfahrt der Volksrepublik China

Raumfahrt der Volksrepublik China
Modelle des Raumschiffes Shenzhou 7 und der Trägerrakete CZ-5 im Nationalen Industriepark für Zivile Raumfahrt in Xi'an

Die Raumfahrt der Volksrepublik China steht unter staatlicher Kontrolle und wird von der Weltraumbehörde China National Space Administration (CNSA) koordiniert.

Leistungsfähige Höhenforschungsraketen wurden ab 1960 gestartet, der erste chinesische Erdsatellit im April 1970. Weitere Höhepunkte waren 1990 der erste Kommunikationssatellit AsiaSat-1 und 2003 die ersten Taikonauten. Das Mondprogramm begann 2007 mit einem Orbiter und sieht um 2014 die Absetzung eines Mondrovers und Gesteinsanalysen vor.

Am Mondprogramm arbeiteten 2006 zahlreiche Institute von etwa 20 Universitäten. Die beteiligten Wissenschafter unterliegen einer besonders strengen Geheimhaltung, ähnlich wie in der Sowjetunion bis zur Wende 1990.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der modernen Raumfahrt

Zeichnung einer CZ-2F-Rakete (Langer Marsch)

Seit den 1960er Jahren entwickelt die Volksrepublik China eigene Trägerraketen, die meisten Modelle sind unter dem Namen Chang Zheng (Abk. CZ, dt. Langer Marsch, LM) bekannt. Diese werden neben dem Transport von Satelliten auch für das bemannte Raumfahrtprogramm benutzt. Auslöser für den eigenen Weg war der Bruch zwischen Volksrepublik China und der UdSSR durch Mao Zedong. Bis zu diesem Zeitpunkt erhielt China die Raketen von der UdSSR.

Als eigentliche Geburtsstunde der chinesischen Raumfahrt gilt laut Franz Eharts Artikel „Die chinesische Raumfahrt“ der 8. Oktober 1956. An diesem Tag wurde das „Raketenforschungsinstitut Nr. 5“ gegründet. Es war dem Verteidigungsministerium unterstellt, zehn Forschungsinstitute waren angegliedert. Wichtigste Personen waren die beiden Wissenschafter Qian Xuesen und Ren Xinmin, die in den 1940er Jahren im Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, USA, gearbeitet hatten.

Am 19. Februar 1960 startete die erste chinesische flüssigkeitsbetriebene Höhenforschungsrakete des Typs „T7-M“ vom Raketenstartplatz Shijiedu. Seit dem Jahr 1968 gab es auch Pläne für ein bemanntes Weltraumprogramm. Das Shuguang-Raumschiff sollte ursprünglich zwei Astronauten in den Weltraum transportieren, doch politische und ökonomische Gründe ließen das Projekt 714, wie es offiziell hieß, scheitern.

Am 24. April 1970 erfolgte mit einer Rakete des Typs CZ-1 der erste Satellitenstart. Es wurde der Experimentalsatellit Dong Fang Hong I vom Kosmodrom Jiuquan in den Weltraum transportiert. 1975 gelang es erstmals, eine Nutzlast wieder auf die Erde zurückzuholen. Eine neue Rakete des Typs CZ-2C startete am 26. November des Jahres zu dieser Mission. Damals war diese Fähigkeit militärisch von Bedeutung, konnte man doch so Filmkassetten mit strategisch wichtigen Aufnahmen zurückholen und auswerten.

1980 wurden Pläne für eine bemannte Raumfahrt vorerst eingestellt. Hans-Georg Urbin, Fulda, spricht in seinem Aufsatz „Das Shenzhou-Programm“ von verschiedenen Gründen, ohne sie aber näher auszuführen.

Am 7. April 1990 erfolgte mit dem Start des Satelliten AsiaSat-1 der erste kommerzielle Satellitenstart. Er erfolgte vom Startzentrum Xichang aus mit einer Trägerrakete des Typs CZ-3.

1993 wurde die chinesische Raumfahrtagentur CNSA gegründet, ein Jahr vorher fiel der Startschuss für das Projekt „921-1“, der den Start eines bemanntes Raumschiffs vorsah. Daraus entstanden die Raumschiffe der Shenzhou-Reihe.

Im Jahr 1996 ereignete sich ein Fehlstart einer Rakete des Typs „CZ-3B“ mit einem Intelsat-Satelliten, als die Rakete kurz nach dem Start in einem nahegelegenen Dorf einschlug. Wahrscheinlich sind viele Menschen bei der Explosion des Raketentreibstoffs ums Leben gekommen. Viele internationale Kunden sahen danach von weiteren Buchungen ab.

Im Jahr 1998 erfolgte eine Umstrukturierung der chinesischen Raumfahrtbehörde. Die leichte Trägerrakete KT-1 erlitt 2002 und 2003 zwei Fehlstarts.

Am 15. Oktober 2003 schafft es China zum ersten Mal mit eigenen Kräften, Menschen in den Weltraum zu transportieren. An Bord von Shenzhou 5, die an diesem Tag startete, befand sich Yang Liwei, der einen 21-stündigen Flug absolvierte. Der zweite bemannte Raumflug Shenzhou 6 erfolgte am 12. Oktober 2005, diesmal flogen erstmals zwei Raumfahrer mit, der Start wurde erstmals live im Staatsfernsehen übertragen. Am 25. September 2008 startete Shenzhou 7 mit drei Taikonauten, wobei der erste chinesische Weltraumausstieg durchgeführt wurde.

Taikonauten

Chinesische Raumfahrer werden im Westen Taikonauten genannt. Bisher gibt es sechs Taikonauten mit Einsätzen im Weltall: Yang Liwei (Shenzhou 5), Fei Junlong und Nie Haisheng (beide Shenzhou 6), Zhai Zhigang, Liu Boming und Jing Haipeng (alle drei Shenzhou 7).

Startzentren

Gegenwärtig werden drei Startzentren für die Trägerrakete Langer Marsch verwendet:

Für besonders schwere Nutzlasten ist der südlichste Weltraumbahnhof Chinas, das Kosmodrom Wenchang auf Hainan im Bau. Es liegt nur 19 Breitengrade vom Äquator entfernt und soll 2013 in Betrieb gehen.

Zukünftige Entwicklung

Raketenentwicklung

Zur Zeit entwickelt die Volksrepublik China die Rakete Langer Marsch 5, eine Rakete mit einer Nutzlast von 25 Tonnen.

Programm zur Erforschung des Mondes

Chang'e, die erste chinesische Mondsonde

Das Programm der CNSA zur Erforschung des Mondes besteht aus vier Phasen:

  • Phase 1: Zuerst erfolgt die Entsendung der unbemannten Sonde Chang'e-1 in die Mondumlaufbahn. Der Start fand am 24. Oktober 2007 statt. Die Aufgabe der Sonde ist eine Orbiter-Mission, dabei sollen Daten von der Oberfläche gewonnen werden.[1]
  • Phase 2: Von 2009 bis 2015 will man ein Mondfahrzeug auf der Oberfläche des Mondes landen lassen. Der Lander wird ein automatisches Untersuchungsgerät für Experimente auf der Mondoberfläche mitbringen. Es sollen die Umgebungsbedingungen und das Mondgestein analysiert werden. Der wichtigste Teil der Mission soll aber die erstmalige Realisierung einer Landung auf der Mondoberfläche und die wissenschaftlichen Erforschung sein. Im Juli 2006 arbeiteten ungefähr 20 Universitäten und Institutionen am Design des Mondrovers.[2]
  • Phase 3: Um das Jahr 2020[3] will man eine Mission durchführen, die Gesteinsproben auf dem Mond einsammelt und sie zur Erde zurückbringt. Diese Mission wird Daten für einen möglichen Standort einer bemannten Mondstation genauer ermitteln. Sollte es gelingen Kernfusionsreaktoren für die Deuterium-Tritium-Fusion zu entwickeln, könnte die Gewinnung von Helium-3 vom Mond wirtschaftlich interessant werden. Gemessen am gegenwärtigen Energiebedarf der Volksrepublik China würde dies jährlich 3 Tonnen Helium-3 als Fusionstreibstoff entsprechen.[4]
  • Phase 4: Am 19. Juni 2006 nannte ein hochrangiger offizieller Vertreter der regierungsnahen Zeitung „Wen Wei Po“ in Hongkong das Jahr 2024 als Datum für eine bemannte Landung auf dem Mond. Dieses Programm würde offiziell gestartet werden, wenn im März oder April 2007 die unbemannte chinesische Mondsonde Chang'e-1 zum Mond startet.[5]

Gemäß einer Aussage von Ouyang Ziyuan, dem Chef-Wissenschaftler des Mondsondenprojekts, im August 2005 wird die Volksrepublik China verschiedene Projekte in den Bereichen Materialforschung, Dynamik, Rotation, Astronomie und anderen durchführen. Weiterhin hat China einige Szenarien für kommende Mondflüge entwickelt, die mit verschiedenen Apparaten für ein Mondradar und im Infrarotspektrum arbeiten sollen.

Nach einem Bericht der People's Daily vom Mai 2006 wird die Volksrepublik China bis 2011 mehrere Satelliten starten, die die Oberfläche des Mondes und die geologischen Strukturen untersuchen soll, um eine dreidimensionale hochauflösende Karte herzustellen.[6]

Bemanntes Raumflugprogramm

Die nächsten Ziele in der bemannten Raumfahrt sind Rendezvous und Kopplung in der Erdumlaufbahn, die Errichtung einer bemannten Raumstation und eine bemannte Landung auf dem Mond. Zusätzlich zu den 12 Taikonauten, die 1998 ausgewählt wurden, soll eine weitere Gruppe von sieben Raumfahreranwärtern (fünf Männer und zwei Frauen) ausgebildet werden. Derzeit läuft der Auswahlprozess, der noch 45 Kandidaten in der engeren Wahl hat, aus denen die nächste Taikonautengruppe gebildet wird.[7]

Weltraumausstieg

Geborgene Landekapsel der Shenzhou-5-Mission

Der erste Weltraumausstieg eines chinesischen Taikonauten fand bei der Shenzhou-7-Mission am 27. September 2008 statt. Dem sollen dann die Missionen Shenzhou 8 und Shenzhou 9 folgen, um im Orbit erstmals ein Andockmanöver durchzuführen. In Planung ist auch bereits die Mission Shenzhou 10. Die Abstände zwischen den einzelnen Mission sollen in Zukunft kürzer werden.[8]

Errichtung einer Raumstation

An der Internationalen Raumstation ISS ist das Land, auch wegen Bedenken seitens der USA, nicht beteiligt, jedoch plant China eine eigene Raumstation mit dem Namen Tiangong 1.[9] Der Start des ersten Moduls an Bord einer Trägerrakete Langer Marsch 2F erfolgte am 29. September 2011 um 13:16 Uhr UTC.[10]

Programm zur Erforschung der Sonne

Im Jahr 2012 plant China den Start von insgesamt drei Raumsonden, die in der Forschungsmission KuaFu das Sonne-Erde-System genauer untersuchen soll.

Das Weißbuch zu den chinesischen Weltraumaktivitäten (Oktober 2006)

Am 12. Oktober 2006 hat das Informationsamt des Staatsrats der Volksrepublik ein neues Weißbuch mit dem Titel "Chinas Weltraumaktivitäten 2006" vorgelegt. Das Dokument untergliedert sich in fünf Kapitel: Ziele und Grundsätze der Entwicklung; Der Fortschritt in den vergangenen fünf Jahren; Entwicklungsziele und Hauptaufgaben für die nächsten fünf Jahre; Grundlagen der Entwicklung und Maßnahmen; Internationaler Austausch und Zusammenarbeit. - China habe immer den Weg der friedlichen Entwicklung verfolgt, so China.org.cn anlässlich der Vorstellung, und immer den Standpunkt aufrechterhalten, dass der "Weltraum zum Zweck der gemeinsamen Wohlfahrt der Menschheit erforscht werden sollte". Das letzte Weißbuch war im Jahr 2000 erschienen; seitdem habe die chinesische Raumfahrt große Fortschritte gemacht.

In dem Dokument bekräftigt die Führung der Volksrepublik ihre Absicht, ein eigenes Satelliten-Navigationssystem namens Beidou zu entwickeln, obgleich sich das Land bereits am europäischen Galileo-Projekt beteiligt. Beobachter sehen einen weiteren Wettbewerber Europas beim Aufbau eines GNSS sehr kritisch; das Geschäftsmodell zur Finanzierung wäre dann möglicherweise kaum umsetzbar. Außerdem stellen sie sich die Frage, inwieweit die Volksrepublik China Know-how aus Europa abziehen könnte.

Auch die Weiterentwicklung der derzeitigen Trägerraketen wird in dem Weißbuch als Ziel festgehalten; sowohl die militärischen als auch die kommerziellen Aktivitäten sollen weiter ausgebaut werden, heißt es.[11]

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Raumfahrt der Volksrepublik China – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikinews Wikinews: Portal:Chinesische Raumfahrt – in den Nachrichten

Quellen

  1. China likely to launch moon probe next April. XINHUA online, 17. Mai 2006
  2. Lunar programme to be open to world XINHUA online, 27. Juli 2006
  3. Xinhua Online: China tests its first lunar probe: space official, 25. Juli 2006
  4. Rainer Kayser: Langer Marsch China will zum Mond., in Die Rheinpfalz am Sonntag vom 8. Juli 2007, S. 20
  5. Reuters: China to put a man on the moon by 2024 - expert, 19. Juni 2006
  6. China to launch satellites for lunar surveying. XINHUA online, 6. Mai 2006
  7. China finishes preliminary selection of new astronauts, one third women. Xinhua, 17. September 2009, abgerufen am 23. September 2009 (englisch).
  8. Xinhua: China's Shenzhou VII spacecraft under assembly, 2. November 2006
  9. FliegerRevue Mai 2010, S.9, chinesische Raumstation verzögert sich
  10. Lydia Chen: Launch date set for historic space mission. Shanghai Daily, 26. September 2011, abgerufen am 26. September 2011 (englisch).
  11. White Paper on China's Space Activities Published (inkl. Volltext); vgl. [1]

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