Robert A. Kann

Robert A. Kann

Robert Adolf Kann (* 11. Februar 1906 in Wien; † 30. August 1981 ebenda) war ein österreichisch-US-amerikanischer Jurist, Historiker und wissenschaftlicher Autor, der sich vor allem mit der Geschichte der Habsburgermonarchie beschäftigte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sein Vater Leo Kann war leitender Angestellter in der Textilindustrie. Robert A. Kann studierte Rechtswissenschaft an der Universität Wien und erwarb 1930 das Doktorat. Er trat als Rechtsanwaltsanwärter in den Justizdienst ein und begann parallel dazu ein Geschichtsstudium. Seine Lehrer waren Srbik, Bibl und Přibram.[1] 1937 heiratete er Marie Breuer (* 1907), die Enkelin von Josef Breuer.[2] Kann und Marie Breuer-Kann, selbst Juristin, verloren nach dem „Anschluss“ im März 1938 ihre Anstellungen,[3] mussten emigrieren, flogen im Juli 1938 über Zürich und Paris nach London. Im Januar 1939 reisten Kann und seine Frau dank einer Bürgschaft (Affidavit) von Sigmund Freud per Schiff in die Vereinigten Staaten.[1]

In New York besuchte Kann einen Bibliothekarskurs. Er unterrichtete ab 1941 an der historischen Schule des Institue of Advanced Studies in Princeton, New Jersey, schrieb erste wissenschaftliche Arbeiten und promovierte 1946 an der Columbia University in Geschichte. 1947 hielt er Vorlesungen an der Rutgers University und wurde 1956 an dieser Universität ordentlicher Professor.[1] In Princeton kamen die Kinder Peter (* 1942) und Marilyn (* 1948) zur Welt.[4] Gefördert durch den Bankier Max Warburg veröffentlichte er 1950 sein erstes wichtiges Werk The Multinational Empire. 1950 kam er erstmals wieder zurück nach Wien, um im Haus-, Hof- und Staatsarchiv die Korrespondenz von Franz Ferdinand auszuwerten. Er wurde korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und trat 1974/75 eine Gastprofessur in Wien an.[1]

Kanns Werk verließ mit seiner multinationalen Betrachtung der Habsburgermonarchie die in der damaligen österreichischen Geschichtsschreibung vorherrschende deutschzentralistische Perspektive.[5]

Sein ehrenhalber gewidmetes Grab befindet sich am Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 40, Nummer 144).[6]

Schriften (Auswahl)

Englisch

  • The Multinational Empire. Nationalism and National Reform in the Habsburg Empire. Band 1: Empire and nationalities. Band 2: Empire reform. Columbia University Press, New York 1950.
  • The problem of restoration. A study in comparative political history. University of California Press, Berkeley (Cal.) 1968.
  • A History of the Habsburg Empire, 1526-1918. University of California Press, Berkeley (Cal.) 1980, ISBN 0-520-04206-9.
  • Stanley B. Winters (Hrsg.): Economic Growth and the impact of the dual alliance in the Habsburg monarchy: essays honoring Robert A. Kann on his 75th birthday. Tempe (Arizona) 1980 (=East Central Europe, 7,2).
  • mit Zdeněk V. David (Hrsg): The peoples of the Eastern Habsburg Lands, 1526–1918. University of Washington Press 1984, ISBN 0-295-96095-7.
  • Stanley B. Winters (Hrsg.): Dynasty, politics and culture. Selected essays. Social Science Monographs, Boulder (Col. 1991), ISBN 0-88033-223-9. (Mit einer Bibliographie Kanns S. 407–419.)

Deutsch

  • Das Nationalitätenproblem der Habsburgermonarchie. Geschichte und Ideengehalt der nationalen Bestrebungen vom Vormärz bis zur Auflösung des Reiches im Jahre 1918. Band 1: Das Reich und die Völker. Band 2: Ideen und Pläne zur Reichsreform. Böhlau, 2. Auflage, Graz/Wien 1964.
  • (Hrsg.): Marie von Ebner-Eschenbach, Josef Breuer: Ein Briefwechsel 1889–1916. Bergland-Verlag, Wien 1969.
  • Die Restauration als Phänomen in der Geschichte. Styria, Graz/Wien/Köln 1974, ISBN 3-222-10779-3.
  • (Hrsg.): Deutschland und Österreich. Ein bilaterales Geschichtsbuch. Jugend und Volk, Wien 1980, ISBN 3-7141-6551-7.
  • Geschichte des Habsburgerreiches 1526 bis 1918. Böhlau, 3. Auflage, Wien 1993, ISBN 3-205-98178-2.

Einzelnachweise

  1. a b c d Richard Georg Plaschka: Robert A. Kann zum 70. Geburtstag. In: Richard Georg Plaschka, Horst Haselsteiner (Hrsg.): Nationalismus, Staatsgewalt, Widerstand: Aspekte nationaler und sozialer Entwicklung in Ostmittel- und Südosteuropa. Festgabe zum sechzigsten Geburtstag. Verlag für Geschichte und Politik, Wien 1985, ISBN 3-486-52831-9, S. 421ff.
  2. Katharina Breuer-Mautner
  3. Johannes Feichtinger: Wissenschaft zwischen den Kulturen. Österreichische Hochschullehrer in der Emigration 1933-1945. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3593365847, S. 280f.
  4. Genealogie
  5. Karl Vocelka: Das Habsburgerreich als Gegenstand und Aufgabe der Österreichischen Geschichtsforschung
  6. DDr., Prof. Robert Adolf Kann

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Robert Estienne — Robert Estienne, (auch Robert Etienne oder latinisiert Robertus Stephanus, * 1499 oder 1503 [1] in Paris; † 7. September 1559 in Genf) war ein französischer Druckhandwerker, Verleger und Lexikograph …   Deutsch Wikipedia

  • Kann — ist der Familienname folgender Personen: August Kann (1871–1937), österreichischer Elektrotechniker Charlotte Kann (* 1937), deutsche Politikerin (SPD) Edith Kann (1907–1987), österreichische Lehrerin und Botanikerin (Algologin) Hans Kann… …   Deutsch Wikipedia

  • Robert Land — (* 13. Juli 1887 in Kremsier, Österreich Ungarn, heute Kroměříž, Tschechien als Robert Liebmann; † unbekannt[1], wahrscheinlich Ende der 1930er Jahre in der Emigration[2]) war ein österreichisch tschechischer Filmregisseur. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Robert Poley — (auch Pooly, Poolye, Pooley, Polie u. a.) ist eine historische Persönlichkeit aus England im späten 16. Jahrhundert. Er war Kurier und Spion Königin Elisabeths, des Kronrats und des Geheimdienstchefs Francis Walsingham. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Robert Oerley — um 1905 Orley (rechts) mit Franz Seifert (links) Robert Oerley (* 24. August …   Deutsch Wikipedia

  • Robert College — Das Robert College (RC; türkisch: Robert Koleji) ist ein 1863 gegründetes US amerikanisches College in Istanbul. Zu den Absolventen des Robert College zählen zahlreiche Personen der türkischen und bulgarischen Geschichte, darunter mehrere… …   Deutsch Wikipedia

  • Robert Brasillach — Brasillach (zweiter von links, mit Brille) mit Fernand de Brinon (Mitte) 1943 bei der Umbettung der Opfer des Massakers von Katyn Robert Brasillach (* 31. März 1909 in …   Deutsch Wikipedia

  • Robert Spämann — Robert Spaemann (* 5. Mai 1927 in Berlin) ist ein deutscher Philosoph. Robert Spaemann 2006 Inhaltsverzeichnis 1 Familie …   Deutsch Wikipedia

  • Robert-Mayer-Sternwarte — Robert Mayer Volks und Schulsternwarte Heilbronn Die Robert Mayer Volks und Schulsternwarte Heilbronn (RMS) ist eine Volkssternwarte in Heilbronn, die sich auf dem Dach eines der Flügel des Robert Mayer Gymnasiums befindet. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Robert-Mayer-Volks- und Schulsternwarte Heilbronn e.V. — Robert Mayer Volks und Schulsternwarte Heilbronn Die Robert Mayer Volks und Schulsternwarte Heilbronn (RMS) ist eine Volkssternwarte in Heilbronn, die sich auf dem Dach eines der Flügel des Robert Mayer Gymnasiums befindet. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”