- Chora-Kirche
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Die Chora-Kirche (türkisch Kariye Camii), im İstanbuler Stadtteil Edirnekapı gelegen, ist eine ehemalige byzantinische Kirche. Die Mosaiken und Fresken im Stil der palaiologischen Renaissance zählen zu den bedeutendsten und aufwändigsten Sakralzyklen weltweit. Die Kirche wurde unter den Osmanen im frühen 16. Jahrhundert in eine Moschee umgewandelt, nach 1948 restauriert und in ein Museum umgewandelt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Schon im 5. Jahrhundert stand außerhalb der Mauern, die Konstantin der Große im 4. Jahrhundert um seine neue Hauptstadt errichtet hatte, eine Kirche, die Chora hieß, was freies Land, Felder bedeutet. Als Theodosius II. die Verteidigungsmauer, die so genannte Theodosianische Landmauer, weiter nach Westen verlegte, blieb der Name bestehen, obwohl der Gebäudekomplex nun in das eigentliche Stadtgebiet einbezogen wurde. Die Bezeichnung hat symbolhafte Bedeutung, da Inschriften in der Kirche Christus als Land der Lebenden und Maria als Land des Unendlichen bezeichnen.
1077 bis 1081 stiftete Maria Doukania, die Schwiegermutter Kaiser Alexios I., die Kirche, bei der es sich wahrscheinlich um eine Vier-Säulen-Kirche, eine damals sehr beliebte Bauform, handelte. Nach teilweisem Einsturz im frühen 12. Jahrhundert wurde die Kirche vom Enkel der Gründerin, Isaak Komnenos, dem dritten Sohn Alexios I. grundlegend erneuert und aufwendig umgestaltet. Aber erst in der dritten Bauphase zwei Jahrhunderte später entstand die Chora-Kirche, wie wir sie heute kennen. Theodoros Metochites, der Kanzler und erste Schatzmeister unter Andronikos II. Palaiologos, ließ in den Jahren 1315 bis 1321 die in Verfall begriffene Kirche von Grund auf restaurieren und mit umfangreichen Bilderzyklen ausschmücken. Die Mosaiken sind das bedeutendste Beispiel für die Renaissance der Palaiologen.
Etwa ein halbes Jahrhundert nach der Eroberung İstanbuls durch die Osmanen wurde die Chora-Kirche, die bis dahin dem christlichen Ritus gedient hatte, von Atık Ali Paşa, dem Großwesir Bāyezīd II., in eine Moschee umgewandelt und in Kariye Camii umbenannt. Die Mosaiken kamen wegen des Bilderverbots im Islam unter Putz oder wurden übertüncht. Andere brachen bei den häufigen Erdbeben von den Wänden.
1948 organisierten Thomas Whittemore und Paul A. Underwood ein vom Byzantine Institute of America und dem Dumbarton Oaks Center für byzantinische Studien gesponsertes Restaurierungsprogramm.
Rund um die Kariye Camii hat der türkische Automobilklub TTOK einen ganzen Komplex von Holzhäusern aus osmanischer Zeit renoviert.
Aufbau
Der Kirche sind ein Eso- und ein Exonarthex vorgelagert, auf der rechten Seite ist eine Seitenkapelle (Parekklesion) und auf der linken eine zweistöckige Galerie. Über dem Mittelschiff ruht eine Kuppel, die in ihrer heutigen Form von den Osmanen erbaut wurde.
Ausschmückung
Die Mosaiken und Fresken sind sowohl qualitativ als auch ihrer Anzahl nach die bedeutendsten erhaltenen byzantinischen Bildwerke. Im Detail stark unterschiedlich sind doch die Ähnlichkeiten mit Fresken in Italien in ihrer Lebendigkeit und ihrem Realismus, die dem Geist der frühen Renaissance verhaftet sind, nicht zu übersehen. Mit der traditionell streng stilisierten byzantinischen Kunst haben sie nur mehr wenig gemein. Die sich anmutig bewegenden Personen verleihen den Darstellungen unvergleichliche Leichtigkeit und Eleganz, die zusätzlich durch die frische Farbgebung unterstrichen wird. Auch die weit gespannte Vielfalt biblischer Themen gibt einen Eindruck von der Schaffenskraft byzantinischer Meister. Bezeichnend sind die Erzählfreude und der Detailreichtum der Mosaiken. Ihre Leitmotive sind die Menschwerdung Gottes (die Inkarnation) und die damit verbundene Erlösung der Menschen. Das zweite Kommen Christi als zentrales Motiv der Fresken der Grabkapelle rundet dieses Konzept ab.
Die Mosaiken
Die Mosaiken in der Kirche folgen einer strengen ikonografischen Ordnung. Beim Eintritt in die Chora-Kirche fällt der Blick auf die Darstellung von Christus Pantokrator über dem Portal zum inneren Narthex. Dahinter gegenüberliegend über dem Haupteingang erscheint die Muttergottes: Die Neugründung war somit Christus und Maria geweiht. Nach Durchschreiten des äußeren Narthex stößt man auf das Stiftermosaik, das Theodoros Metochites kniend darstellt, wie er Christus ein Modell seiner Kirche darbringt. Zwei Mosaikikonen Petrus und Paulus flankieren den Durchgang. Die Südkuppel davor zeigt Christus Pantokrator und die Genealogie Christi, die Nordkuppel Maria und ihre Vorfahren. Im unter der Kuppel anschließenden Gewölbe beginnt der Zyklus aus ursprünglich 20 Szenen mit Darstellungen aus der Legende des im Mittelalter sehr beliebten Marienlebens. Der Bildzyklus im äußeren Narthex beginnt mit der Kindheit Jesu und setzt sich mit den Darstellungen des öffentlichen Wirkens Christi in den inneren Narthex hinein fort. Heiligenporträts und das Mosaik der sterbenden Jungfrau im Kirchenschiff runden das Gesamtbild ab.
Die Fresken
Die qualitätsvollen Fresken in der südlichen Seitenkapelle (Parakklesion) waren der letzte Auftrag des Kanzlers Theodoros Metochites und datieren wohl aus den Jahren 1320 und 1321. Das Bildprogramm ist typisch für Darstellungen in einer Grabkapelle: Es sind Themen der Wiederauferstehung und das Jüngste Gericht. Die Gemälde oberhalb des Simses stellen Christus als Weltenrichter, Himmel und Hölle sowie Maria als Mittlerin zwischen Himmel und Erde dar. In der Konche der Apsis ist die Auferstehung (griech. Anastasis) zu sehen. Im Zentrum steht Christus, der gerade die Felsen und Tore der Hölle gesprengt hat, der gefesselte Satan liegt zu seinen Füßen. Mit der rechten Hand zieht er Adam aus dem Grab, mit der linken befreit er Eva. Hinter Adam stehen Johannes der Täufer, David und Salomon, in Evas Grab Abel und eine Gruppe von Gerechten. Die vier Gräber in der Kapelle liegen in tiefen Nischen. Ursprünglich standen dort Sarkophage. Darüber sind noch Spuren der einstigen Mosaiken und Fresken zu sehen.
Das Grab des Theodoros Metochites
Eine aufwändig gemeißelte und verzierte Archivolte ziert das Grab am nördlichen Ende der Kapelle. Die Namensinschrift ist verloren, dennoch gilt als sicher, dass es sich hier um das Grab des Stifters der Kirche, Theodoros Metochites, handelt. Er war eine der bedeutendsten Persönlichkeiten seiner Zeit, ein typischer Vertreter der Renaissance: Er war Diplomat, hoher Regierungsbeamter, Theologe, Philosoph, Historiker, Astronom, Dichter und Kunstmäzen. Er gilt als einer der Initiatoren der Renaissance der Palaiologen. Nach dem Staatsstreich durch Andronikos III. (1328–1341) fielen Metochites und die anderen Führer des alten Regimes in Ungnade. Sie verloren ihren Besitz und wurden ins Exil geschickt. Erst kurz vor dem Ende seines Lebens durfte Metochites in die Stadt zurückkehren und zog sich in das Chora-Kloster zurück, wo er am 13. Mai 1331 starb.
Weblinks
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