Rüdiger-Brunnen

Rüdiger-Brunnen
Der Rüdiger-Brunnen im Jahr 2011

Der Rüdiger-Brunnen ist ein von Franz Metzner geschaffenes Kunstwerk. Der Brunnen war das ehemalige Wahrzeichen der Stadt Gablonz an der Neiße und steht seit 1970 im Kaufbeurer Stadtteil Neugablonz.

Inhaltsverzeichnis

Kunstwerk

Ein Sockel aus Granit ist mit sechs Relieftafeln ummantelt, auf denen männliche Torsi abgebildet sind. Auf dem Sockel steht eine übermannsgroße Bronzestatue des Rüdiger von Bechelaren. Sie zeigt Rüdiger im Gebet vertieft, das Schwert auf seinen Armen ruhend, im Moment der Entscheidung, ob er den Hunnen oder den Burgunden die Treue halten soll.

Geschichte

Im Jahr 1904 erhielt der Bildhauer Franz Metzner von der Stadt Wien den Auftrag, einen Nibelungen-Brunnen zu schaffen, der seinen Platz an der Wiener Ringstraße vor der Votivkirche erhalten sollte. Als sich das Vorhaben in der Vorbereitungsphase zerschlug, erwarb die Gesellschaft zur Förderung deutscher Kunst und Wissenschaft in Prag die einzige bereits fertiggestellte Teilfigur des Brunnens, den Rüdiger. Im Jahr 1924 kaufte die Stadt Gablonz die Rüdigerplastik zum Preis von 50.000 Kronen. Vorläufig fand die Statue einen Standort am Tuchplatz gegenüber der Anna-Kirche. Ende der 1920er-Jahre fand der Rüdiger bei der Bauplanung für die gerade entstehende Herz-Jesu-Kirche Berücksichtigung: auf der Bastei vor der Kirche wurde ein neuer Aufstellort gefunden. Die Gablonzer Stadtverwaltung ließ die Reliefplatten nach Metzners ursprünglichen Entwürfen fertigen und vervollständigte somit den Brunnen, für dessen Entstehung und Aufstellung insgesamt 700.000 Kronen aufgewendet wurden. 1931 erfolgte die Aufstellung.

Nach Ende des zweiten Weltkriegs wurde die Rüdigerstatue entfernt und landete auf einer Müllhalde. Ersetzt wurde sie an ihrem Standort durch ein Kriegsdenkmal sowjetischer Prägung. Die heimatvertriebenen Gablonzer hatten sich in der Zwischenzeit mehrheitlich im Kaufbeurer Stadtteil Neugablonz angesiedelt. Seit 1954 gab es wiederholt Versuche, das Wahrzeichen für die neue Heimat zu erwerben, doch erst im Zuge des Prager Frühlings ergab sich die Möglichkeit: Die Museumsverwaltung der Tschechoslowakei bot im Rahmen einer Maßnahme zur Devisenbeschaffung über einen Münchner Kunsthändler den Erwerb für 10.000 US-Dollar an. Die Neugablonzer Unternehmer Otto Walter und Alfred Prediger spendeten den geforderten Betrag, sodass die Statue und die Reliefplatten Richtung Kaufbeuren versandt wurden und am 17. Februar 1968 dort ankamen.

Die Neuerrichtung des Brunnensockels erfolgte unter der Obhut des Anpflanzungs- und Verschönerungsvereins; die dafür benötigten 100.000 DM wurden über Spenden finanziert. Die Aufstellung der Rüdigerstatue auf dem Brunnensockel erfolgte am 30. August 1970 in der Parkanlage vor der Herz-Jesu-Kirche in Neugablonz. Vorausgegangen war eine hauptsächlich über die Presse geführte Debatte, geboren aus dem Geist der 1968er-Bewegung, in der versucht wurde, die Wiederrichtung zu verhindern; der Rüdiger sei ein „Revanchistendenkmal“ und stehe für Rache und Vergeltung seitens der Vertriebenen.[1]

Literatur

  • Susanne Rössler: Der Rüdiger-Brunnen in: Susanne Rössler, Gerhart Stütz (Hrsg.): Neugablonz. Stadtteil der ehemals Freien Reichsstadt Kaufbeuren im Allgäu. Entstehung und Entwicklung. Leutelt Gesellschaft, Schwäbisch Gmünd, 1986. S.358 - 365.

Weblinks

 Commons: Rüdiger-Brunnen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Susanne Rössler: Der Rüdiger-Brunnen in: Susanne Rössler, Gerhart Stütz (Hrsg.): Neugablonz. Stadtteil der ehemals Freien Reichsstadt Kaufbeuren im Allgäu. Entstehung und Entwicklung. Leutelt Gesellschaft, Schwäbisch Gmünd, 1986. S.358 - 365
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