Schlacht bei Westkapelle

Schlacht bei Westkapelle
Schlacht bei Westkapelle
Teil von: Flämischer Erbfolgekrieg
Datum 4. Juli 1253
Ort Westkapelle/Niederlande
Ausgang Sieg der Reichstruppen
Konfliktparteien
Blason Comte-de-Flandre.svg Flandern und Verbündete
(Haus Dampierre)
Armoiries empereur Guillaume.png niederrheinisches Reichsaufgebot
(Haus Avesnes)
Befehlshaber
Guido von Flandern Florens der Vogt
Truppenstärke
100 Ritter 32 Ritter
Verluste
unbekannt unbekannt

Die Schlacht bei Westkapelle, auch Schlacht von Walcheren oder Schlacht von Zeeland genannt, war ein militärischer Zusammenstoß in den mittelalterlichen Niederlanden. Sie fand am 4. Juli 1253 in der Nähe von Westkapelle auf der Insel Walcheren in der Provinz Zeeland statt und war der militärische Höhepunkt des flämischen Erbfolgekriegs.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Seit dem Jahr 1244 stritten sich die Söhne der Gräfin Margarete die Schwarze von Flandern aus deren zwei Ehen um die Nachfolge im Territorialkonglomerat der Grafen von Flandern. Dies umfasste neben der eigentlichen dem Lehnsverband des Königreichs Frankreich angehörende Grafschaft Flandern (Kronflandern) sowie die dem Heiligen Römischen Reich angehörende Markgrafschaft Namur und die Grafschaft Hennegau (Reichsflandern). Die älteren Brüder aus dem Haus Avesnes standen dabei ihren jüngeren aber von der Mutter bevorzugten Halbbrüdern aus dem Haus Dampierre gegenüber. 1246 beendete der französische König Ludwig IX. (Saint Louis) einstweilen den Konflikt indem er mittels eines Schiedsspruchs („Dit de Paris“) den Avesnes den Hennegau, über welchem er rein Lehnsrechtlich gar nicht gebieten konnte, und den Dampierre Flandern zusprach.

Der Konflikt schwelte dennoch weiter und brach während der Abwesenheit König Ludwigs IX. auf den sechsten Kreuzzug (12481254) neu auf als 1251 Graf Wilhelm II. von Flandern (Dampierre) bei einem Turnier tödlich verunglückte und die Avesnes des Mordes verdächtigt wurden. Die Avesnes ihrerseits gewannen den deutschen (Gegen)König Wilhelm von Holland für ihre Sache, welcher als Oberlehnsherr des Hennegau und als Graf von Holland selbst unmittelbar von den Ereignissen in dem benachbarten Flandern betroffen und zudem auch noch mit ihnen verschwägert war.

Die Schlacht

Gräfin Margarete spornte schließlich ihre Dampierre-Söhne, allen voran Graf Guido von Flandern, zum direkten Angriff auf Holland an um den deutschen König und damit die Avesnes auszuschalten. Ziel sollte die Landschaft Zeeland sein, die aufgrund des Rhein-Maas-Deltas von handelspolitischer Bedeutung war. Dort stellte sich den Flamen der Bruder des deutschen Königs, Florens der Vogt, entgegen. Während sich der Seite Flanderns eine große Anzahl nordfranzösischer Ritter und Fürsten anschlossen, konnte die Gegenseite auf die Unterstützung der niederrheinischen Fürsten bauen, den Parteigängern des Hauses Holland in den deutschen Thronkämpfen. Auf der Seite der Flamen waren darüber hinaus mit den Grafen von Bar und Vaudémont zwei lothringische Große zu finden, die eigentlich Vasallen des heiligen römischen Reichs waren. Die militärische Auseinandersetzung des Jahres 1254 nahm damit den Charakter eines französisch-deutschen Schlagabtausches an, wie es ihn zuletzt in der Schlacht bei Bouvines vierzig Jahre zuvor das letzte Mal gegeben hatte.

Bekannte Schlachtteilnehmer waren:

Flandern Reichstruppen
Blason Comte-de-Flandre.svg Graf Guido von Flandern
Bar Arms.svg Graf Theobald II. von Bar
Blason Jean de Châtillon, Comte de Blois.svg Graf Guido II. von St. Pol
Vaudemont Arms.svg Graf Heinrich I. von Vaudémont
Blason de la Maison de Guines.svg Graf Arnold III. von Guînes
Blason Bourgogne-comté ancien(aigle).svg Graf Wilhelm III. von Joigny
Armoiries de La Falloise.svg Jean de Dampierre, Herr von Dampierre und Saint-Dizier
Bar Arms.svg Renaud de Bar
Blason Colombey les Belles 54.svg Robert de Wavrin, Seneschall von Flandern
Blason Raoul II de Clermont (+1302) Connétable de France.svg Simon II. de Clermont
Varennes-en-Croix.svg Érard de Valéry
Counts of Holland Arms.svg Florens der Vogt
Armoiries Brabant.svg Herzog Heinrich III. von Brabant
Limburg New Arms.svg Herzog Walram V. von Limburg
Armoiries Gueldre.svg Graf Otto II. von Geldern[1]
Armoiries Clèves.svg Graf Dietrich Nust von Kleve
Wappen Berg.svg Graf Adolf IV. von Berg
Armoiries Comtes de Luxembourg.svg Graf Heinrich V. von Luxemburg
Blason inconnu.svg Erzbischof Konrad von Köln
Blason inconnu.svg Bischof Heinrich von Lüttich

Über die Schlacht von Westkapelle liegen keine ausführlichen Schlachtberichte vor und aus den vorhandenen ist zu erschließen, dass sie verhältnismäßig schnell entschieden wurde. Das franko-flämische Heer wurde bei seiner Anlandung an der Küste von Walcheren bei Westkapelle bereits vom Heer der niederrheinischen Ritter erwartet, dass ihnen keine Zeit zur Schlachtaufstellung gewährte und sofort angriff. Die Flamen mussten notgedrungen zu Fuß am Strand kämpfen und waren trotz ihrer zahlenmäßiger Überlegenheit daher unterlegen. Sowohl Balduin von Avesnes als auch Matthäus Paris berichteten von einer großen Anzahl an Toten unter dem gemeinen Fußvolk, während die Ritter sich nacheinander in die Gefangenschaft ergaben. Graf Guido von Flandern wurde im Kampf am Knie verletzt, was ihm eine ständige Gehbehinderung einbrachte. Der Graf von Guînes hielt sich am längsten im Kampf und ergab sich erst dem König Wilhelm persönlich, welcher sich ebenfalls auf Walcheren aufhielt aber erst auf dem Schlachtfeld eintraf, als der Kampf bereits entschieden war. Nahezu alle franko-flämischen Ritter und Fürsten wurden gefangen genommen, die für ihre Freilassung Lösegeldzahlungen aufzubringen hatten.

Folgen

Das Haus Dampierre geriet durch die Niederlage bei Westkapelle in die politische Defensive. König Wilhelm erklärte der Gräfin Margarete am 11. Juli 1253 in Frankfurt des Namur und Hennegau für verlustig und verlangte ein exorbitantes Lösegeld für ihre zwei gefangenen Dampierre-Söhne. Diese dachte aber nicht daran aufzugeben und suchten den französischen Königsbruder Karl von Anjou als Verbündeten zu gewinnen, der seit dem Tod seiner Mutter 1252 faktisch unbegrenzte Handhabe in Frankreich hatte. Ihm verkaufte Margarete ihre Erbrechte auf den Hennegau ungeachtet des Protests der Avesnes. Ihre Lage verbesserte sich weiter, nachdem der Erzbischof von Köln im August 1253 mit König Wilhelm brach und sich nun auf die Seite seiner Gegner stellte. Nachdem Karl von Anjou im Frühjahr 1254 Mons erobert und die Belagerung von Valenciennes aufgenommen hatte, vereinbarte der geschwächte König Wilhelm auf Vermittlung des päpstlichen Legaten Pietro Capocci am 26. Juli 1254 in Quesnay einen Waffenstillstand mit Margarete, wodurch die Avesnes ihren wichtigsten Verbündeten verloren.

Als sich die militärische Waagschale trotz der Niederlage von Westkapelle nun doch zugunsten der Dampierre zu neigen begann kehrte im Sommer 1254 König Ludwig IX. aus dem heiligen Land kommend wieder in sein Königreich ein. Sofort disziplinierte er Karl von Anjou und unterband jede weitere Gewalt zwischen den Konfliktparteien. Nachdem König Wilhelm im Frühjahr 1246 gegen rebellische Friesen gefallen war, fällte Ludwig IX. am 24. September 1256 in Péronne einen weiteren Schiedsspruch („Dit de Péronne“), welcher weitgehend eine Bestätigung des bereits im Jahr 1246 gefällten war. Denn Avesnes war der Hennegau zu überlassen, während die Dampierre Flandern wie auch Namur behalten konnten. Gräfin Margarete wurde die Verpflichtung zum Rückkauf ihrer Rechte bei Karl von Anjou wie auch die Aufbringung des Lösegelds für ihre Söhne auferlegt. Auch wurde die Grenze der Grafschaft Flandern, und mit ihre die französisch-deutsche Grenze, auf das rechte Ufer der Schelde festgelegt, womit deren weitere Expansion nach Norden unterbunden wurde. Der flämische Erbfolgestreit fand damit ein Ende.

Literatur

  • Jacques Le Goff, Ludwig der Heilige (Klett-Cotta, Stuttgart 2000), S. 218222

Quellen

  • Matthäus Paris, Chronica Majora, hrsg. von Henry Richards Luard in: Rolls Series 57 (1882), Vol. 5, S. 437438
  • Matthäus Paris, Chronica Majora, hrsg. von Henry Richards Luard in: Rolls Series 57 (1882), Vol. 6 Addimenta, S. 252255
  • Balduin von Avesnes, Chronicon Hanoniense, hrsg. von Johannes Heller in: Monumenta Germaniae Historica SS 25 (1880), S. 461
  • Balduin von Avesnes?: Extraits de la Chronique attribuée a Baudoin d'Avesnes, in: Recueil des Historiens des Gaules et de la France 21 (1840), S. 174
  • Annales Parchenses, hrsg. von Georg Heinrich Pertz in: Monumenta Germaniae Historica SS 16 (1859), S. 607
  • Guillaume de Nangis, Gesta Sancti Ludovici, hrsg. von M. Daunou in: Recueil des Historiens des Gaules et de la France 20 (1840), S. 390393
  • Die Reimchronik des Melis Stoke (spätes 13. Jahrhundert)

Anmerkungen

  1. In seiner Chronica Majora (Vol. 5, S. 437) schrieb Matthäus Paris, dass Otto II. von Geldern mit zu den Gefangenen gehörte, später ihn aber (Vol. 6, S. 253) zum Heer der niederrheinischen Koalition zählte. Letzteres dürfte am wahrscheinlichsten gewesen sein.

Siehe auch


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Westkapelle — Lage von Westkapelle auf Walcheren Westkapelle (Zeeländisch: Wasschappel) ist ein Fremdenverkehrsort an der Westspitze der Halbinsel Walcheren in der niederländischen Provinz Zeeland. Er gehört seit 1997 zur Gemeinde Veere und hat 2740 Einwohner… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Kriege und Schlachten im 7. bis 13. Jahrhundert — Inhaltsverzeichnis 1 7. Jahrhundert 2 8. Jahrhundert 3 9. Jahrhundert 4 10. Jahrhundert 5 …   Deutsch Wikipedia

  • 4. Juli — Der 4. Juli ist der 185. Tag des Gregorianischen Kalenders (der 186. in Schaltjahren), somit bleiben 180 Tage bis zum Jahresende. Historische Jahrestage Juni · Juli · August 1 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Guido I. (Flandern) — Guido von Flandern (* um 1226; † 7. März 1305 in Compiègne) aus dem Hause Dampierre war regierender Graf von Flandern zur Zeit der Sporenschlacht. Guido war der zweite Sohn von Gräfin Margarete II. von Flandern aus deren Beziehung zu Wilhelm II.… …   Deutsch Wikipedia

  • Érard de Valéry — Érard de Valéry, oder de Vallery geschrieben, (* um 1220; † nach November 1277) war ein französischer Ritter im 13. Jahrhundert. Er entstammte wohl der Burgherrenfamilie von Vallery (Dép. Yonne) im Herzogtum Burgund. In der Königsvita des Jean de …   Deutsch Wikipedia

  • Adolf IV. (Berg) — Adolf IV. von Berg (* 1220; † 22. April 1259 in Neuss), ältester Sohn des Heinrich IV. von Limburg, regierte schon früh mit und ab 1246 alleine die Grafschaft Berg, während sein jüngerer Bruder Herzog von Limburg wurde. Er war mit Margarete von… …   Deutsch Wikipedia

  • Flämischer Erbfolgekrieg — Der Flämische Erbfolgekrieg (korrekter: Erbfolgekrieg um Flandern und Hennegau) war eine Reihe von Auseinandersetzungen in der Mitte des 13. Jahrhunderts zwischen den Kindern der Gräfin Margarete II.. Er betraf ihre Nachfolge in den Grafschaften… …   Deutsch Wikipedia

  • Theobald II. (Bar) — Theobald II. von Bar (* 1221; † 1291) war von 1240 bis zu seinem Tod Graf von Bar. Leben Graf Theobald II. von Bar in einer Darstellung aus dem 13. Jahrhundert. Er war der Sohn des Grafen Heinrich II. von Bar und dessen Frau Philippa von Dreux.… …   Deutsch Wikipedia

  • Heinrich V. (Luxemburg) — Heinrich V. der Blonde, Kirchenfenster in Clairefontaine Heinrich V. von Luxemburg, genannt der Blonde, (* 1216; † 24. Dezember 1281 in Mainz) war von 1247 bis 1281 Graf von Luxemburg, Graf von Laroche und Markgraf von Arlon. Zwischen 1256 und… …   Deutsch Wikipedia

  • Margarete II. (Flandern) — Margarete II. genannt von Konstantinopel oder die Schwarze (* 1202; † 1280) war von 1244 bis 1278 Gräfin von Flandern und von 1244 bis 1246 Gräfin von Hennegau. Inhaltsverzeichnis 1 Biographie 1.1 Flämischer Erbfolgekrieg 1.2 Nachkommen …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
https://de-academic.com/dic.nsf/dewiki/2575777 Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”