- Semperdepot
-
Das Semperdepot (ehem. k.k. Hoftheater-Kulissendepot bzw. 'Decorations-Depot für die k.k. Hoftheater' )[1] wurde 1874-1877 von den Architekten Gottfried Semper, nach dem es auch benannt ist, und Carl Freiherr von Hasenauer erbaut und diente als Depot und Produktionsstätte für Theaterdekorationen und -kulissen. Es liegt in der Lehárgasse (Nr. 6-8) im sechsten wiener Gemeindebezirk Mariahilf und ist heute das Ateliergebäude der Akademie der bildenden Künste.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Nachdem der Architekt Gottfried Semper in Dresden 1838-1841 das neue königliche Hoftheater errichtet hatte und nach dessen Abbrand ab 1871 auch den zweiten Bau der Semperoper geleitet hatte, kam er nach Wien um hier mit Carl Freiherr von Hasenauer einige Gebäude zu errichten: u.a. das (in dieser Form nicht verwirklichte) Kaiserforum mit Hofburg und Natur- und Kunsthistorischem Museum, das Burgtheater und auch das Semperdepot. Es wurde zwischen 1874 und 1877 erbaut. In seiner ersten Phase diente das Gebäude hauptsächlich als Produktionsort und Bühnendepot für Theaterdekorationen und -kulissen insbesondere für die Oper und das Burgtheater.
Nach dem Auszug der Theaterwerkstätten 1952 stand das Kulissendepot Mitte des 20. Jahrhunderts jahrzentelang ungenutzt leer und war auch vom Einsturz bedroht bis die Technischen Universität Wien das Gelände für Erweiterungsbauten übernahm.[2] Eine Planung für den Neubau von Institutsgebäuden rechnete bereits mit dem Abbruch des Kulissendepots. Das Bundesdenkmalamt lehnte ein Abbruchansuchen mit dem Hinweis auf die architekturhistorische Bedeutung des Objekts ab. Der Berufung des Eigentümers wurde jedoch in zweiter Instanz stattgegeben, weil die feuerpolizeilichen Probleme als unlösbar galten. So schien das Gebäude verloren, obwohl seine Denkmaleigenschaften nicht grundsätzlich in Frage gestellt worden waren.
Wenig später fand aber ein Meinungsumschwung statt, und das Professorenkollegium der Technischen Universität sprach sich einstimmig für eine Erhaltung aus. Dabei spielte der Architekt Ernst Hiesmayr, damals Rektor der TU-Wien, eine wichtige Rolle.[2] Neue Nutzungsmöglichkeiten als Atelierhaus, Museum oder Bazar wurden diskutiert und in Projektarbeiten und einer Ausstellung vorgestellt. Fallweise fanden im Kulissendepot kulturelle Veranstaltungen statt. 1990 wurde das Bauwerk der Hochschule für Bildende Kunst überantwortet und 1990 begann der Architekt Carl Pruscha mit den Plänen für die Sanierung des Semperdepots. Mehr als 100 Jahre nach dem Bau begannen schließlich die Renovierungsarbeiten durch die Bundesimmobilien Ges.m.b.H. unter der Leitung von Univ.Prof. Wolfgang Baatz. In der Folge wurde das ehemalige Hoftheater-Kulissendepotbis für Zwecke eines Atelierhauses adaptiert und restauriert. Die Revitalisierung konnte 1995 mit einem Raumgewinn von 7.500 Quadratmeter zusätzliche Nutzfläche abgeschlossen werden.
Architektur
Das ehemalige K.k. Hoftheater-Kulissendepot ist der einzige erhaltene Nutzbau von Gottfried Semper in Wien und wurde im Stile des Wiener Historismus erbaut. Die lange Front an der Lehárgasse ist in Neorenaissance-Formen gestaltet. Für die Außenhaut wurde die Verwendung von Sichtziegelmauerwerk bevorzugt, wohingegen das Binnengerüst aus Gußeisenstürzen und Holzbalkendecken besteht. Die Architektur des Semperdepots hat einige ungewöhnliche Züge. Der Grundriss wird gezeichnet durch ein Dreieck, wobei dessen äußerste Spitze schräg abgeschnitten ist. Diese sonderbare Form resultiert aus der fächerförmigen Gestalt des Grundstückes. Das Innere ist durch eine Quermauer mit riesigen Türen in zwei Abschnitte geteilt. Das Schmalende des Gebäudes bildet der sogenannte Prospekthof. Dieser ist über alle vier Geschoße bis unter das Dach offen und auf jedem Stockwerk befinden sich rundumlaufende Galerien, umstanden von den filigranen, sechs Meter hohen gusseisernen Säulen. Den zweite Teil bilden die Hallen hinter der Quermauer. Die zwei durch eine weitere Mittelwand getrennten hallenartigen Räume werden von, jeweils stockweise übereinander liegenden, drei Reihen der gusseisernen Säulen durchlaufen, die das Tragwerk der Decken bilden.
Während der Renovierung wurden entlang der Mittelmauer halbstöckige Leichtbaucontainer aufgestellt, die sowohl u.a. als Sanitärbereiche wie auch als Galerie für die Studenten dienen können. Ebenso kamen zwei neue Feuerstiegen hinzu und die Arbeitsräume für das Lehrpersonal wurden in in allen Obergeschossen untergebracht. Soweit wie möglich wurde die natürliche Patina belassen und auch die Fassaden konnten unverfälscht erhalten bleiben.
Heutige Nutzung
Das Depot wurde der Akademie der bildenden Künste überantwortet und ist heute das neue Atelierhaus der Akademie. Es wird auch für besondere Anlässe wie Festivals, Theater, Opern und Ausstellungen und auch als Sitzungsraum genutzt. Auch für viele weitere Ereignisse, wie zum Beispiel die Gesangsdarbietungen des BoKu-Chores, oder den Videodreh zu Robbie Williams Lied 'Lovelight' in der großen Halle im Rahmen seiner zwei Konzerte im August 2006, hat das Semperdepot als Kulisse hergehalten.
Gedenktafel
An der Außenmauer zeugen Einschusslöcher, ausgeschlagene Ecken und Patina von der bewegten Vergangenheit des Gebäudes. Rund um ein Fenster im Erdgeschoss wurden Einschusslöcher erhalten und darüber eine Gedenktafel aus Plexiglas montiert. Sie trägt die Inschrift: WUNDEN DER ERINNERUNG. Sie wurde in den 1990er Jahren im Zuge der Adaptierung des Gebäudes angebracht. Die Löcher in der Fassade sind Folgen des Beschusses durch die Rote Armee während der so genannten Schlacht um Wien im April 1945 – davon ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszugehen.[3]
Weblinks
- Nextroom
- vienna.unlike
- Bundesdenkmalamt
- European Institute for Progressive Cultural Policies
- Architekturzentrum
Literatur
- Carl Pruscha (Hrsg) : Das Semper-Depot, Die Adaptierung des Semper'schen Kulissendepots in Wien zum Atelierhaus der Bildenden Künste. München 1997.
Einzelnachweise
- ↑ Albertina
- ↑ a b Bundesdenkmalamt
- ↑ Eduard Freudmann: „Hakenkreuze? Ornamente!“ als Verdrängungskontinuität; Geschichtspolitische Zustände einer öffentlichen Kunst- und Bildungsinstitution, 10/2010 [1]
48.19985795805616.362016796944Koordinaten: 48° 11′ 59″ N, 16° 21′ 43″ OKategorien:- Bauwerk des Historismus in Wien
- Erbaut im 19. Jahrhundert
- Erbaut in den 1870er Jahren
Wikimedia Foundation.