Störungstheorie (Klassische Physik)

Störungstheorie (Klassische Physik)

Die Störungsrechnung ist ein Teilgebiet der angewandten Mathematik. Sie wird vor allem in der Physik und Himmelsmechanik eingesetzt und befasst sich mit den Auswirkungen kleiner Störungen auf ein System.

Prinzip der Störungsrechnung

Gegeben sei die Differenzialgleichung n-ter Ordnung

F(t,y,\dot y,\ddot y,\cdots,y^{(n)},\varepsilon)=0

mit ε als kleinem Parameter für den 0 < \varepsilon \ll 1 gilt. Zur näherungsweisen Lösung wird die Funktionenreihe

y=y_0 + \varepsilon\cdot y_1 + \varepsilon^2\cdot y_2 + \cdots + \varepsilon^n\cdot y_n

benutzt. Einsetzen in die Differenzialgleichung und Koeffizientenvergleich bezüglich ε ergibt ein System von Differenzialgleichungen für die Funktionen yi. Die Funktion y0 ist die Lösung des ungestörten Systems mit ε = 0. Wenn das ungestörte Problem analytisch lösbar ist kann auch oft mindestens die erste Näherung der Störung analytisch gelöst werden.

Beispiel

Die Differenzialgleichung eines schwingungsfähigen Systems mit Newtonscher Reibung

\ddot x + \varepsilon \dot x^2 +x = 0

den Anfangsbedingungen

\!\;x(0)=1
\!\;\dot x(0)=0

und dem kleinen Reibungskoeffizienten ε ist durch Störungrechnung 1. Ordnung mit dem Ansatz

\!\;x=x_0 + \varepsilon x_1

näherungsweise analytisch lösbar. Einsetzen in die Differenzialgleichung und sortieren nach Potenzen von ε, wobei nur Terme erster Ordnung berücksichtigt werden, da ε nach Voraussetzung sehr klein, liefert das Differenzialgleichungssystem:

\ddot x_0 +x_0=0
\ddot x_1 +x_1 = - \dot x_0^2

mit den Anfangsbedingungen

x_0(0)=1\;
\dot x_0(0)=0\;
x_1(0)=0\;
\dot x_1(0)=0\;.

Die Lösungen unter Berücksichtigung der Anfangsbedingungen sind

\!\;x_0(t)=\cos(t)
\!\;x_1(t)=-\tfrac 13(\cos(t)-1)^2

und damit ist die Lösung in 1. Störungsordnung

x(t)=x_0(t) + \varepsilon x_1(t)=\cos(t)-\tfrac 13\varepsilon \left(\cos(t)-1 \right)^2.

Die Lösung in 2. Störungsordnung bekommt man mit dem Ansatz

\!\;x=x_0 + \varepsilon x_1+ \varepsilon^2 x_2.

Einsetzen in die Differenzialgleichung liefert für x0 und x1 dieselbe Gleichungen. Für x2 findet man:

\ddot x_2 + x_2 = -2\dot x_0\dot x_1 = \tfrac 43\sin^2(t)(\cos(t)-1).

Dieses Verfahren lässt sich für beliebig hohe Ordnungen von ε fortsetzen.

Siehe auch


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