Task Force 47

Task Force 47

Die Task-Force 47 (TF 47) ist ein militärischer Einsatzverband, bestehend aus Spezialkräften der Bundeswehr mit den Einsatzschwerpunkten Aufklärung und Terrorismusbekämpfung. Sie soll vorrangig den Schutz der deutschen Feldlager im Rahmen der ISAF-Mission in Afghanistan sicherstellen und agiert unter dem Mandat der Schutztruppe.[1]

Inhaltsverzeichnis

Aufstellung, Zusammensetzung und Stärke

Die Task Force 47 wurde im Oktober 2007 im Camp Kunduz aufgestellt[2]. Sie setzt sich aus Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) und der Division Spezielle Operationen (DSO) (unter anderem Aufklärern[3]) der Bundeswehr zusammen und wird durch Kräfte des Militärischen Nachrichtenwesens sowie durch Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes unterstützt.[4][5] Ihr Ärmelabzeichen ähnelt dem des KSK. Zusätzlich wurde eine 47 angebracht.[3] Die Bedeutung der Nummerierung ist nicht bekannt. Allerdings operieren im westlichen Afghanistan vergleichbare italienische Spezialkräfte unter der Bezeichnung Task Force 45.[6] Im Dezember 2007 hatte die Task Force 47 eine Mannschaftsstärke von 120 Mann, wovon etwa die Hälfte dem KSK angehörten. Nach anderen Angaben umfasst sie circa 200 Mann.[3] Die Bundesregierung gab im September 2010 an, dass seit 2009 eine Stärke von bis zu 120 Soldatinnen und Soldaten vorgesehen sei.[7]

Auftrag

Die Bundesregierung äußerte sich im September 2010 folgendermaßen: „Auftrag der Task Force 47 ist es, das Bild über die Lage der gegnerischen Netzwerke im Einsatzraum des Deutschen Einsatzkontingentes zu verdichten und Informationen über Personen, die mit Anschlägen gegen die Sicherheitskräfte und die afghanische Staatsgewalt in Verbindung stehen, zu verifizieren.“ Bei Vorliegen der ISAF-Kriterien gehe man auch gemeinsam mit den afghanischen Partnern gegen jene Personen zum Zwecke ihrer Festsetzung – keinesfalls jedoch ihrer gezielten Tötung – vor. Weiterhin leiste die Task Force 47 „militärische Unterstützung für ausgewählte Einheiten der afghanischen Sicherheitskräfte, um sie mittelfristig zur eigenständigen Wahrnehmung ihrer Sicherungsaufgaben zu befähigen.“ Im Vergleich zu den anderen Kräften des Deutschen Einsatzkontingentes verfüge der Verband jedoch über keinerlei Sonderbefugnisse.[7] Er operiere auf der Grundlage des Mandats der Vereinten Nationen für die internationale Schutztruppe (ISAF), des Mandats des Bundestages und der Einsatzregeln (Rules of Engagement). Bei der Ausübung ihrer multinationalen Einsatzaufgaben unterstehe die Task Force 47 dem ISAF-Oberbefehlshaber, während sie in nationalen Angelegenheiten durch den Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Potsdam geführt werde.[4]

Zur Erfüllung seines Auftrages unterhält der Verband beispielsweise im Camp in Kunduz einen eigenen Befehlsstand. Angriffe durch Raketen- oder Mörserbeschuss sollen ebenso wie andere mögliche Gefahrenquellen für deutsche Soldaten rechtzeitig aufgeklärt und eliminiert sowie Führungskräfte der Taliban ergriffen werden.[3]

Einsätze

Seit ihrer Aufstellung wird die Task Force 47 zur Unterstützung im ISAF-Regionalbereich Nord eingesetzt. Einsatzschwerpunkte sind die Provinzen Badakshan, Baghlan und Kunduz. Nach offizieller Darstellung handelt es sich um die einzigen Spezialkräfte, welche die Bundeswehr in Afghanistan einsetzt.[7]

Die Einheit spielte nach diversen Medienberichten eine Rolle im Rahmen der umstrittenen Bombardierung zweier Tanklastzüge in der Nähe des deutschen Lagers im September 2009.[8] So lief die Informations- und Befehlskette beim Angriff nach NATO-Berichten maßgeblich über den Befehlsstand der Task Force 47 in Kunduz. Anfang Juli 2011 wurden hingegen erste Inhalte des Abschlussberichtes zum Untersuchungsausschuss Kunduz im Deutschen Bundestag bekannt, wonach es im Zusammenhang mit dem Luftangriff „nachweislich keine Operation der Task-Force 47 und keine Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes gegeben“ habe.[9]

Unterstützt durch die Task Force 47 fand am 10. Oktober 2009 in der Provinz Kunduz die Durchsuchung eines mit Aktivitäten von Aufständischen assoziierten Anwesens durch afghanische Sicherheitskräfte statt. Diese nahmen insgesamt 15 Verdächtige fest und verbrachten diese anschließend – ebenfalls mit Unterstützung der deutschen Spezialkräfte – zur weiteren Personenüberprüfung in die Provinzhauptstadt. An der dort erfolgten Befragung der Inhaftierten in Verantwortung der zuständigen afghanischen Behörden nahmen auch Feldnachrichtenkräfte der Bundeswehr teil.[10]

Am 17. Januar 2010 kam es am westlichen Ortsausgang von Kunduz bei der Untersuchung eines verdächtigen Fahrzeugs durch Soldaten der Task Force 47 zu einem Zwischenfall. Dabei fuhr ein Toyota mit hoher Geschwindigkeit auf den temporären Checkpoint zu und ließ sich auch durch Warnschüsse nicht stoppen. Schließlich gaben die Soldaten mit Handfeuerwaffen gezielte Schüsse auf die beiden Fahrzeuginsassen ab, wodurch diese verletzt wurden. Einer der Verletzten erlag später im Krankenhaus seinen Verwundungen.[11]

Auf eine Parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele hin ließ das Bundesverteidigungsministerium im August 2010 mitteilen, die Task Force 47 habe bis dahin über 50 geplante Aufklärungsoperationen durchgeführt und sei zusammen mit den afghanischen Sicherheitskräften an insgesamt 21 „offensiven Operationen“ beteiligt gewesen. Durch die Angehörigen der Spezialtruppe sei es dabei jedoch zu keinen Tötungen gekommen. Bisher seien in der Summe 59 Personen zumindest vorübergehend festgenommen worden.[12] Wenig später ließ die Bundesregierung verlautbaren, dass die Festnahmen selbst ausschließlich durch die afghanischen Sicherheitskräfte erfolgt seien, die mit den Gefangenen „gemäß der nationalen Rechtsordnung“ verfahren hätten. Man gehe gemeinsam gegen Zielpersonen auf der Joint Prioritized Effects List (JPEL) der ISAF vor. Bei Operationen der Task Force 47 habe man außerdem mehrfach von „taktischer Luftnahunterstützung“ Gebrauch gemacht, die neben dem reinen Überflug der Kampfflugzeuge („Show of Force“) in zwei Fällen auch den Einsatz von Luft-Boden-Waffen umfasst habe.[7]

Gemeinsam mit den afghanischen Sicherheitskräften gelang der Task Force 47 am 21. September 2010 im Rahmen einer ISAF-Operation die Festsetzung von Maulawi Roshan, eines hochrangigen Führungsmitgliedes der Taliban im Raum Kunduz. Er gilt unter anderem als Drahtzieher zahlreicher Anschläge gegen ISAF-Truppen und die afghanische Staatsgewalt in der Region seit Mitte 2009.[13]

Gemäß einer Erklärung des KSK nahmen afghanische Sicherheitskräfte mit Unterstützung der Task Force 47 am 6. März 2011 im Distrikt Chahar Darrah, circa zehn Kilometer westlich von Kunduz, einen offenbar an den Karfreitags-Gefechten 2010 in Isa Khel beteiligten Mann fest. Nach seiner Überstellung nach Kabul und diversen Verhören soll er schließlich Anfang Juni auf Geheiß der ermittelnden Staatsanwaltschaft „mangels hinreichender Beweise für eine unmittelbare Tatbeteiligung“ wieder freigelassen worden sein.[14] Diese Nachricht sorgte nach ihrem Bekanntwerden im August 2011 zunächst für Empörung in der deutschen Öffentlichkeit. Wenig später wurde unter Berufung auf deutsche Sicherheitskreise bekannt, dass es sich bei dem Festgenommenen tatsächlich um einen Unschuldigen gehandelt habe, der lediglich einen ähnlichen Namen wie einer der Verdächtigen trage und zu Unrecht festgenommen worden sei.[15]

Im April 2011 wurde bekannt, dass die Task Force 47 seit Mai des vorhergegangenen Jahres die Aufstellung und Ausbildung der Provincial Response Company (PRC) der Afghan National Police (ANP) in Kundus unterstützt. Auch in Baghlan soll mit Hilfe der deutschen Spezialkräfte „möglichst unverzüglich“ mit dem Aufbau einer PRC begonnen werden. Bei den PRCs handelt es sich um spezialisierte Einheiten der Afghanischen Nationalpolizei, die unter anderem in besonderen Bedrohungslagen eingesetzt werden können und zu deren Aufgaben gezielte Zugriffsoperationen, Festnahmen sowie das bewaffnete Vorgehen gegen regierungsfeindliche Kräfte zählen.[16]

Am 1. Juni 2011 kam es im Rahmen einer gemeinsamen nächtlichen Operation afghanischer und alliierter Sicherheitskräfte im Distrikt Nahri Shahi (Provinz Balch) zur kampflosen Festnahme eines früheren Weggefährten Osama bin Ladens und engen Vertrauten hochrangiger al-Qaida-Führer. Nach Hinweisen britischer Medien handelte es sich bei den involvierten Koalitionskräften hauptsächlich um ein deutsches Kommando, welches mit neu ausgebildeten afghanischen Spezialkräften und US-Offizieren kooperierte. Es ist anzunehmen, dass die deutschen Soldaten der Task Force 47 angehörten.[17]

Verteidigungsminister Thomas de Maizière ließ sich bei seinem zweiten Truppenbesuch in Afghanistan am 17. Juni 2011 im Feldlager Kunduz insbesondere durch Soldaten der Task Force 47 über die Lage vor Ort informieren.[18]

Einzelnachweise

  1. KSK unterstützte Oberst Klein in der Bombennacht bei spiegel.de, 10. Dezember 2010 (abgerufen am 11. Juni 2011)
  2. KSK-Task-Force seit zwei Jahren in Kundus bei faz.net, 17. Dezember 2009 (abgerufen am 11. Juni 2011)
  3. a b c d Matthias Gebauer: Die dunklen Geheimnisse der KSK-Krieger. In: Der Spiegel, 10. Februar 2010 (online)
  4. a b Michael Schmidt: Geheimtrupp 47 - fast ganz normale Soldaten. In: Der Tagesspiegel, 13. August 2010 (online)
  5. vgl. die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im BMVg, Thomas Kossendey vom 23. April 2010 auf eine schriftliche Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (online)
  6. Gianandrea Gaiani: Forze speciali italiane all’attacco in Afghanistan. In: Blog der Zeitschrift Panorama, 19. Juli 2010 (online)
  7. a b c d Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode - Drs. 17/2884: Antwort der Bundesregierung vom 8. September 2010 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Schmidt, Nouripour, Keul et al. und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betr. Informationspolitik zum Afghanistan-Einsatz (Drs. 17/2757) (online)
  8. Elite-Einheit KSK war am Luftangriff beteiligt bei welt.de, 10. Dezember 2009 (abgerufen am 11. Juni 2011)
  9. Fairness bei der Bewertung des Untersuchungsausschusses angemahnt. Pressemitteilung des Verteidigungspolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ernst-Reinhard Beck, vom 5. Juli 2011 (online)
  10. vgl. Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt, BMVg, auf die mündliche Frage 38 des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele im Rahmen der Fragestunde im Deutschen Bundestag. In: Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode - Plenarprotokoll 17/61: Stenografischer Bericht der 61. Sitzung am 29. September 2010 (online), S. 6344f.
  11. Afghanistan: Erneut Zwischenfall an deutschem Überwachungspunkt (Aktualisierung). Pressemeldung der Bundeswehr vom 18. Januar 2010 (online)
  12. "Task Force 47" - "An 21 Operationen beteiligt" bei sueddeutsche.de, 18. August 2010 (abgerufen am 11. Juni 2011)
  13. Deutsche und afghanische Kräfte nehmen hochrangigen Talibanführer fest. Pressemeldung der Bundeswehr vom 22. September 2010 (online)
  14. J. Reichelt: "Afghanen lassen Mörder unserer Soldaten frei!" bei bild.de, 12. August 2011 (abgerufen am 15. August 2011)
  15. "Entlassener Afghane nicht an Anschlag beteiligt" bei badische-zeitung.de, 12. August 2011 (abgerufen am 15. August 2011)
  16. Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode - Drs. 17/5665: Antwort der Bundesregierung vom 26. April 2011 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 17/5406 – Stand des Aufbaus der afghanischen Polizei (online)
  17. Thomas Wiegold: RC N Watch: KSK jagt Bin Laden-Komplizen? Blogeintrag AugenGeradeaus.net vom 3. Juni 2011 (online)
  18. Truppenbesuch am Hindukusch. Pressemeldung der Bundeswehr vom 17. Juni 2011 (online)

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