Tabaktrockenschuppen

Tabaktrockenschuppen

Ein Tabaktrockenschuppen (kurz: Tabakschuppen oder Schuppen, pfälzisch „Duwakschopp“ oder „Schopp“) ist ein Gebäude, das der Trocknung von Tabakblättern dient.

Inhaltsverzeichnis

Aufgabe

Ein Tabaktrockenschuppen dient der Trocknung der geernteten Tabakblätter. Direkt nach der Ernte enthalten die Blätter etwa 90 % Wasser. Durch die Trocknung soll dieser Gehalt auf etwa 15 % sinken. Die Reduzierung des Wassergehaltes ist aber nicht das einzige Ziel der Trocknung. „Vielmehr sollen durch die Tabaktrocknung noch andere Ziele erreicht werden: das Blattgrün soll verschwinden und anderen Farbstoffen Platz machen, außerdem soll bereits ein weitergehender Abbau organischer Stickstoffverbindungen, der sich später bei der Vergärung des Tabaks fortsetzt, beginnen.“[1]

Vorkommen

Vorkommen in Deutschland

Die Tabakschuppen stehen direkt in den Tabakanbaugebieten. In Deutschland liegen diese u. a. im Oberrheingraben, da dort die klimatischen und geologischen Voraussetzungen für den Tabakanbau gegeben waren: ausreichend Wärme und Niederschlag sowie sandige Böden. Auf der linken Rheinseite ist die Südpfalz ein Zentrum des Tabakanbaus. Tabakschuppen findet man von der deutsch-französischen Grenze im Süden bis etwa Speyer im Norden; vom Rhein im Osten bis zu den Winzerdörfern im Westen. Die meisten Tabaktrockenschuppen haben sich erhalten in den Gemeinden Erlenbach, Hatzenbühl (älteste deutsche Tabakanbaugemeinde), Hayna, Herxheim (größte deutsche Tabakanbaugemeinde), Herxheimweyher, Rheinzabern und Rülzheim. Auf der rechten Rheinseite, wo sich das ehemals größte Tabakanbaugebiet Deutschlands erstreckte, befanden sich ebenfalls Tabaktrockenschuppen, die zum größten Teil abgerissen wurden.

Vorkommen innerhalb der Gemeinden

Innerhalb der Gemeinden können die Tabaktrockenschuppen an verschiedenen Stellen stehen. Die frühesten Schuppen wurden in der Regel innerhalb des Dorfes errichtet. „Neben Trockenschuppen, …, die auf der Rückseite des Hofgrundstücks errichtet wurden, gab es auch Schuppen, die auf dem Hof untergebracht waren. Teilweise überbaute man dafür die bereits vorhandenen, seitlich gelegenen Wirtschaftsgebäude.“[2] Mit zunehmender Tabakanbaufläche reichte der innerörtliche Bauplatz nicht mehr aus. Die neueren Tabakschuppen wurden am Ortsrand oder auf dem Feld errichtet. Mancherorts legte man spezielle Schuppenstraßen an, wo Schuppen an Schuppen grenzt. Erhalten haben sich solche Ensembles u. a. in Herxheim am Bruchweg (beiderseitige Bebauung) und am Panzergraben (einseitige Bebauung), in Hatzenbühl westlich der K10 (nur teilweise realisiert).

Geschichte

Die ersten Tabakschuppen, von denen heute keiner mehr erhalten ist, „waren Rundholzkonstruktionen mit ca. 3 Meter hohen Kieferpfosten, die man zu etwa 5 Meter breiten Böcken [Tragkonstruktion] zusammennagelte …. Die Böcke stellte man auf halbmeterhohe Sandsteine oder Mauerwerk, damit sie vor Erdfeuchtigkeit und bei Regen gegen Spritzwasser geschützt waren. In der Regel wurden drei solcher Böcke auf je 3 Meter Länge durch Fichtenstangen miteinander verbunden. Ein solcher Schopp war also 5 Meter breit und 8 bis 9 Meter lang.“[3] Die Wände bestanden aus senkrecht angenagelten Holzschwarten, zwischen denen Lüftungsschlitze belassen wurden. Im Laufe der Zeit ändert sich zum einen die verwendeten Materialien: Die Stroh- und Rohrbedeckung wurde ab Ende des 19. Jahrhunderts durch Ziegeln ersetzt; anstelle der billigen Holzschwarten verwendete man für die Wände Schnittholz; nach dem Zweiten Weltkrieg hielt Eternit Einzug als Wand- und Dachmaterial. Die entscheidenden Änderungen betrafen aber die Gestaltung der Wand, den „Theil, welcher die Hauptaufgabe zu erfüllen hat: Luft, Windzug durchzulassen, den Regen, feuchte Luft, Nebel, Sonnenschein abzuhalten.“[4] Die unkontrollierbare Belüftung durch die Spalten wurde durch ein kontrollierbares Belüftungssystem ersetzt, bei dem die Wandöffnungen durch Klappen oder Jalousien geschlossen werden konnten, um die Tabakblätter vor Nebel zu schützen. Eine Klappe bestand aus einem mit Scharnieren an der Wand angebrachten Brett, das einen langen senkrechten Lüftungsschlitz verschließen konnte.

Eine weitere Verbesserung der Belüftung brachte der Wechsel zu waagrecht angebrachten Jalousien. Sie „zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass man in ihnen einen Luftzug künstlich zu erzeugen vermag, wenn die Außenluft völlig unbewegt erscheint, und dass dem Nebel der Eintritt in den Schuppen unmöglich gemacht wird.“[5] Die innere Struktur eines Schuppens hat sich im Laufe der Zeit wenig geändert.

Einen radikalen Bruch mit der Jahrzehnte überdauernden Tradition des hölzernen Tabakschuppens stellte der Folienschuppen dar. Ein Folienschuppen ähnelt einem Gewächshaus: ein etwa 3 bis 4 m Holz- oder Metallgerüst trägt die transparente Folie. „An den Längsseiten ist die Folie zwischen zwei parallellaufende Perlonschnüre gespannt. So kann die Folie von unten nach oben verschoben … werden. Damit ist es möglich, die Luft- und Feuchtigkeitszufuhr zu regulieren, die Blattfärbung und den Trocknungsvorgang zu beeinflussen.“[6] Anders als die monofunktionalen Schuppen, die nur der Trocknung dienten, eignete sich ein Folienschuppen zur Trocknung und zur Aufzucht der Tabakpflänzchen. Allerdings erwiesen sich diese Folienschuppen als anfällig für Sturm und Hagelschäden.

In den 70er Jahren wurde ein neuer hölzerner Schuppentyp eingeführt, der „Rülzheimer Schopp“[6] oder „Flachschuppen“. Es sind lange, etwa 3 bis 4 m hohe Holzschuppen mit einem Flachdach. Aufgrund der Länge findet man diese Schuppen meist am Ortsrand oder auf dem Feld. Einer der größten Flachschuppen, ein Feldschuppen westlich von Herxheim, ist etwa 70m lang.

Ausgewählte Tabakschuppen und Ensembles

Harthausen: Alter Tabakschuppen von 1852

Tabakschuppen in Harthausen. Blick auf die Süd- und Westfassade

Der heute als Gemeindezentrum dienende Schuppen wurde bereits 1852 nach den Plänen des Hockenheimer Bürgermeister Philipp David Schwab erbaut und zählt somit zu den ältesten erhaltenen Tabakschuppen der Pfalz. Bei der Planung nahm sich Schwab die Elsässischen Tabakschuppen zum Vorbild. Das Gebäude ist ein Geschenk des späteren bayrischen Prinzregenten Luitpold an die Gemeinde Schwegenheim, deren Bürger während der Revolution von 1848 loyal zum König hielten. „Aufgrund der zahlreichen Variationsmöglichkeiten beim Öffnen der aufrecht stehenden Lüftungsklappen konnte bei diesem Musterschuppen der Trocknungsvorgang nach Wetterlage gesteuert werden, und muss für die damalige Pfalz, …., einen gewaltigen Schritt nach vorn bedeutet haben.“[2]

Herxheim: Schuppenstraße am Bruchweg

Tabakschuppen am Bruchweg in Herxheim
Das Innere eines Tabakschuppens in Hatzenbühl

Ein vollständig erhaltenes Ensemble alter Schuppen erstreckt sich am Bruchweg: Mehrere Schuppen bilden die vermutlich älteste Schuppenstraße in Herxheim. Zu den Besonderheiten dieser Anlage zählen die beidseitige Bebauung und die geschickte Anordnung der Schuppen. Sie sind versetzt platziert, so dass Luft und Licht zwischen den Schuppen der westlichen Seite zu den Schuppen der Ostseite passieren können. Einige der Schuppen weisen sich durch seltene Konstruktionseigenschaften aus, z. B. ein Schuppen mit Vordach, das normalerweise bei Wohnhäusern gebräuchlich ist. Neben der Schuppenstraße stehen einige moderne Schuppen. Das Ensemble vermittelt auf engstem Raum, wie vielfältig ein einziger Gebäudetypus ausgeführt werden kann.

Hayna: Denkmalzone

Der alte Ortskern mitsamt den Schuppen ist eine Denkmalzone. Hayna ist ein sehr gut erhaltenes Beispiel für ein südpfälzisches Tabakdorf. Auf der östlichen – und ehemals auch auf der westlichen – Seite des Straßendorfes reiht sich ein Schuppen an den nächsten. „Die große Zahl dieser teilweise riesigen Holzbauten – weit über 100 – ist anschauliches Zeugnis des Tabakanbaus aus einer bäuerlichen Wirtschaftsform, die in der Rheinebene große Bedeutung besaß. Doch nirgendwo wurde eine Dorfsilhouette dadurch so eindrucksvoll geprägt wie in Hayna.“[7]

Hatzenbühl: Nordseite des Dorfes

Blick auf die Tabakschuppen südlich der Hauptstraße. Sie befinden sich in dem Streifen, der von der Kirche (Bildmitte) zur linken oberen Bildecke führt

Eine Vielzahl von Tabakschuppen steht in Hatzenbühl, der ältesten Tabakanbaugemeinde Deutschlands. 1573 wurde dort zum ersten Mal auf deutschem Boden Tabak angebaut,und zwar von Pfarrer Anselm Anselmann. Genauso wie Hayna war und ist auch die Silhouette Hatzenbühls durch eine – lichter werdende – Reihe von Tabakschuppen geprägt. Vor allem an der Nordseite des Dorfes hat man einen unverbauten Blick auf die Schuppen, die die Grundstücke nördlich der Hauptstraße zum Feld hin abschließen. Weitere Tabakschuppen befinden sich südlich der Hauptstraße.

Einzelnachweise

  1. Hoffmann, Philipp: Anleitung zum Tabakbau, Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1918, S. 89
  2. a b Schüler, Christian (Text) und Straeter Heinz (Photos): Hayna, Geschichte eines Tabakdorfs in der Südpfalz. Herausgegeben vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Verlag Zechner, Speyer 1994, S. 67
  3. Weigel, Albert: Tabakanbau und Entwicklung der Tabaktrockenschuppen in Hatzenbühl. In: Arbeitskreis für Hausforschung: Jahrbuch für Hausforschung, Band 41. Hausforschung und Wirtschaftsgeschichte in Rheinland-Pfalz. Bericht über die Tagung des Arbeitskreises für Hausforschung in Sobernheim/Nahe vom 24.-28. September 1990, Jonas Verlag für Kunst und Literatur GmbH, Marburg 1993, S. 122
  4. Babo, August Wilhelm von; Hoffacker, F., Der Tabak und sein Anbau, nebst einem Anhang über die Cultur und Behandlung des Tabaks in Holland von Oekonom Ph. Schwab, Verlag der Herder´schen Buchhandlung, Karlsruhe 1852, S. 120
  5. Hoffmann, Philipp: Anleitung zum Tabakbau, Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1918, S. 93
  6. a b Weigel, Albert: Tabakanbau und Entwicklung der Tabaktrockenschuppen in Hatzenbühl. In: Arbeitskreis für Hausforschung: Jahrbuch für Hausforschung, Band 41. Hausforschung und Wirtschaftsgeschichte in Rheinland-Pfalz. Bericht über die Tagung des Arbeitskreises für Hausforschung in Sobernheim/Nahe vom 24.-28. September 1990, Jonas Verlag für Kunst und Literatur GmbH, Marburg 1993, S. 129
  7. Brönner, Wolfgang: Vorwort, in: - Schüler, Christian (Text) und Straeter Heinz (Photos): Hayna, Geschichte eines Tabakdorfs in der Südpfalz. Herausgegeben vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Verlag Zechner, Speyer 1994, S. 7

Literatur

  • August Wilhelm von Babo, F. Hoffacker: Der Tabak und sein Anbau, nebst einem Anhang über die Cultur und Behandlung des Tabaks in Holland von Oekonom Ph. Schwab. Verlag der Herder´schen Buchhandlung, Karlsruhe 1852
  • Philipp Hoffmann: Anleitung zum Tabakbau. Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1918
  • Christian Schüler (Text) und Heinz Straeter (Photos): Hayna. Geschichte eines Tabakdorfs in der Südpfalz. Herausgegeben vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz. Verlag Zechner, Speyer 1994
  • Albert Weigel: Tabakanbau und Entwicklung der Tabaktrockenschuppen in Hatzenbühl. In: Arbeitskreis für Hausforschung: Jahrbuch für Hausforschung. Band 41. Hausforschung und Wirtschaftsgeschichte in Rheinland-Pfalz. Bericht über die Tagung des Arbeitskreises für Hausforschung in Sobernheim/Nahe vom 24.–28. September 1990. Jonas Verlag für Kunst und Literatur GmbH, Marburg 1993, S. 115–130

Weblinks


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