Thurndorf (Kirchenthumbach)

Thurndorf (Kirchenthumbach)

Thurndorf ist ein Dorf im Oberpfälzer Landkreis Neustadt a.d.Waldnaab und gehört zum Markt Kirchenthumbach.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Thurndorf liegt am Fuß des Kitschenrain, der mit seinen 643,5 Metern neben dem Ossinger die höchste Erhebung des Frankenjuras darstellt. Thurndorf liegt ungefähr ein Kilometer entfernt von der Grenze zwischen der Oberpfalz und Oberfranken. Die in westlicher Richtung nächstgrößere Stadt ist Pegnitz. In Richtung Osten ist die nächste größere Ansiedlung der Markt Kirchenthumbach.

Geschichte

Thurndorf entstand ursprünglich aus dem slawischen Dorf Wünschendorf (heute eine Wüstung zwischen Thurndorf und Sassenreuth). Die Sulzbacher erbauten zur Grenzsicherung zwischen Franken und Bayern bei ihrem Vordringen durch das Gebiet eine turmartige Burg, genau am höchsten Punkt von Thurndorf, dort, wo heute der neue Teil des Thurndorfer Friedhofs sich befindet. Bald darauf siedelten einige Bauern aus dem ehemaligen Wünschendorf über zur sichereren Burg, die sich bei Einfällen Fremder, die meist auf Raub aus waren, dort in Sicherheit wiegen konnten. Da diese Siedlung keinen Namen, aber eine turmartige Burgbefestigung hatte, nannten die Eingeborenen sie das Dorf um den Turm, also Turmdorf, woraus später das heutige Thurndorf entstand.

Diese beiden Siedlungen, Wünschendorf und Thurndorf, sind ein sehr wichtiges Zeugnis der Vorbesiedlung durch Slaven, nicht nur für Thurndorf, sondern in der ganzen Region und der Oberpfalz, und den Landesausbau der Franken vor über 1000 Jahren. Diese Burg war ein einmalig gut erhaltenes Zeugnis der Vorfahren, das es verdient hätte, der Öffentlichkeit und der Wissenschaft erhalten zu bleiben und zugänglich gemacht zu werden. Durch Platzmangel am alten Thurndorfer Friedhof sah sich der dortige Pfarrgemeinderat in der Pflicht, den Friedhof erweitern zu lassen. Als ein neben dem alten Friedhof befindliches landwirtschaftliches Anwesen 1998 abgerissen wurde, kam diese interessante Burg zum Vorschein. Der Turmstumpf mit seinen über zwei Meter dicken Mauern aus Kalksteinblöcken war noch über ein Geschoss hoch einwandfrei erhalten. Im landwirtschaftlichen Betrieb wurde dieser als Scheune bzw. Stall benutzt. Dieser Fund hielt aber die Thurndorfer nicht davon ab, diese historischen Reste mit schwerem Gerät wissentlich zu beseitigen. Als ein Zeitungsartikel das bayerische Landesamt für Denkmalpflege auf den Plan rief, war es schon zu spät; der romanische Turmstumpf war nahezu komplett bis auf Erdbodenhöhe unwiederbringlich zerstört worden. Durch den Archäologen Mathias Hensch durchgeführte Grabungen östlich der nun kläglichen Turmreste brachten sensationelle siedlungsgeschichtliche Ergebnisse ans Licht und man entschloss sich, in einigen Wochen auch den westlichen Teil genauer anzusehen. Der damalige Thurndorfer Pfarrgemeinderat zeigte jedoch keinerlei Wertschätzung; er nutzte die kurze Grabungspause und entfernte in gesetzeswidriger Weise mit einigen Baggern das Erdreich, nahm einen Bodenaustausch im westlichen Burgbereich vor und zerstörte so dieses Bodendenkmal der regionalen Siedlungsgeschichte.

Die Vorgängersiedlung Wünschendorf oder auch Windischendorf leitet sich ab von den Wenden oder auch Winden – eine Bezeichnung für einen slawischen Stamm, die sich noch in Ortsbezeichnungen wie Windischeschenbach oder Windischenlaibach erhalten hat. Nachdem die Höfe durch Hussiteneinfälle um 1430 weiter dezimiert wurden, blieb nur noch ein Hof über, der als Schafhof genutzt wurde. In dieser Zeit nannte man den Ort nur noch Windischenhof. Diesem Hof wurde mit dem Dreißigjährigen Krieg endgültig der Garaus gemacht. 1655 verkaufte die Regierung den nunmehr kurfürstlichen Schafhof Wünschenhof mit 90 Tagwerk Feldern und 40 Tagwerk Wiesen um 200 fl. an mehrere Thurndorfer Bürger, die den Hof zertrümmerten. Die Felder wurden nach Thurndorf gezogen, die Gebäude dem Verfall preisgegeben, die Ortschaft Wünschendorf verschwand vom Erdboden. Heute erinnern nur noch ein Wünschendorfer Weg bzw. eine Wünschengass an das alte Dorf.

Zustand heute

Thurndorf ist ein kleines Dorf, das zwei Gaststätten und einen Bäcker hat. Es hat etwa einhundert Häuser, in denen 451 Personen leben (Stand: 20. September 2007).[1] Im Norden existiert eine Aussiedlung, Bau genannt. Im Nordwesten von Thurndorf findet man einen Funkturm. Thurndorf gehört seit Pfingstsonntag 2006 zum Seelsorgebereich Pfarreienverbund Auerbach.

Theophilus-Glocke

Die Theophilus-Glocke ist eine der ältesten Glocken in ganz Deutschland. Sie wurde vor ca. 1050 Jahren aus Bronze gegossen. Wie durch ein Wunder überstand sie die beiden Weltkriege schadlos. 1917 und 1940 wurde sie zusammen mit den anderen Glocken abgenommen und an die Heeresverwaltung zum Einschmelzen abgegeben, wozu es aber nicht kam.

Die Theophilus-Glocke stellt eine kulturgeschichtlich und handwerklich wertvolle Arbeit dar, deren Durchmesser 30 cm und 43 cm Höhe ist. Ihr Name kommt nicht von einem Heiligen, dem sie geweiht ist, sondern daher, dass sie zu den wenigen romanischen Glocken in Deutschland gehört, die so gegossen wurden, wie es bei Theophilus Schedula diversarum artium lib. II. cap. LXXXIV angegeben ist. Dieser Theophilus war ein kunstverständiger Benediktinermönch, der in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts die Anfertigung solcher Glocken ausführlich beschrieb. Wie sie nach Thurndorf kam, ist unbekannt. Oben auf der Glocke zwischen zwei Rinnen ist in romanischen Großbuchstaben WOLFGERUS ME FECIT zu lesen, was in der Übersetzung Wolfger hat mich gemacht bedeutet. Zwei ganz ähnliche Glocken befinden sich in Theißen (Sachsen) und in Aschara (Thüringen), beide tragen die gleiche Inschrift und sind sonach aus der nämlichen Gießerwerkstätte hervorgegangen.

Weblinks

Quellen

  1. www.thurndorf.com
  • Thurndorfer Chronik von J. Köstler, 1915
  • StaA Amberg
  • Lokalzeitung, Der Neue Tag, Fürk
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