- Christoph Büchel
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Christoph Büchel (* 1966 in Basel) ist ein Schweizer Künstler. Er beschäftigt sich seit den 1990er-Jahren insbesondere mit Rauminstallationen und Konzeptkunst. Büchel gilt als medienscheu, schafft es aber gleichzeitig, mit seiner Kunst und den dazugehörenden Skandalen und Konflikten in die Schlagzeilen zu gelangen.[1] Er wird als einer der bedeutendsten Schweizer Gegenwartskünstler eingeordnet.[1]
Ausstellungsmacher schreiben über Büchels Arbeiten:
- „Büchels Werke fordern eine aktive Beteiligung heraus und gestalten sich für die Besucher/innen manchmal als physisch anspruchsvoll und psychologisch beunruhigend. Wirklichkeit wird detailgetreu re-konstruiert; es entsteht ein Wechsel- und Verwirrspiel zwischen Realität und Fiktion.“[2]
Rezensenten bezeichnen Büchel als einen „Freund fieser Scherze“, der auch wisse, „den Kunstbetrieb erfolgreich zu nerven“.[3]
Büchels Konzeptkunst gilt als institutionskritisch.[2] Seine Einladung zur Manifesta 4 in Frankfurt am Main (2002) versteigerte er bei einem Internet-Auktionshaus. In Capital Affair, im Helmhaus in Zürich, zusammen mit Gianni Motti, versprach er das gesamte veranschlagte Ausstellungsbudget von 50.000,- Schweizer Franken demjenigen Besucher, der einen in den leeren Ausstellungsräumen versteckten Scheck fände.
Beim Kontracom-Festivals in Salzburg (2006) organisierte Büchel über eine fiktive Aktion Reales Salzburg (ARS) ein Bürgerbegehren, das die Stadt vom 27. November bis zum 2. Dezember 2006 durchführte. Unter dem Titel Salzburg bleib frei "begehrten" die Bürger eine von Gegenwartskunst freie Salzburger Altstadt.
- „Der Gemeinderat der Stadt Salzburg soll beschließen, dass die Salzburger Altstadt – für die Dauer eines fünfjährigen Moratoriums – frei von Gegenwartskunst im öffentlichen Raum bleibt. [...] Besinnen wir uns im Mozartjahr 2006 wieder auf die Qualität und Werte der Kunst- und Kulturstadt Salzburg! Das mit insgesamt 1,35 Millionen Euro – davon tragen 900.000,- Euro alleine die Stadt und das Land Salzburg – subventionierte Kunstfestival Kontracom 06, insbesondere dessen geplante Wiederholung im zweijährigen Rhythmus, stellt einen respektlosen Angriff auf das Kulturverständnis der Salzburger Bevölkerung und der vielen Besucher dar. Schluss mit der Verschandelung unseres Weltkulturerbes! [...]“[4]
Inhaltsverzeichnis
Deutsche Grammatik (2008)
Am 5. September begann in der Kunsthalle Fridericianum in Kassel Christoph Büchels Ausstellung Deutsche Grammatik. Der Titel erinnert an die Tätigkeit Jacob Grimms, der 1818 als kurfürstlicher Bibliothekar im Fridericianum den ersten Band seiner Deutschen Grammatik verfasste. In der Ausstellung thematisierte Büchel die jüngere deutsche Geschichte und aktuelle politische und gesellschaftliche Strukturen des Landes.[2]
Das Foyer des Fridericianums wurde zu einer Filiale des Discounters Mäc-Geiz umgestaltet, in dem Ausstellungsbesucher auch einkaufen können. In der Rotunde des Fridericianums wurde ein mehrgeschossiger rotierender Weihnachtsbaum aufgestellt, der hintere Bereich wurde zu einer Spielothek. Im Erdgeschoss fanden sich außerdem die Reste eines zerstörten Ausstellungsraumes, sowie eine durch eine Mauer getrennte Wohnung.
Im 1. Obergeschoss befand sich eine Gaststätte, mit einer Inneneinrichtung die den 1970er-Jahren entstammen könnte, samt Kegelbahn und Festsaal. Diese Räume beherbergten technische Geräte, die an die Tätigkeiten der DDR-Staatssicherheit gemahnten und Aktenschnipsel, die dank „BStU“-Stempel auf deren Aufarbeitung hinwiesen. Das 2. Obergeschoss wurde in ein Sonnenstudio und ein Fitness-Center verwandelt.
Der vor dem Ausstellungsgebäude liegende Friedrichsplatz wurde zum Acker umgepflügt und mit einem Bombenfund bestückt.
Am 6. und 7. September war die Ausstellung Veranstaltungsort der politica, der „ersten Messe politischer Parteien Deutschlands“[2]. Büchel hatte alle beim Bundeswahlleiter zugelassenen Parteien eingeladen, sich dort per Stand und Redebeitrag zu präsentieren. Die Beteiligung der NPD sorgte für den kalkulierten Eklat. CDU, SPD, Grüne, FDP und Linke hatten - nach anfänglichen Zusagen - „unter großem Getöse“[3] ihre Teilnahme wieder zurückgezogen. So blieb es Anderen, insbesondere den Anhängern der APPD, vorbehalten sich mit den Rechtsextremen auseinanderzusetzen. Der künstlerische Leiter des Fridericianums, Rein Wolfs, sprach im Zusammenhang mit dem politica-Wochenende bereits vorher von einer „Performance“.[5]
Raum für Sexkultur (2010)
Im Februar 2010 startete Christoph Büchels Installation Raum für Sexkultur im Gebäude der Wiener Secession. Teile des Museums wurden mit der Ausstattung eines Wiener Swinger-Clubs umgestaltet, die tagsüber von den Ausstellungsbesuchern betrachtet werden kann. Seine zu späterer Stunde stattfindenden Tätigkeiten hat der Club währender der Zeit der Ausstellung in das Gebäude der Wiener Secession verlagert. Unmittelbar nach der Eröffnung sorgte die Aktion für Medienaufmerksamkeit. Bis zur Vernissage waren nur wenige Beteiligte eingeweiht, um zu verhindern, dass die Installation schon vor der Eröffnung gestoppt würde.[1]
Weitere Arbeiten (Auswahl)
- Guantanamo Initiative, Biennale in Venedig, gemeinsam mit Gianni Motti (2005)
- Hole in der Kunsthalle Basel (2005)
- Simply Botiful in der Hauser & Wirth Coppermill, London (2006-07)
- Dump im Palais de Tokyo, Paris (2008)
- Piccadilly Community Centre in der Hauser & Wirth Gallery, London (2011)
Einzelnachweise und Fußnoten
- ↑ a b c Satz nach Rico Bandle: Ein Grenzgänger eröffnet einen Swinger-Club in Basler Zeitung online unter [1], abgerufen am 24. Februar 2010
- ↑ a b c d Kunsthalle Fridericianum, Pressemitteilung zur Ausstellung Deutsche Grammatik, September 2008
- ↑ a b Elke Buhr: Christoph Büchel in Kassel. Aktiv, passiv, provokativ, FR-online.de, 5. September 2008. Online unter http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/feuilleton/1589918_Aktiv-passiv-provokativ.html, abgerufen am 8. September 2008
- ↑ Zitat nach Barbara J. Scheuermann: Salzburg bleib frei!, 27. November 2006, artnet, online unter http://www.artnet.de/magazine/kommentar/scheuermann/scheuermann11-27-06.asp, abgerufen am 7. September 2008
- ↑ Auch was nach dem Wochenende von der umstrittenen Parteienmesse übrigbleibt, soll so lange zu sehen sein. "Sie wird von einer Performance zur Installation", sagte Wolfs. Nach Joachim F. Tornau: NPD darf bei Kunstprojekt mitmachen - Eklat, Der Tagesspiegel, 4. September 2008. Online unter http://www.tagesspiegel.de/kultur/ausstellungen/NPD-Fridericianum-Deutsche-Grammatik;art2652,2607591, abgerufen am 8. September 2008
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