Verbannte

Verbannte

Verbannte (englischer Originaltitel: "Exiles") ist ein Theaterstück von James Joyce, dessen Weltpremiere in Hannah von Mettals deutschsprachiger Übersetzung 1919 in München erfolgt ist.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Im Mittelpunkt des psychologischen Eifersuchtsdramas, das 1912 in Dublin angesiedelt ist, stehen das Ehepaar Richard und Bertha Rowan, Richards Freund Robert Hand und dessen Kusine Beatrice Justice. Das stark autobiographisch gefärbte Bühnenstück dreht sich vor allem um die Themen Eifersucht und Vertrauen.

Deutschsprachige Aufführungen

Münchner Welturaufführung, 1919

Hannah von Mettal hat 1918 Joyces dreiaktiges Schauspiel als Verbannte ins Deutsche übersetzt. Ihre 1919 im Zürcher Rascher Verlag veröffentlichte Übersetzung ging durch die Münchner Welturaufführung, die am 7. August 1919 durch den Regisseur Erwin von Busse am Münchner Schauspielhaus erfolgte, in die Literatur- und Theatergeschichte ein. Da zwei Exemplare des Regiebuches erhalten geblieben sind, lässt sich die Aufführung (Textfassung, Striche, Einfügungen, Umstellungen etc.) in groben Zügen nachvollziehen. [1] [2]

Die seit Jahrzehnten tradierte Legende, dass Hermine Körner, die weibliche Hauptrolle, Berta Rowan, gespielt habe, ist eine Verwechslung, die Joyce in einem Brief passiert ist, die er aber wenig später auch selbst in einem Brief korrigiert hat, was aber nichts daran ändert, dass in der Sekundärliteratur stets irrtümlich Hermine Körner als Hauptdarstellerin genannt wird, obwohl sie die verantwortliche Prinzipalin des Münchner Schauspielhauses war.

Die Uraufführungsbesetzung lautete: Richard Rowan, ein Schriftsteller (Wilhelm Dieterle), Berta Rowan, seine Frau (Carla Holm), Robert Hand, Journalist (Franz Scharwenka), Beatrice Justice, seine Kusine, Musiklehrerin (Ewis Borkmann), Brigid, ein altes Dienstmädchen der Familie Rowan (Tilly Tschaffon) und Archie, Rowans Sohn, acht Jahre alt (Eugen Boral). [3]

Auch die von Richard Ellmann geäußerte Vermutung, dass es Stefan Zweig war, der Joyce Hannah von Mettal als Übersetzerin und zudem die Münchner Welturaufführung vermittelt habe, ist eine Legende, die durch Fakten zweifelsfrei widerlegt wird: [4] Andreas Weigels Recherchen haben ergeben, dass das „Münchner Schauspielhaus“ und James Joyce durch den in Zürich lebenden österreichischen Schriftsteller Rudolf Lothar in Verbindung waren [5], der sich seit 1918 gemeinsam mit dem Wiener Schriftsteller Georg von Seybel im Auftrag von James Joyces damaliger Mäzenin, der amerikanischen Multimillionärin Edith McCormick (1872–1932), für die deutschsprachige Übersetzung und Aufführung des Schauspiels engagiert hat. [6]

Berliner Aufführung, 1930

Die nächste deutschsprachige Aufführung fand übrigens am 9. März 1930 als Sonntagsmatinee des "Volkstheater Berlins" in der Regie von Jo Lherman statt. Seine Produktion wurde von der Kritik vermutlich allein schon deshalb freundlicher aufgenommen, weil sich Joyce in der Zwischenzeit als Autor von Weltrang etabliert hatte. Dabei war diesmal der Regisseur Jo Lherman heftig umstritten, nicht nur weil er im Frühjahr 1929 Robert Musils Drama "Die Schwärmer" ohne dessen Zustimmung und gegen dessen öffentlichen Protest aufgeführt hat. [7] Joyce schreibt in einem Brief, dass er zu Lhermans Premiere eingeladen wurde, aber nicht hingefahren ist.

Nachkriegsübersetzungen

Nach dem Zweiten Weltkrieg erschienen mit Friedrich Kremers Verbannte (1956) sowie Klaus Reicherts Verbannte (1968) zwei weitere deutschsprachige Übersetzungen des Schauspiels. Letztere ist inzwischen zwar als Teil der Frankfurter Ausgabe die verbreitete Standardübersetzung geworden, die auch für Bühnenaufführungen herangezogen wird, hat aber im Vergleich mit Mettals Welturaufführungsübersetzung werkgeschichtlich und literarhistorisch eindeutig die geringere Bedeutung.

Uraufführung und Erstaufführungen

  • Deutschsprachige Uraufführung, zugleich Welturaufführung: 7. August 1919 (Schauspielhaus München).
  • Englischsprachige Erstaufführung: 19. Februar 1925 (New York).
  • Deutschsprachige Erstaufführung von Klaus Reicherts Neuübersetzung: 12. November 1972 ( Schauspielhaus Dortmund)

Deutschsprachige Übersetzungen

  • James Joyce: Verbannte. Schauspiel in 3 Akten. Zürich: Verlag Rascher & Cie. 1919.
  • James Joyce: Verbannte. Übersetzung von Friedrich Kremer. Zürich: Europa Verlag. 1956
  • James Joyce: Verbannte. Neue deutsche Übersetzung von Klaus Reichert. Frankfurt: Suhrkamp 1968.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Münchner Stadtarchiv. Verbannte. Regiebücher: Signatur 257/1.
  2. Andreas Weigel: James Joyce und Stefan Zweig (Rohbericht). Abschnitt: Exkurs zu Exiles. (James-Joyce-Austriaca: James Joyce und Österreich).
  3. Wilhelm Füger (Hrsg.): Kritisches Erbe. Dokumente zur Rezeption von James Joyce im deutschen Sprachbereich zu Lebzeiten des Autors. Ein Lesebuch. Rodopi, Amsterdam u. a. 2000, ISBN 90-420-0769-9, (Internationale Forschungen zur allgemeinen und vergleichenden Literaturwissenschaft 40).
  4. Andreas Weigel: „Meteorit trifft Zweig“. Über James Joyce und Zweig und Salzburg noch dazu. In: Die Presse. Spectrum. 13. Juni 2009. S.IV.
  5. Andreas Weigel: Rudolf Lothar (1865-1943). Neuer Österreich-Bezug für Münchner "Verbannte"-Welturaufführung. (James-Joyce-Austriaca: James Joyce und Österreich).
  6. Andreas Weigel: Rudolf Lothar (1865-1943). Neuer Österreich-Bezug für Münchner "Verbannte"-Welturaufführung. (James-Joyce-Austriaca: James Joyce und Österreich).
  7. Robert Musil: Der Schwärmerskandal. 20. April 1929. Gesammelte Werke. Band 8. S. 1189-1193.

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