Volkswahl des Bundesrates

Volkswahl des Bundesrates

Die Volkswahl des Bundesrates ist in der Schweiz ein Thema, das auf verschiedenem Weg durchgesetzt werden sollte. Während die siebenköpfige Regierung der Schweiz, der Bundesrat, zur Zeit von beiden Parlamentskammern als Vereinigte Bundesversammlung gewählt wird, gab und gibt es Bestrebungen, die Regierung direkt vom Volk wählen zu lassen, um die direkte Demokratie zu stärken. So wird von den Befürwortern der Vorwurf erhoben, dass die Demokratie auf Kantonsebene weiter verwirklicht sei als auf Bundesebene, da Kantonsregierungen wie auch Kantonsparlamente vom Volk gewählt werden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Eine erste Volksinitiative wurde 1889 von den Sozialdemokraten lanciert. Sie forderten mit einer eidgenössischen Volksinitiative die Wahl des Bundesrates durch das Volk und seine Erhöhung von sieben auf neun Mitglieder. Der Genfer Publizist und Politiker James Fazy hatte zuvor schon 1871 die Volkswahl des Bundesrates gefordert, um die «kleinen Verflechtungen der Cliquen» durch die «bestmögliche Trennung der Staatsgewalten» auflösen zu können. 1939 reichten die Sozialdemokraten erneut die Volksinitiative «für die Wahl des Bundesrates durch das Volk und die Erhöhung der Mitgliederzahl» ein. Auch sie forderte die Vergrösserung des Bundesrates von sieben auf neun Mitglieder und seine Wahl durchs Volk. 1942 wurde diese Initiative mit 67,6 % Nein-Stimmen klar verworfen. In der vorhergegangenen Parlamentsdebatte wiesen die Gegner darauf hin, dass die Diskussion um die «Volkswahl dem Landesinteresse und dem öffentlichen Frieden angesichts der Kriegszeit abträglich» sei; es wurde gar ein Ordnungsantrag gestellt, die Initiative auf Ende des Krieges zu verschieben.

Spätere Entwicklungen

Im September 2008 unterstützte die sozialdemokratische Bundesrätin Micheline Calmy-Rey[1] die Idee in einer Debatte über die Glaubwürdigkeit der Landesregierung erneut. Nationalrat Josef Zisyadis von der Partei der Arbeit forderte die Volkswahl mit einer parlamentarischen Initiative, die von der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates abgelehnt wurde.

Im Jahr 2010 lancierte die Schweizerische Volkspartei die Idee mit ihrer Volksinitiative «Volkswahl des Bundesrates» neu. Die Initiative kam nach Angaben der Initiatoren im Juni 2011 mit 110'000 Unterschriften zustande.

Positionen

Gegner der Volkswahl des Bundesrates werfen der Idee vor, dass sie sprachliche und regionale Minderheiten benachteilige. Sie führe auch zu einer sogenannten «Amerikanisierung» der Regierungswahl, bei denen Personen mit grossem und teurem Wahlkampf oder Populisten gewählt würden. Der Befürworter der Initiative, Ernst Krebs, befasste sich in seiner staatsrechtlichen Dissertation mit der Volkswahl des Bundesrates. Er vertrat die Auffassung, dass das Prinzip der Volkssouveränität die «Regierungswahl durch das Volk schlechthin» verlange. Um eine saubere Gewaltentrennung zu erreichen, müsse sich das Parlament auf die Gesetzgebung beschränken.

Einzelnachweise

  1. tagesanzeiger.ch: Calmy-Rey: «Volk sollte den Bundesrat wählen»

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Eidgenössische Volksinitiative «Volkswahl des Bundesrates» — Die Eidgenössische Volksinitiative «Volkswahl des Bundesrates» ist eine im Jahr 2010 von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) lancierte Volksinitiative, mit der die Volkswahl des Bundesrates eingeführt werden soll. Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Eidgenössische Volksinitiative «für die Volkswahl des Bundesrates und die Vermehrung der Mitgliederzahl» — Stimmberechtigte Total Stimmberechtigte 747’262 Stimmbeteiligung Eingelangte Stimmzettel 439’498 Stimmbeteiligung 58.81 % Ausser Betracht fallende Stimmzettel Leere Stimmzettel 15’734 Ungültige Stimmzettel 7’316 …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte des Kantons Sankt Gallen — Die «Alte Ordnung» in der Ostschweiz bis 1798 Der Kanton St. Gallen in seiner heutigen Form wurde am 19. März 1803 gegründet. An diesem Tag verfügte Napoléon Bonaparte mit der Mediationsakte die Gründung des Kantons in der Form, wie er von Karl… …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte des Kantons St. Gallen — Die «Alte Ordnung» in der Ostschweiz bis 1798 Der Kanton St. Gallen in seiner heutigen Form wurde am 19. März 1803 gegründet. An diesem Tag verfügte Napoléon Bonaparte mit der Mediationsakte die Gründung des Kantons in der Form, wie er von Karl… …   Deutsch Wikipedia

  • Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung — Basisdaten Titel: Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung Abkürzung: BPräsWahlG Art: Bundesgesetz Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland …   Deutsch Wikipedia

  • Bundesratswahlen — Zimmer der Schweizer Regierung, in dem sie die Bundesratswahlen abwartet und dann ihr neu gewähltes Mitglied empfängt. Als Bundesratswahlen wird in der Schweiz die Wahl der Mitglieder der Landesregierung, des Bundesrates, bezeichnet. Sie werden… …   Deutsch Wikipedia

  • Volksinitiative (Schweiz) — In der Schweizerischen Eidgenossenschaft ist die Volksinitiative ein politisches Recht, das von Stimmberechtigten jeweils auf Bundes , Kantons und Gemeindeebene ergriffen werden kann. Eidgenössische Volksinitiativen[1] …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz — Die heute noch bestehende Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) ist am 22. Oktober 1888 in Bern gegründet worden. Ihre Vorgängerorganisationen waren verschiedene Arbeitervereine, kantonale Sozialdemokratische Parteien, der Arbeiterbund und… …   Deutsch Wikipedia

  • Bundesrat (Schweiz) — Bundesrat Staatliche Ebene Bund Stellung Oberste leitende und vollziehende Behörde …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der eidgenössischen Volksabstimmungen — Die Liste eidgenössischer Volksabstimmungen zeigt alle Volksabstimmungen auf Bundesebene seit der Gründung des modernen Schweizerischen Bundesstaats im Jahr 1848. Die Abstimmungen kamen auf Grund von Volksinitiativen (markiert mit  I ) …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”