Christuskirche (Berlin-Oberschöneweide)

Christuskirche (Berlin-Oberschöneweide)
Christuskirche

Die Christuskirche ist eine 1908 eröffnete evangelische Kirche in der Firlstraße in Berlin-Oberschöneweide, die zwischen 1959 und 2001 auch als Studio für Schallplattenaufnahmen diente.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Als 1898 die Landgemeinde Oberschöneweide als vormaliger Bestandteil des Gutsbezirks Köpenick eigenständig wurde, blieben die evangelischen Christen weiter der Laurentius-Gemeinde in Köpenick zugeordnet. Das schnelle Wachstum der Oberschöneweider Gemeinde (1899 bereits 803 Evangelische) führte zu den Wünschen nach Selbständigkeit und einem eigenen Kirchengebäude, um nicht länger den weiten Weg durch die Wuhlheide nach Köpenick zurücklegen zu müssen. Noch ohne ein solches Bauwerk erlangte die Gemeinde am 1. April die kirchliche Selbständigkeit mit eigener Pfarrstelle. Die ersten Gottesdienste wurden durch den damaligen Pfarrer Reinhold Schmöcker in der Aula der Gemeindeschule in der Frischenstraße (heute Firlstraße) und in kleinen Räumen der Feuerwehr durchgeführt.

Im Herbst 1900 wurde ein Kirchenbauverein gegründet, der sich um Grundstück und Finanzen kümmerte. Während die benachbarte katholische Gemeinde St. Antonius 1906 die Grundsteinlegung für ihren Kirchenbau feierte, führte die evangelische Gemeinde in diesem Jahr erst einen Architekturwettbewerb durch, den der Architekt Robert Leibnitz gewann, der für internationale Bauwerke wie die Erlöserkirche von Jerusalem mit verantwortlich zeichnete und die Verklärungskirche in Adlershof mit konzipiert hatte. Für den Bau erwarb man eine Fläche an der Frischenstraße. Die Grundsteinlegung erfolgte am 5. Mai 1907, bei welcher Oberförster Hermann Kottmeier die Grundsteinlegungsurkunde verlas. Nach den Entwürfen Leibnitz' wurde das 300.000 Mark teure Bauwerk von der Baufirma G. und C. Gause in anderthalb Jahren fertiggestellt.

Am 6. November 1908 konnte das neue Gotteshaus durch Kaiserin Auguste Viktoria auf den Namen „Christuskirche“ eingeweiht werden. (Die Kaiserin wurde vom Berliner Volksmund wegen ihrer starken Förderung des Berliner Kirchenbaus auch „Kirchenjuste“ genannt.) Sie schenkte der Gemeinde eine prachtvoll eingebundene Altarbibel, die kurz vor Pfingsten 1980 gestohlen wurde.

Die Christuskirche erhielt als eine der ersten Kirchen durch die in Oberschöneweide ansässige AEG elektrisches Licht.

Ab 1926 ließ die Christuskirch-Gemeinde nach Plänen von Albert Eveking ein Gemeindehaus auf einem Grundstück auf der gegenüberliegenden Straßenseite erbauen, das 1928 fertiggestellt werden konnte. Es handelt sich um einen dreigeschossigen Klinkerbau im Stil des Expressionismus.

Bereits am 30. März 1943 durch einen Luftangriff erheblich beschädigt, wurden bei den Endkämpfen des Zweiten Weltkriegs im April 1945 durch Granattreffer sämtliche Kirchenfenster beschädigt, darunter wertvolle Bleiglasfenster. - Von 1945 bis 1949 wurde das Gemeindehaus von der Sowjetischen Kommandantur genutzt.

Die Kirche diente neben den Gottesdiensten von 1959 bis 2001 aufgrund ihrer hervorragenden Akustik auch als Tonstudio. Insbesondere wurden Aufnahmen mit dem Berliner Sinfonie-Orchester vorgenommen, wodurch diverse Umbauten im Inneren des Gebäudes erfolgten. Im Volksmund wurde die Christuskirche deshalb auch „Schallplattenkirche“ genannt. Die hier aufgenommenen Schallplatten tragen vielfach den Vermerk Studio Christuskirche. Der Gemeinde fehlten die Finanzen, um in der DDR-Zeit notwendige Sanierungsarbeiten am Gebäude durchführen zu können. So wurde 1988 entschieden, die Kirche für christliche Zwecke ganz aufzugeben und sich ins Gemeindehaus zurückzuziehen. Der Sakralbau wurde nun ausschließlich dem Tonstudio des VEB Deutsche Schallplatten zur Verfügung gestellt.

Die politische Wende in der DDR eröffnete neue Möglichkeiten. Die Gemeinde entwickelte nun ein Konzept für die Wiederherstellung der Christuskirche als multifunktionales Zentrum für Oberschöneweide. Zunächst wurde die kleine Taufkapelle für Gottesdienste wieder genutzt. 2003/2004 konnte die Christuskirche mit einem Betrag von 1,16 Millionen Euro, bereitgestellt durch ein gemeinsames Förderprogramm von Kirche, EU, Bund und Land, umfassend saniert werden. Die neue Kirchenweihe wurde am 9. Mai 2004 vorgenommen. Die Kanzel wurde 2006 restauriert.

In der Kirche finden nun neben der Gemeindearbeit Ausstellungen, Konzerte und Lesungen statt. Seit 2005 erhalten bedürftige Menschen durch die von der Berliner Tafel e.V. initiierte Aktion „Laib und Seele“ wöchentlich Lebensmittel in der Kirche.

Das Gemeindehaus an der Firlstraße Ecke Griechische Allee wurde 2006 bis auf die im Erdgeschoss verbliebene Kindertagesstätte aufgegeben.

Kirchenbauwerk

Der Kirchenbau ist im Wesentlichen im Stil der märkischen Backsteingotik gehalten und ein eklektisches Beispiel für den Übergang vom Historismus zur Heimatschutzarchitektur; mit Kalksteinquadern für das Fundament wurde der zeitgenössische Monumentalstil aufgenommen. Die Vierung des kreuzförmigen Kirchenschiffs wird von einem 56 Meter hohen Vierungsturm überragt, dessen Dach von einem achtseitigen Helm gebildet und von vier Türmchen flankiert wird. Als Baumaterial dienten Backsteine und Rüdersdorfer Kalksteinquader.

Der Altar ist nach Norden ausgerichtet und wird von einer polygonalen Apsis umschlossen. An der Südseite befindet sich die Taufkapelle, die von einer halbrunden Apsis umgeben ist. Hier liegt auch der Grundstein. Seitlich der Taufkapelle befinden sich die Eingänge in das Gotteshaus. Die Kirchendecke ist als Kreuzrippengewölbe angelegt. Die Innenausstattung erweckt durch eine bewusste Mischung von Stilformen einen historisch gewachsenen Eindruck. Altar und Empore sind weitgehend im Originalzustand erhalten. Die Gestaltung der Empore stammt im Wesentlichen von Gotthold Riegelmann (Sandstein-Konsolen) und Max Kutschmann (Emporenbrüstung und Orgelprospekt). Durch Kutschmann wurde auch der mittelalterlichen Flügelaltaren nachempfundene Altar bemalt. Im Mittelfeld ist der gekreuzigte Christus zusehen, dessen Kreuz vor einer goldenen Landschaft steht. Das mittlere Giebelfeld wird bekrönt von einem Pelikan. Der Pelikan symbolisiert die Liebe Gottes und die Erlösung durch den Opfertod. Die Seitenflügel des Altar zeigen Rankwerk. Die Orgel ist ein Werk des berühmten Hoforgelbaumeisters Wilhelm Sauer.

Bei den 2003/04 durchgeführten Sanierungsarbeiten wurden einige Umbauten vorgenommen. Unterhalb der westlichen Seitenempore entstand ein mittels einer Glaswand abgetrenntes Café. Unterhalb der östlichen Seitenempore wurde ein Gemeinderaum eingerichtet, der auch für Ausstellungen genutzt wird. Die ehemalige Taufkapelle dient heute als Winterkirche.

Kirche und Gemeindehaus stehen unter Denkmalschutz.

Literatur

  • Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Hauptstadt Berlin. Bd. II., Institut für Denkmalpflege im Henschelverlag, Berlin 1987, Seite 321.
  • Joachim Schmidt: Ein Bauwerk für Oberschöneweide: 100 Jahre Christuskirche. In: Der Kiezblick. 6. Jahrgang. Nummer 69, BVZ Berliner Zeitungsdruck GmbH, Berlin 2008.

Weblinks

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