Kirche (Bauwerk)

Kirche (Bauwerk)
Speyerer Dom, die größte noch erhaltene romanische Kirche der Welt
Kirche in Suceava, Rumänien

Unter einem Kirchengebäude (oder kurz einer Kirche) wird im deutschen Sprachraum ein in der Regel durch eine christliche Religionsgemeinschaft zum Gebet, zur Andacht und für Gottesdienste genutztes Bauwerk verstanden. Ausgehend von der etymologischen Bedeutung des griechischen Wortes kyriake (Kirche), nämlich dem Herrn gehörig, gelten Kirchen als „Gotteshäuser“. Zusammen mit den Bauwerken anderer Religionen werden christliche Kirchenbauten übergreifend als Sakralbauten bezeichnet. Dieser Artikel befasst sich hauptsächlich mit Kirchengebäuden des westeuropäischen christlichen Kulturkreises, Sakralbauten der östlich-orthodoxen Kirchen werden im Artikel Orthodoxe Kirchenbauten behandelt.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Die Kirche ist das zentrale religiöse Gebäude der römisch-katholischen, alt-katholischen, östlich-orthodoxen, iroschottischen, der anglikanischen und der evangelischen Gemeinden. Nach Kirchenrecht ist es “ein heiliges, für den Gottesdienst bestimmtes Gebäude, zu dem die Gläubigen das Recht freien Zugangs haben, um Gottesdienst vornehmlich öffentlich auszuüben.“[1] Es dient der Versammlung der Glaubensgemeinschaft und ist der Ort der gemeinsamen Andacht. Darüber hinaus werden zeremonielle und liturgische Handlungen wie die Taufe oder die kirchliche Heirat in der Kirche praktiziert. Außerdem finden teilweise auch weltliche Veranstaltungen wie Konzerte oder Lesungen in Kirchengebäuden statt.

Eine neue Kirche bekommt ihre religiöse Legitimation durch die Kirchweihe. Es ist ein Akt der festlichen Segnung und Weihe einer Kirche, durch den der Kirchenraum der Gemeinde zum liturgischen Gebrauch übergeben wird. Diese findet beispielsweise auch nach einer Renovierung statt. Im mitteleuropäischen Raum ist das Fest Kirchweih relativ weit verbreitet. Ursprünglich um die Weihung einer Kirche zu ehren, hat sich das Fest heute größtenteils vom religiösen Kontext gelöst.

Während die meisten katholischen Kirchen tagsüber offen stehen, sind viele Kirchengebäude anderer Konfessionen außerhalb von Gottesdiensten zugesperrt. Die Initiativen Offene Kirche verschiedener evangelischer Landeskirchen wollen dem entgegenwirken und laden die Gemeinden ein, auch unter der Woche ihre Gotteshäuser zu persönlicher Einkehr und Andacht zu öffnen.

Begriffliche Unterschiede

Pfarrkirchen, im Protestantismus auch Gemeindekirchen genannt, sind die Hauptkirchen einer Pfarrei oder Kirchengemeinde. Weitere Kirchen und Kapellen einer Pfarrei dienen der Einzelfunktion, so die Friedhofskapelle – mancherorts auch als Aussegnungshalle bezeichnet –, und die Filialkirche einer Filialgemeinde, die einer Pfarrei zugeordnet ist. In Verbindung mit Einrichtungen oder Sonderzwecken spricht man auch von einer Wallfahrtskirche, einer Spitalkirche, einer Krankenhauskapelle, einer Autobahnkirche oder einer Sühnekirche. Ein Sonderfall sind Simultankirchen: Sie werden von Gemeinden zweier oder mehrerer Konfessionen genutzt. Kleine und häufig privat errichtete Kirchengebäude werden auch als Kapellen bezeichnet.

Eine oder mehrere Kirchen sind einer Pfarrgemeinde zugeordnet. Dieses Gemeindegebiet beruht in der Regel auf historischen politischen Gemeindegrenzen, in größeren Städten auf einem Stadtteil oder einem Stadtbezirk. Die Volkskirchen folgen in diesem Sinne dem Parochialprinzip, Freikirchen kennen diese Regelung nicht. Einer Kirche sind meistens weitere administrative oder soziale Einrichtungen, wie etwa ein Pfarramt oder Schulen, zugeordnet. Sie liegen in der Nachbarschaft oder sind im Sakralbau untergebracht.

Im Katholizismus ist eine Bischofskirche eine Kathedrale oder ein Dom. Von der Spätantike bis ins hohe Mittelalter wurde häufig neben die Kathedrale eine Taufkapelle (Baptisterium) gebaut. Die Kirche eines Klosters kann Klosterkirche, Abteikirche oder Münster heißen. Eine Stiftskirche gehört zu einem Stift, das sich von einem Kloster dadurch unterscheidet, dass es nicht mit Mönchen (oder Nonnen) besetzt ist, sondern mit Stiftsherren bzw. -damen (Kanoniker bzw. Kanonissen). Freikirchliche Gemeinden verwenden manchmal auch den Namen Bethaus. Der Begriff Münster leitet sich ursprünglich von lateinisch monasterium (Kloster) ab, wird jedoch für gewisse Kathedralen, Pfarrkirchen und Klosterkirchen gleichermaßen verwendet.

Als Profilkirche bezeichnet man eine Kirche, die einem thematisch eng definierten Zweck dient. Mögliche Ausrichtungen sind die Nutzung als Zentrum für christliche Meditation und Spiritualität- oder als Seelsorge-Zentrum der Trauer.

Architekturgrundformen

Der christliche Kirchenbau nach dem frühzeitlichen und mittelalterlichen Ideal folgt vier Grundrissen. Ein Großteil der Kirchengebäude entspricht einem dieser Grundschemen, aber spätestens seit der Moderne werden diese nicht mehr konsequent umgesetzt.

  • Die Basilika ist die wichtigste Grundform des frühen und mittelalterlichen Kirchenbaus, dessen Innenraum durch Säulenreihen in mehrere Längsschiffe getrennt ist. Die frühchristlichen Kirchen lehnten sich noch stark an die antike Basilika an, im Mittelalter wurde sie zur Kreuzbasilika weiter entwickelt.
  • Die Saalkirche ist ein einschiffiges Kirchengebäude, das aus einem einzigen, saalartigen Raum, meist mit eingezogenem Chor, besteht.
  • Die Hallenkirche ähnelt der Basilika, ihre Längsschiffe sind allerdings von gleicher oder annähernd gleicher Höhe und meist unter einem gemeinsamen Satteldach vereinigt.
  • Beim Zentralbau sind die Hauptachsen gleich lang, daraus ergeben sich unter anderem kreisförmige, ovale, quadratische und kreuzförmige Grundrisse. Der Zentralbau ist in Westeuropa vor allem in Italien verbreitet und wird sehr häufig bei östlich-orthodoxen Kirchen angewendet. Als einziger Grundriss gehört dieser nicht zum Bautypus des Langbaus.

Die architektonischen Hauptteile eines traditionellen europäischen Kirchenbaus sind der Chor (Altarhaus), das Querhaus und das Langhaus. Die Fassade verfügt oft über einen oder zwei Türme. Das Langhaus ist in der Regel mehrschiffig, d.h. es verfügt über ein Mittelschiff und zwei oder vier Seitenschiffe. Im Kreuzungsbereich zwischen Quer- und Langhaus befindet sich die Vierung.

Christliche Kirchenbauten sind in der Regel nach Osten ausgerichtet („geostet“), d.h. der Hauptaltar liegt nach Osten. Diese Orientierung (Orient = Osten) bezieht sich zum einen auf den Aufgang der Sonne, die als Symbol Jesu Christi gilt. Zum anderen bezieht sich die Orientierung auf die von Europa aus gesehene Lage Jerusalems im Osten. Eine bedeutende Ausnahme ist der Petersdom in Rom, er ist gewestet.

Sonderbauformen

Es gibt eine Reihe von Sonderbauformen, die sich sowohl architektonisch als auch in der Nutzung von der gängigen Bauweise unterscheiden;

  • Bei Chorturmkirchen sitzt ein Turm, meistens der zentrale Glockenturm, über dem Chor.
  • In einer Doppelkirche sind zwei Kirchenräume räumlich getrennt.
  • Emporenkirchen basieren oft auf der Bauform der Basilika, wo eine Empore den Raum über den Seitenschiffen und unter dem Obergaden einnehmen kann.
  • Eisenkirchen sind aus vorgefertigten Bauelementen aus Wellblech oder Gusseisen gefertigt.
  • Felsenkirchen sind aus dem oder in den Fels geschlagene Kirchen. Bei den in den Fels gehauenen Kirchen wird auch von Höhlenkirchen gesprochen.
  • Die Kettenkirche ist noch vereinzelt in Süddeutschland, Österreich und Südtirol anzutreffen. Zum Namen hat die Form des Fassadenschmucks von Kirchen, die dem Heiligen Leonhard (Leonhard von Limoges) geweiht sind, geführt. Die Kirchen werden entweder dauerhaft oder zeremoniell am 6. November mit eisernen Ketten umspannt.
  • Von einer Kirchenburg spricht man, wenn die Kirche von eigenen Verteidigungsanlagen, etwa Mauern und Türmen, umgeben ist. Eine mit vergleichsweise einfachen Wehrvorrichtungen ausgestattete Kirche nennt man dagegen Wehrkirche.
  • Notkirchen und Barackenkirchen sind provisorische Sakralgebäude. Die Kirchen eines solchen Typus entstanden durch wirtschaftliche Defizite oder als Interimskirche während der Gemeindeaufbauphase. Die sogenannte Zeltmission nutzt provisorische Zeltkirchen zur Evangelisation.
  • Die Rundkirche ist eine Form des einfachen Zentralbaus und diente früher als Tauf-, Grab- oder Wehrkirche. Etwaige Anbauten sind nicht Bestandteil des eigentlichen Kirchenraumes.
  • In England, Elsaß und Norddeutschland sind Rundturmkirchen verbreitet, deren Bauweise dem Langbau entspricht.
  • Bei Querkirchen durchbricht ein gestreckter Kirchenraum die Basilika im rechten Winkel.
  • Stabkirchen oder Mastenkirchen sind Holzkirchen, die in Skandinavien während der Übergangszeit von der heidnischen Religion zum Christentum im 12. und 13. Jahrhundert gebaut wurden.
  • Winkelkirchen bestehen aus zwei Seitenschiffen, welche im rechten Winkel zueinander stehen. Der Altar eines solchen Gebäudes befindet sich im Winkel
  • In einer Wegekirche ist der Kirchenraum als Weg zum Altar ausgerichtet.

Geschichte

Frühchristentum

Römisches und Byzantinisches Reich

Künstlerische Darstellung aus dem 12. Jahrhundert der Apostelkirche in Konstantinopel

Nach den Christenverfolgungen im Römischen Reich, die unter Kaiser Diokletian ihren Höhepunkt erreichten, leiteten das Toleranzedikt des Galerius und die Mailänder Vereinbarung zwischen den zwei römischen Kaisern Konstantin und Licinius die Konstantinische Wende ein, wodurch das Christentum legitimiert und schließlich von Theodosius I. zur Staatsreligion des Römischen Reiches ernannt wurde. Mit staatlicher finanzieller Unterstützung entstehen zahlreiche neue Kirchen vor allem in Rom und Konstantinopel, der Trierer Dom und die Grabeskirche in Jerusalem. Erstmals entsteht eine eigenständige sakrale Architektur des Christentums, dessen Gebetsräume in früherer Zeit lediglich einen provisorischen Charakter besaßen und Gottesdienste meist in Privaträumen abgehalten wurden.[2]

Aus der römischen Architektur wurden die Basilika mit mehreren Längsschiffen, Säulen mit Kapitellen, Kolonnadenhof (Atrium) und Apsis gegenüber dem Eingang übernommen. Die Bauform der Basilika ist einerseits neutral, da auch Gerichts- und Marktgebäude ähnlich aussahen, hatte zuletzt andererseits aber auch dem Kult der vergöttlichten Kaiser gedient und machte insofern die Ablösung des Kaiserkultes durch die neue Religion sichtbar. Die Tonnengewölbe vieler römischer Bauten wurden durch Flachdächer, meist in Kassettierung, ersetzt. Der Kirchturm war zunächst freistehend (Campanile) und wurde erst in späterer Epoche dem Baukörper angegeliedert. In etwas späteren Kirchengebäuden setzte sich ein eingefügtes Querschiff durch, das die Basilika vor der Apsis beschnitt und ein kreuzförmiges Grundschema ergab. In frühchristlichen Basiliken in Rom liegt die Frontseite der Kirche im Osten und die Apsis im Westen.

Der frühchristliche Sakralbau verzichtete weitgehend auf Dekorierung und Zierwerk. Die Theologen der Alten Kirche orientierten ihre Haltung in den ersten Jahrhunderten n. Chr. vornehmlich an dem Bilderverbot im Dekalog und standen künstlerischen Tätigkeiten, namentlich der Kirchenmalerei, durchaus feindlich gegenüber. Malereien mit neutestamentlichen Motiven wurden erst ab dem 4. Jahrhundert verwendet,[2] auch das Kreuz gewann als zentrales christliches Motiv erst nach dem Konzil von Ephesos im Jahre 431 zunehmend an Bedeutung.

Der frühen Kirche im Zentralbau war noch eine Basilika oder ein Atrium angegliedert. Erste Rundkirche auf dem Gebiet des Römischen Reiches ist die Basilika San Lorenzo in Mailand, die von 372 bis 402 erbaut wurde. Mitte des 5. Jahrhunderts entstand in Rom mit Santo Stefano Rotondo ein Rundbau mit drei konzentrischen Kreisen, in die ein griechisches Kreuz eingeschrieben war. Ein weiterer wichtiger Zentralbau aus dieser Zeit ist San Vitale in Ravenna. Mit dem Konzil von Ephesos begann die Spaltung zwischen den Ostkirchen und der Römisch-Katholischen Kirche. Kuppelbasiliken und Kreuzkuppelkirchen (Markusdom in Venedig) dominierten als Architekturstil der byzantinischen Glaubensrichtung. In Konstantinopel, als wichtigstem christlichem Zentrum des Ostens, entstanden bedeutende Kirchengebäude; der Neubau der Apostelkirche, der am 28. Juni 550 geweiht wurde, zeichnete ebenso wie Santo Stefano Rotondo im Grundriss das griechische Kreuz nach. Weiterhin entstand von 532 bis 537 n. Chr. die Hagia Sofia als Hauptkirche der altorientalischen und später byzantinischen Kirche. Beide Gebäude sind Kuppelbasiliken, also Basiliken mit Zentralbaucharakter.

Als stilistisch eigenständig wird der kleine Zentralbau betrachtet, der sich ab den vierten Jahrhundert n. Chr. verbreitete. Er war auf geometrische Grundformen reduziert, etwa kreisförmig, quadratisch oder oktogonal und war anstatt einer Gemeindekirche eine Memoria an einem Heiligtum, ein Baptisterium oder Mausoleum.[2]

Franken

Südseite der Kirchenruine des frühchristlichen Klosters von Ardpatrick, Irland

Die mit der Völkerwanderung verbundene Verbreitung des Christentums in germanische, fränkische und gotische Gebiete führte zu einer neuen Auslegung des Kirchenbaus. Die Architekturkenntnisse der nord- und mitteleuropäischen Stämme Europas waren vergleichsweise gering, so dass der Holzbau das wichtigste Element der Sakralarchitektur wurde. Die Stabkirchen, die heute vor allem noch in Skandinavien erhalten sind, stammen aus dieser Epoche. Größere Kirchengebäude aus Stein, wie der Vorgängerbau der Kathedrale von Reims, wurden zur Zeit Chlodwigs I. gegen Ende des 5. Jahrhunderts errichtet. Der gängige Typus für größere Kirchenbauten war die mehrschiffige und schnörkellose Basilika, Zentralbauten wurden nur selten und in kleiner Ausführung errichtet.

Beim ländlichen Kirchenbau im Fränkischen Reich, insbesondere bei den weitverbreiteten Eigenkirchen, überwog die rechtwinklige, flachgedeckte Saalkirche mit einem geosteten, eingezogenen quadratischen oder rechteckigen Chor. Statt eines separaten Glockenturms wurde ein Dachreiter aufgesetzt. Ursprünglich waren dies überwiegend Holzbauten auf Steinfundamenten, die bei Verfall in Stein (meist Feldsteine) erneuert/umgebaut wurden bei Beibehaltung des Standortes. Der Chor wurde vielfach später überwölbt und mit einem Chorturm ausstaffiert, der gelegentlich auch als Wehrturm ausgebaut wurde (Chorturmskirche). Diese frühen Kirchenbauten erinnern sehr stark an Kirchen, wie sie im 6. und 7. Jahrhundert in Irland und Schottland üblich waren. Die iro-schottischen Wandermönche brachten diesen Baustil auf das europäische Festland, als sie mit der Missionierung des Frankenreiches im 6. Jahrhundert begannen.

Nachdem Bonifatius die Kirchenorganisation des fränkischen Reiches im Auftrag des Papstes nach römischem Vorbild neu organisiert hatte verdrängte er den irisch-fränkischen Kirchenbaustil und ließ neue Kirchen nur noch in Form der römischen Basilika mit Querschiff und Apsis errichten.

Britische Inseln

In der angelsächsischen Architektur überwogen wie bis zum 7./8. Jahrhundert in Mitteleuropa einfache Holzkonstruktionen (Beispiel Greensted), seltener wurden Sakralbauten aus Bruch- und Backsteinen errichtet. Lange hielten sich archaische Formen im Bereich der iro-schottische Kirche, die sich auch in ihren Organisationsformen von der römischen Kirche auf dem Festland unterschied.

Goten

Anders als der Kirchenbau nördlich der Alpen entwickelte sich die ostgotischen Sakralarchitektur. Ab 476 erlangten die Ostgoten die Herrschaft über Italien, die Westgoten übersiedelten größtenteils nach Spanien und verschmolzen mit der einheimischen Bevölkerung zu einer Ethnie. Sie adaptierten nicht nur am stärksten die römische und byzantinische Baukunst, sondern orientierten sich kulturell wie politisch an der ehemaligen Großmacht Rom. In diesem Zeitraum, insbesondere in der Hochphase des 5. und 6. Jahrhunderts, entstanden in Mittel- und Südeuropa rund 1.200 gemauerte Sakralbauten größerer Art und rund 280 Kathedralen, der Großteil davon im heutigen Italien und Frankreich.[3]

Siehe hierzu:

Vorromanik

Hauptartikel: Vorromanik

Der Beginn der Vorromanik wird entweder auf die Dynastie der Merowinger um 500 oder auf die Karolingische Renaissance am Hofe Karls des Großen im späten 8. Jahrhundert angesetzt. Die karolingische Architektur zielte bewusst auf die Nachahmung der römischen Architektur. Aus der frühchristlichen und der byzantinischen Architektur wurden zahlreiche Elemente übernommen, wobei sich nach Einführung einiger Neuerungen ein eigener Stil ergab. Die Form der Basilika wurde variiert und ergänzt. Die Apsis wurde zum Chor ausgestaltet, unter diesem wurden Krypten angelegt, und der Aufschwung der Heiligenverehrung erforderte zusätzliche Altäre in Kirchen. Darüber hinaus wurde das Westwerk entwickelt, eine dem Kirchenraum vorgelagerte Eingangshalle. Zur Zeit der Ottonen wurden die Innovationen der karolingischen Epoche weiter entwickelt. Insbesondere die räumliche Gliederung wurde durch Säulen und Nischen harmonisiert, die Basilika wurde tendenziell vergrößert, ebenso die Krypta, für die ein eigener Raum (Hallenkrypta) oder bis zu zweistöckiger Anbau errichtet wurde.[2]

Romanik

Hauptartikel: Romanik

Um 1000 bis 1200 nach Christus verbreitete sich der romanische Stil in Europa. Politische und wirtschaftliche Stabilität führten zu einer neuen Blütezeit. Obwohl der Begriff Romanik namentlich auf die Tradition römischer Baukunst verweist, stellt der Architekturstil eine Entwicklung mitteleuropäischer Baukunst dar und setzt die Ansätze der karolingischen und ottonischen Architektur fort. Die romanische Baukunst wirkt sehr voluminös und massiv. Typisch sind Rundbögen, ein vergrößertes kompaktes Westwerk, Türme in runder oder oktogonaler Form sowie Würfelkapitelle auf den Säulen. In frühromanischer Epoche finden sich flache Kassettendecken, später dann Kreuzgratgewölbe. Die Raumweite vergrößert sich erheblich, vor allem die Basilika wird mit Chorumgang, Kapellenkranz und erweiterter Stützenweite neu dimensioniert. Skulpturen und Glasmalerei werden formenreicher und zeigen epischere Motive. Ein Zierelement der romanischen Baukunst ist die Zwerggalerie.

Gotik

Hauptartikel: Gotik

Die Gotik entstand um 1140 in der Île-de-France und hielt sich nach der Verbreitung in ganz Europa am längsten in Großbritannien. Sie grenzte sich deutlich von der Kompaktheit der Romanik ab und bediente sich im großen Umfang der Symbolik und Allegorie. Es wurden erstmals Spitzbögen, Kreuzrippengewölbe und Strebepfeiler verwendet, so dass auf massive Mauern als statisches Trageelement verzichtet werden konnte. Fensterflächen wurden durch diesen Vorteil erheblich vergrößert und bewirken eine hellere und freundlichere Atmosphäre im Innenraum. Der Längsbau wurde aufgebrochen und in die Vertikale gestreckt, Pfeiler wurden geschmälert. Auch Kirchtürme wurden erhöht und traten deutlich aus dem Baukörper heraus. Als herausragendes Werk dieser Epoche wird die gotische Kathedrale gesehen.[4]

Nachgotik, Renaissance

Mit dem Bau der Kathedrale von Orléans wurde 1601 begonnen

Hauptartikel: Nachgotik

Im 15. und 16. Jahrhundert wirkten sich der ethische und gesellschaftliche Wandel des Humanismus und der Reformation auf den Kirchenbau aus. Tendenziell bediente man sich noch der Formensprache der Gotik, versuchte aber mit gestalterischen Mitteln vom Stil abzugrenzen. Die Standardform der Basilika trat zurück und man wendete sich vermehrt der Hallenkirche und der Saalkirche zu. Durch weitgehenden Verzicht auf den Einsatz von Fiale und Wimperg wurde die gotische Bausprache wesentlich vereinfacht und der Raum wurde – im Sinne der Vorstellungen der Renaissance – einheitlicher. Die klassischen Elemente der Renaissance, etwa Säulen und klassische Kapitelle, ergänzten oft eine gotischen Formensprache. Im protestantischen und reformierten Bereich, wo die Wortverkündigung einen zentralen Stellenwert einnahm, entstanden zunehmend Predigtkirchen als Sonderform von Hallenkirchen, in denen die Blick- und Hörrichtung der Gemeinde auf den Verkündigungsort, die Kanzel, konzentriert wird.

Barock

Zwischen 1545 und 1563 verfasste die Katholische Kirche das Konzil von Trient und leitete die Gegenreformation ein. Der Katholizismus versuchte seit ca. 1540, den Protestantismus durch Diplomatie, staatliche Repression und eine missionarische Rekatholisierung zurückzudrängen. In dieser Situation entwickelte sich aus dem Manierismus der Barock, der sich ab 1575 von Italien aus in Europa und mit der Kolonialarchitektur auch in den europäischen Kolonien in Übersee verbreitete.

Wie auch in der Profanarchitektur war der Barock eine Hochphase der Bauaktivität, im Mittelpunkt stand die repräsentative Darstellung des Gebäudes und der neuen theologischen Dogmen. Ausgehend von der Formensprache der Renaissance, wurde sie im Barock überproportional gesteigert. Kuppeln und Kapitelle wurden mit überwallenden Dekor und Gesimsen bereichert und Stuckfiguren gingen in perspektivische Deckenfresken über. Eine barocke Kirche wurde erstmals als Gesamtkunstwerk angesehen und der Kirchenraum konzeptionell vereinheitlicht. Der Langbau trat gegenüber dem Zentralbau zurück, oft wurden beide Bautypen kombiniert. Trotz der dynamischen Formen wurde ein Ausdruck der Strenge gewahrt. Die Gewölbe, die schon in der Gotik Verwendung fanden, wurden zu Muldengewölben und Spiegelgewölben mit rechteckigen und runden Grundriss staffiert. Ein Novum ist außerdem die Stichkappe, ein parallel zum Langbau laufendes Gewölbe, meist mit Nischen für Fensterflächen. Die ausladende Dekoration in floraler Ornamentik und mythologischen Motiven steigert sich um 1720 zur Stilepoche des Rokoko. In der späten Phase des Barock und Rokoko entstanden, vor allem in Süddeutschland, kleinere Saalkirchen. Der Protestantismus bevorzugte in dieser Epoche Querkirchen, um alle Gottesdienstteilnehmer möglichst nahe bei Kanzel und Altar zu platzieren. Eine neue Entwicklung der reformierten Kirche war der Kanzelaltar.[5]

Klassizismus und Historismus

Klassizistische Kirche La Madeleine, Paris

Mit der Französischen Revolution begann 1789 die Auflösung absolutistischer Herrschaftsformen in Europa und es beendete zwangsläufig die ausschweifende Epoche des Barock. Zum Ende des 18. Jahrhundert verbreiteten sich die Ideen und Ideale der Aufklärung. Mit den Säkularisationen zu Beginn des 19. Jahrhunderts verlor der Kirchenbau seine vorrangige Stellung in der Architektur und die ehemals meinungsbildende Elite der Kleriker und Aristokraten traten in den Hintergrund. Es führte zu einer Phase, in der mehrere Baustile auf der Basis der Klassik parallel existierten, deren Ausdrucksformen schon seit der Renaissance verwendet wurden. Diese Stile werden heute als Klassizismus zusammengefasst. Im Kirchenbau verzichtete man auf die Ostung und band sie in das städtebauliche Gesamtbild ein. Kirchen dienten als Blickfang großer Straßenachsen, der insbesondere durch Kuppeln und Türmen verstärkt wurde. Schlanke, scharf geschnittene Grundrisse ersetzten die verspielten Formen des Barock. Säulen nach römisch-hellenistischen Vorbild bildeten einen Portikus oder eine Kolonnadenreihe. Der mit dem Klassizismus eng verwandte Historismus bezieht sich noch stärker auf die Antike, teilweise werden Gebäudeformen schlicht kopiert. Die Kunstbewegung der Romantik und der protestantische Klerus knüpften ab dem Ende des 18. Jahrhunderts wieder an Formen der Gotik, Romanik und Renaissance an und auch der aufkeimende Nationalismus bemüht sich um eine Architektur der nationalen Identität. Ein besonderes Merkmal dieser Epoche ist der „Export“ der klassizistischen und historistischen Stile. Im Zuge des Kolonialismus bauten Kolonialbehörden und Missionare weltweit Kirchen nach europäischen Vorbildern.[6]

Moderne

Moderne Kirche Herz-Jesu-Kirche, München

Hauptartikel: Moderner Kirchenbau

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts machte die Wissenschaft und Technik große Fortschritte, die bildende Kunst löste sich von den Ideologien der Vergangenheit und die neuen Baumaterialen Glas, Eisen, Stahl und Beton wurden in der Architektur verwendet. Die Baustoffe und Konstruktionen wurden schon seit Beginn des Jahrhunderts genutzt, aber weitgehend mit historisierenden und klassizistischen Fassaden verkleidet. Die Erfindung der Statik lässt eine exaktere Berechnung des Bauwerks zu und der Stahlskelettbau ermöglichte eine effizientere Bauweise. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die ersten Sakralbauten realisiert, die heute nach kunsthistorischen Kriterien als modern gelten, die Hochphase begann nach dem Zweiten Weltkrieg. Der moderne Sakralbau entwickelte eine enorme Vielfalt, so dass bestimmte Richtungen, Tendenzen und regionale Unterschiede in der Gesamtheit nur schwer zu bestimmen sind. Dennoch lassen sich einige grundliegende Merkmale definieren: tragender Baustoff ist meist Beton, die Fassade ist schnörkellos. Die klassischen Bauformen, etwa der Basilika, rücken in den Hintergrund und werden oft als unregelmäßige Grundrisse adaptiert. Nahezu jeder Architekturstil im Zeitrahmen der Moderne wurde auch im Sakralbau angewendet.[2] Auch erleben die Anforderungen an einen modernen Kirchenraum mit der Zeit einen Wandel. Die Bedürfnisse und Anforderungen der Kirchengemeinden nach einem lebendigen Miteinander in ihrer Kirche erfordern die Berücksichtigung zusätzlicher Nutzungswünsche wie Versammlungen, Lesungen, Konzertveranstaltungen und drücken sich in neuen Gestaltungskonzepten aus – dem „multifunktionalen Kirchenraum“.

Siehe auch

Weiterführende Listen

Literatur

  • Ralf van Bühren: Kunst und Kirche im 20. Jahrhundert. Die Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils. (Konziliengeschichte, Reihe B: Untersuchungen), Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2008, ISBN 978-3-506-76388-4.
  • Johann Hinrich Claussen: Gottes Häuser oder die Kunst, Kirchen zu bauen und zu verstehen. Vom frühen Christentum bis heute. Verlag C. H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60718-9.
  • Renate Dürr (Hrsg.): Kirchen, Märkte und Tavernen. Erfahrungs- und Handlungsräume in der Frühen Neuzeit. Klostermann, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-465-03413-9.
  • Emanuel Gebauer: Fritz Schaller. Der Architekt und sein Beitrag zum Sakralbau im 20. Jahrhundert. (= Stadtspuren 28), Köln 2000, ISBN 3-7616-1355-5. (Entschlüsselt im Exkurs „Das Thing – Ein Gegenstand der Kirchengeschichte?“ die Theologie von Rudolf Schwarz („Vom Bau der Kirche“, Würzburg 1938) und beschreibt für die Nachkriegszeit vor allem die Organisation / Reform des kath. Kirchenbauwesens sowie dessen „Popularisierungsbeitrag“ moderner Bauformen in der Gesellschaft Westdeutschlands nach 1945.)
  • Ludwig Klasen: Grundriss-Vorbilder von Gebäuden aller Art. Abth. XI. Kirchliche Gebäude. Baumgartner, Leipzig 1889. (Digitalisat)
  • Edward R. Norman: Das Haus Gottes. Die Geschichte der christlichen Kirchen. Bassermann, München 2005, ISBN 3-8094-1822-6.
  • Hugo Schnell (Hrsg.): Das Münster. Zeitschrift für christliche Kunst und Kunstwissenschaft. Schnell + Steiner, München/Regensburg 1947–, ISSN 0027-299X (Homepage)
  • Ernst Seidl (Hg.): Lexikon der Bautypen. Funktionen und Formen der Architektur. Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-15-010572-2.
  • Peter Wick: Die urchristlichen Gottesdienste. Entstehung und Entwicklung im Rahmen der frühjüdischen Tempel-, Synagogen- und Hausfrömmigkeit. 2. Aufl. Stuttgart 2003, ISBN 3-17-018107-6.
  • Wittmann-Englert, Kerstin, Zelt, Schiff und Wohnung. Kirchenbauten der Nachkriegsmoderne. Lindenberg 2006, ISBN 3-89870-263-4.
  • Martin Schieder: "L’architecture religieuse catholique en Europe centrale", in: Le XVIIIe siècle, hrsg. von Thomas W. Gaehtgens und Krzysztof Pomian (L’Histoire artistique de l’Europe, hrsg. von Georges Duby, Michel Laclotte und Philippe Sénéchal), Paris 1998, S. 219–225.

Einzelnachweise

  1. Römisch-Katholisches Kirchenrecht; can. 1214 CIC
  2. a b c d e Wilfried Koch: Baustilkunde; Wissen Media Verlag, Gütersloh 2005; ISBN 3-577-10457-0
  3. Koch; Gütersloh 2005 (s.o.); 60f.
  4. Kirchbau.de: Gotischer Kirchenbau
  5. Kirchbau.de: Barocker Kirchenbau
  6. Kirchbau.de: Klassizistischer Kirchenbau

Weblinks

 Commons: Kirchen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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